Wirbelsturm
alle sahen ihn an. Normalerweise setzte er nie mehr als 100 Rial.
Zerstreut studierte Lochart sein Blatt. Mit seinen Gedanken war er in Zagros – und bei Scharazad. Gestern abend hatte die BBC von größeren Zusammenstößen bei den Protestmärschen der Frauen in Teheran, Isfahan und Mesched berichtet. Für heute und morgen waren weitere Demonstrationen angesagt. »Passe«, sagte er und warf die Karten hin.
»Die 1.000 und noch 2.000«, bot Starke, und Dr. Nutts Zuversicht schwand. Nutt hatte zwei Karten verlangt, Starke eine, Ayre drei.
Kelly betrachtete seinen Straight – 4-5-6-7-8. »Deine 2.000 und 3.000 dazu.«
»Ohne mich«, reagierte Ayre sofort und warf seine zwei Pärchen, Könige und Zehner, weg.
»Ohne mich«, sagte Dr. Nutt und warf seine drei Damen weg. Ganz sicher hatte Starke einen Flush, einen Straight oder ein Full House eingekauft. »Deine 3.000, Paps, und – 30.000«, sagte Starke honigsüß. Er hatte ein gutes Gefühl. Er hatte einen von zwei Sechsern abgeworfen und vier Herzen in der Hoffnung auf einen Flush behalten. Mit dem Pik-As war der Flush zwar im Eimer, aber er besaß immer noch eine gewinnträchtige Hand, wenn es ihm gelang, Kelly hinauszubluffen.
Alle Augen ruhten auf Kelly. Im Raum herrschte Stille. Selbst Lochart zeigte sich an diesem Spiel interessiert.
Starke wartete geduldig, verzog keine Miene und rührte keinen Finger. Er legte sich die Frage vor, was er wohl tun würde, wenn Kelly noch einmal erhöhte. Er wußte, was Manuela sagen würde, wenn sie je erfuhr, daß er einen ganzen Wochenlohn auf einen geplatzten Flush gesetzt hatte. Aus der Pelle würde sie fahren, dachte er und lächelte.
Kelly schwitzte. Er hatte Starkes plötzliches Lächeln gesehen. Einmal hatte er ihn beim Bluffen erwischt, aber das war schon Wochen her und bei einem Pot von 4.000, nicht von 30.000. Ich kann es mir nicht leisten, einen Wochenlohn zu verlieren, aber etwas sagt mir, daß der alte Duke nur blufft, und ich könnte einen zusätzlichen Wochenlohn gut gebrauchen. »Ich möchte deine 30.000 sehen«, wollte er schon sagen, aber aus seinem Mund kam: »Du kannst mich mal, Duke!« Er warf die Karten weg, und alle lachten. Außer Starke. Er griff nach dem Pot, schob seine Karten in den Pack und mischte sie, um sicher zu sein, daß niemand sie sehen konnte.
»Ich möchte wetten, du hast geblufft, Duke«, sagte Lochart und grinste.
»Ich? Mit einem ausgewachsenen Flush?« konterte Starke mit Unschuldsmiene. Er sah auf die Uhr. »Ich muß die Runde machen. Spielen wir nach dem Abendessen weiter, okay? Willst du mich begleiten, Tom?«
»Gern.« Lochart zog seinen Parka an und folgte Starke nach draußen. »Wann fliegst du nach Teheran zurück, Tom?« fragte Starke.
»Am liebsten noch heute.«
»Hast du Sorgen?«
»Kann man wohl sagen. Ich weiß, daß Scharazad bei der Demonstration mit von der Partie war, obwohl ich sie gebeten habe, es nicht zu tun. Na, und dann all das andere.«
Am Vorabend hatte Lochart ihm von ihrem Vater erzählt und vom Verlust der HBC. Starke war entsetzt gewesen, war es immer noch, und dankte seinem Schöpfer, daß er nichts davon gewußt hatte, als er von Mullah Hussain und seinen hezbollahis zum Verhör gebracht worden war.
»Mac wird sich um Scharazad kümmern, Tom. Sicher ist sie okay.« Nach Locharts Ankunft hatten sie über Funk mit McIver gesprochen und ihn gebeten, sich um Scharazad zu kümmern. In wenigen Minuten würden sie wieder die einzige Funkverbindung mit der Zentrale in Teheran aufnehmen, die ihnen täglich gestattet war. Und obwohl ihre Gespräche vom Kontrollturm der Basis abgehört wurden, erhielt sie die Funkverbindung einigermaßen in Stimmung, und sie täuschte den Anschein normaler Verhältnisse vor.
»Wenn Zagros 3 am Sonntag geräumt ist, und alle hier sind, warum nimmst du dann nicht gleich Montag früh die 206? Ich regle das schon mit Mac.«
»Danke, das wäre herrlich.« Sobald sein Stützpunkt geschlossen war, unterstand Lochart Starke.
»Hast du schon daran gedacht, statt Scot die 212 zu nehmen? Oder noch besser: Ihr schwirrt beide ab. Ich rede mit Mac.«
»Danke, aber das geht nicht. Gerade jetzt kann Scharazad ihre Familie nicht im Stich lassen.«
Sie gingen weiter. Die Nacht brach schnell herein, kalt und windig. Auf der Militärbasis brannten schon Lichter; dort hatte man eigene Reservegeneratoren für den Fall eines Stromausfalls. Aber Major Changiz, der Kommandant des Stützpunktes, hatte Starke versichert, daß jetzt
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