Wirbelsturm
Operation ›Wirbelsturm‹ in Kenntnis gesetzt hatte, war der Franzose sofort einverstanden gewesen. »Selbstverständlich fliege ich eine 212 aus Kowiss aus – vorausgesetzt, ich kann am Mittwoch mit einem Pendler nach Teheran und dort für ein paar Stunden in die Stadt fahren.«
»Um was zu tun?«
»Mon Dieu , ihr Engländer! Vielleicht um dem Imam adieu zu sagen?« McIver lachte ihn nun freundlich an. »Wie war's in der Stadt?«
» Magnifique !« Seit Jahren, dachte Jean-Luc, habe ich McIver nicht mehr so jung gesehen. Welche Dame da wohl dahinter steckte? »Et toi , mon vieux ?«
» Gut.« Jones, der Copilot, kam eilig die Treppe herunter und auf sie zu. Auf dem Vorfeld standen keine Kisten mehr, und die Männer des iranischen Bodenpersonals schlenderten ins Büro zurück. »An Bord alles klar?« erkundigte sich McIver.
»Startklar, Captain, bis auf die Passagiere«, antwortete Jones. »Die Flugsicherung wird schon nervös und meint, wir müßten schon längst weg sein. So schnell es geht, okay?«
McIver holte tief Atem. »Also dann los! Alles, wie geplant. Nur daß ich die Papiere nehme.« Johnny Hogg reichte sie ihm, und nun marschierten McIver, Hogg und Jones, in der Hoffnung, ihn abzulenken, geradewegs auf den Mullah zu. Wie vorher abgesprochen, waren die zwei Mechaniker bereits an Bord. »Guten Tag«, sagte McIver und überreichte dem Mullah demonstrativ das Ladungsmanifest, während sie ihm gleichsam den Blick auf die Treppe verstellten. Nogger, Pettikin und Jean-Luc eilten behende hinauf und verschwanden im Inneren der Maschine.
Der Mullah blätterte das Manifest durch. »Gut. Wir inspizieren jetzt«, knurrte er.
»Das ist doch nicht nötig, Agha!« McIver verstummte. Zusammen mit zwei Wachtposten ging der Mullah bereits zur Treppe. »Sobald wir an Bord sind, laß die Triebwerke an!« zischte McIver und folgte dem Mullah.
Die Kabine war vollgestopft mit Kisten, die Passagiere saßen bereits angeschnallt auf ihren Plätzen. Der Mullah starrte die Männer an. »Wer sie sind?«
»Ersatzleute, Agha«, antwortete McIver. Die Triebwerke heulten auf, und seine Erregung nahm zu. Er deutete aufs Geratewohl auf Jean-Luc. »Pilot für Kowiss«, und dann, eiliger: »Das Komitee vom Tower wünscht, daß die Maschine jetzt abfliegt. Bitte schnell!«
»Was ist in den Kisten?« Der Mullah sah zum Cockpit, von woher Johnny Hogg in perfektem Persisch rief: »Verzeihen Sie die Unterbrechung, Exzellenz, wie es Allah gefällt, aber der Tower verlangt, daß wir sofort abfliegen. Mit Ihrer Erlaubnis bitte?«
»Ja, ja, selbstverständlich, Exzellenz Pilot.« Der Mullah lächelte. »Ihr Persisch ist ausgezeichnet.«
»Danke, Exzellenz. Allah beschütze Sie und segne den Imam!«
»Danke, Exzellenz Pilot, Allah schütze Sie!« Der Mullah verließ die Maschine.
Auf dem Weg zum Ausstieg steckte McIver den Kopf ins Cockpit. »Ich wußte gar nicht, daß du Persisch sprichst, Johnny.«
»Spreche ich auch nicht«, versetzte Hogg und wiederholte, was er dem Mullah gesagt hatte. »Ich habe nur diesen Satz auswendig gelernt. Ich dachte, er würde sich vielleicht einmal nützlich erweisen.«
McIver lächelte. »Ich ernenne dich zum Klassenersten!« sagte er, und mit gesenkter Stimme: »Sag Duke, er soll sich bemühen, den Klugscheißer dazu zu bewegen, die Jungs schon möglichst früh ausfliegen zu lassen. Ich möchte nicht, daß Kia dabei ist, wenn sie starten. Kapiert?«
»Selbstverständlich. Das hatte ich vergessen. Sehr klug.«
»Also dann. Guten Flug! Wir sehen uns in Al Schargas.« Er stieg aus, und die 125 rollte davon.
Kaum war sie in der Luft, stieß Nogger einen Freudenschrei aus. »Wir haben's geschafft!« Alle stimmten ein, ausgenommen der abergläubische Jean-Luc, der sich bekreuzigte. » Merde «, rief er, »spar dir deinen Jubel, Nogger! Man kann uns auch in Kowiss noch ein Startverbot verpassen. Spar dir den Jubel für Freitag!«
»Du hast recht, Jean-Luc«, stimmte ihm Pettikin zu, der auf dem Fensterplatz daneben saß. »Mac war richtig gut gelaunt. Es ist schon Monate her, seit ich ihn so aufgekratzt gesehen habe. Noch heute morgen war er stocksauer. Seltsam, wie Menschen sich ändern können.«
»Ja, seltsam. Ich zum Beispiel wäre stocksauer, wenn ich meine Pläne in letzter Minute ändern müßte.« Jean-Luc lehnte sich bequem zurück, dachte an Sayada, den süßen Schmerz, der sie bewegt hatte, als sie voneinander geschieden waren. Er warf einen Blick auf Pettikin und sah die gefurchte Stirn.
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