Wirbelsturm
beobachteten Rodrigues, der noch immer emsig arbeitete. Das Geräusch der Turbinen war gedämpft. Lochart hob den Daumen und gab Scot Gavallan, der geduldig im Cockpit wartete, ein Zeichen. Scot erwiderte das Signal und zeigte dann zum Himmel. Tom nickte, zuckte mit den Achseln und wandte sich wieder Rodrigues zu: Er wußte, daß er nichts tun, sondern nur geduldig warten konnte.
»Wann fliegst du nach Teheran?« fragte Jean-Luc.
Locharts Herz schlug schneller. »Sonntags, wenn es nicht schneit. Ich muß McIver einen Bericht bringen und habe Post für die übrigen. Ich werde eine 206 nehmen. Scot hat gemeint, daß wir auf vollen Betrieb gefaßt sein müssen.«
Jean-Luc schaute ihn an. »Hat das Nasiri gesagt?«
»Ja.« Nasiri war ihr iranischer Verbindungsmann und der Leiter der Basis, ein Angestellter von IranOil, dem Regierungsbetrieb, dem alles Erdöl über und unter der Erde gehörte. Nasiri teilte alle Flüge ein und bewilligte sie. S-G war vertraglich an diese Gesellschaft gebunden, führte die Aufsicht, brachte Personal, Vorräte und Ausrüstungen zu den im Gebirge verstreuten Bohranlagen und befaßte sich mit den unvermeidlichen CASEVACS, den casualty evacuations , wie das Ausfliegen von Verletzten nach Unfällen und unvorhergesehenen Ereignissen genannt wurde. »Ich bezweifle, daß wir bei diesem Wetter nächste Woche viel zum Fliegen kommen werden, obwohl ich mit der 206 hinauskommen müßte.«
»Ja. Du wirst einen Begleiter brauchen. Ich komme mit.«
Lochart lachte. »Kommt nicht in Frage, alter Freund. Du bist hier stellvertretender Kommandant, und die nächsten vierzehn Tage hast du Dienst.«
»Aber ich werde nicht gebraucht. Für drei Tage, okay? Schau dir den Himmel an, Tom. Ich muß nachsehen, ob unsere Wohnung in Ordnung ist.« In normalen Zeiten waren alle Piloten, die Familien hatten, in Teheran stationiert. Sie flogen zwei Wochen und hatten dann eine Woche Urlaub. Viele zogen zwei Monate Fliegen und einen Monat Urlaub im Heimatland vor, vor allem die Engländer. »Es ist für mich sehr wichtig, daß ich nach Teheran komme.«
»Wenn du willst, kümmere ich mich um deine Wohnung, und wenn du mir versprichst, daß du an drei Abenden in der Woche kochst, schmuggle ich dich auf zwei Tage hinaus, sobald ich wieder da bin. Du hast doch gerade einen Monat Urlaub gehabt.«
»Ja, aber zu Hause. Jetzt muß ich an mon amie denken. Natürlich fühlt sie sich ohne mich in Teheran unglücklich, sie hat mich einen ganzen Monat lang nicht zu Gesicht bekommen.« Jean-Luc beobachtete Rodrigues und warf dann wieder einen Blick zum Himmel. »Wir können noch zehn Minuten warten, Tom, dann sollten wir ein Lager aufschlagen, solange es hell ist.«
»Ja.«
»Aber zurück zu wichtigeren Dingen. Tom …«
»Nein.«
»Madonna, denk doch wie ein Franzose und nicht wie ein Angelsachse! Ein ganzer Monat! Nimm doch Rücksicht auf ihre Gefühle!«
Rodrigues schraubte die Abdeckplatte wieder fest und wischte sich die Hände ab. »Hauen wir ab!« rief er und kletterte an Bord. Die anderen folgten ihm rasch. Er hatte seinen Sicherheitsgurt noch nicht geschlossen, als sie bereits in der Luft waren und über die nächste Bergkette zu ihrer Basis jagten. Da bemerkte er, daß Jordon ihn anstarrte. »Was ist los, Aussie?«
»Wie hast du das verdammte Rohr geflickt, Sportsfreund? Die Kerbe war so groß, daß sie eigentlich irreparabel war.«
»Gummi.«
»Was, verflucht?«
»Kaugummi. Das hat in Vietnam funktioniert, also wird es verdammt noch mal auch hier funktionieren. Weil es nur ein verdammt kleines Stück war, aber es war alles, was ich dabei hatte. Also, fang schon an zu beten! Kannst du denn um Himmels willen nicht mit dein Fluchen aufhören?«
Als sie auf dem Stützpunkt landeten, begann es gerade zu schneien. Das Bodenpersonal hatte für alle Fälle die Landeplatzbefeuerung eingeschaltet. Ihre Basis bestand aus vier Wohnwagen, einer Küchenbaracke, einem Hangar für die 212-Maschine – ein Passagier- oder Frachthubschrauber mit 14 Sitzplätzen – und die beiden 206-Modelle sowie Landeplätzen, umgeben von Lagerschuppen mit Ersatzteilen für Ölbohranlagen, mit Zementsäcken, Pumpen, Generatoren und allen möglichen Zusatzgeräten für die Bohrtürme, dazu Bohrrohre. Die Basis Zagros lag auf einem bewaldeten, sehr malerischen Plateau in 2.500 Metern Höhe in einem Becken, das auf drei Seiten von schneebedeckten Berggipfeln gesäumt war, die Höhen von 4.000 Metern und darüber erreichten. Einen Kilometer
Weitere Kostenlose Bücher