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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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Anteil eurer Mutter geerbt, und wenn du gut genug bist, wärest du für den Vorstand qualifiziert. Eines Tages wird sich dieser Idiot Linbar aufs Altenteil zurückziehen müssen – nicht einmal er kann Noble House ganz zugrunde richten. Was hältst du von meinem Plan?«
    »Ich würde es mir gerne überlegen, Vater.«
    Was gibt es denn da viel zu überlegen, dachte Gavallan. »Gute Nacht, Scot, ich komme vielleicht später noch einmal vorbei.« Er klopfte ihm auf die gesunde Schulter und verließ das Büro. Scot wird mich nicht enttäuschen, sagte er sich stolz.
    In die geräumige Transithalle tröpfelten grüppchenweise Passagiere aus der Zollabfertigung; andere warteten auf ihr Gepäck. Die Anzeigetafel kündigte an, daß Flug 52 der Gulf Air pünktlich aus Muscat, der Hauptstadt Omans, eingetroffen war und in 15 Minuten nach Abu Dhabi, Bahrain und Kuwait weiterfliegen würde. Der Zeitungskiosk war nochoffen; er schlenderte hinüber. Er streckte die Hand nach der Londoner Times aus, doch als er die Schlagzeile sah, ›Premierminister Callaghan beruft sich auf die Erfolge der Labourregierung‹, zog er die Hand wieder zurück. Wozu brauche ich das? fragte er sich. Da entdeckte er Genny McIver.
    Sie saß allein mit einem kleinen Koffer neben sich in der Nähe des Flugsteigs. »Hallo, Genny, was machst du denn da?«
    Sie lächelte liebenswürdig. »Ich fliege nach Kuwait.«
    Er erwiderte ihr Lächeln ebenso liebenswürdig. »Wozu denn das?«
    »Ich brauche Urlaub.«
    »Mach dich nicht lächerlich. Es ist noch nicht losgegangen, und ausrichten kannst du dort sowieso nichts. Du wärst nur im Weg. Sei doch vernünftig, Genny.«
    Sie lächelte immer noch. »Bist du fertig?«
    »Ja.«
    »Ich bin vernünftig, ich bin das vernünftigste Wesen, das du kennst. Duncan McIver ist das nicht. Er ist der größte Trottel, der mir je begegnet ist, und ich fliege nach Kuwait.« Das alles brachte sie mit olympischer Ruhe vor.
    Er beschloß, seine Taktik zu ändern. »Warum hast du mir das nicht vorher gesagt, statt dich so davonzumachen? Ich hätte mir die größten Sorgen gemacht, wenn du so plötzlich verschwunden wärst.«
    »Hätte ich es dir gesagt, dann hättest du auch einen Trick gefunden, es zu verhindern. Ich habe Manuela gebeten, dich später zu informieren: Ankunftszeit, Hotel, Telefonnummer. Aber ich bin froh, daß du da bist. Du kannst mich verabschieden. Ich hasse es, mich selbst verabschieden zu müssen … ach, du weißt schon, was ich meine.«
    Erst jetzt fiel ihm auf, wie angegriffen sie aussah. »Fühlst du dich wohl, Genny?«
    »Ach ja … Es ist nur … Ich kann einfach nicht tatenlos herumsitzen. Es war doch teilweise meine Idee, auch ich bin dafür verantwortlich, und ich will nicht, daß es … daß irgend etwas schiefgeht.«
    »Das wird es nicht«, beruhigte er sie und hakte sich bei ihr unter. »Es kommt alles in Ordnung. Und ich habe auch eine gute Nachricht.« Er erzählte ihr die Neuigkeiten über Erikki.
    »Das ist wunderbar! Hakim Khan?« Genny durchforstete ihr Gedächtnis. »War das nicht Azadehs Bruder, der da irgendwo an der türkischen Grenze lebte? Hieß der nicht Hakim?«
    »Vielleicht war das Fernschreiben richtig, und es ist Hakim Khan? Das würde natürlich heißen, daß der Vater tot ist.«
    »Ja, ich glaube, er war schon sehr alt.« Sie sah ihm voll ins Gesicht. »Hast du dich entschlossen? Ist es morgen?«
    »Noch nicht endgültig.«
    »Und das Wetter?«
    Er berichtete ihr den neuesten Stand. »Hilft nicht viel weiter«, bemerkte sie.
    »Ich wollte, Mac wäre da. Er ist für eine solche Situation wie geschaffen.«
    »Er ist auch nicht klüger als du, Andy.« Es wurde zum Flug 52 aufgerufen. Sie standen auf. »Ich weiß nicht, ob es dir weiterhilft, Andy, aber Mac hat sich für morgen entschieden.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich kenne Duncan. Leb wohl, mein lieber Andy.« Sie küßte ihn flüchtig und blickte nicht zurück.
    Er wartete, bis sie gegangen war. Tief in Gedanken versunken verließ er die Halle, ohne Wesson zu bemerken, der beim Zeitungskiosk stand und seine Füllfeder wegsteckte.

Freitag
    2. März 1979

60
    Al Schargas   – Hotel Oasis: 5 Uhr 37. Gavallan war bereits angekleidet. Er stand am Fenster und blickte in die Nacht hinaus. Im Osten kündigte sich die Dämmerung an. Nebelschleier kamen von der gut einen halben Kilometer entfernten Küste, um schnell über die Wüste weiterzuziehen. Dicke Wolken bedeckten zusehends den im Osten noch klaren Himmel. Auf dem

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