Wirrnis des Herzens
hast du in zwei Monaten verschleudert. Was sind da schon weitere zehntausend Pfund? Nichts! Du kranker Wurm.« Sie holte aus, um ihn zu treten, hielt dann aber doch inne. »Ich wünschte nur, dein Vater wäre zu mir gekommen, als er bemerkt hatte, dass du ein Verräter bist. Ich hätte ihm nur zu gern geholfen, dich zu vernichten. Ich hätte dich höchstpersönlich über Bord geworfen.«
»Das hättest du gar nicht gekonnt«, murmelte Gérard. »Du bist eine Frau. Eine Frau hätten die nie aufs Schiff gelassen.«
»Sie glauben ja wirklich, ein schlaues Kerlchen zu sein«, bemerkte Alexandra.
Gérard lächelte geschmeichelt.
Der Blick, den Sir John Helen zuwarf, verwirrte Helen. War da etwa doch ein Funke Bewunderung in seinen Augen? Nein, das war unmöglich.
»Das alles stimmt, Gérard. Aber dann stellte sich heraus, dass Helen unfruchtbar ist. Und weil du kein bisschen Ehre in deinem Leib trägst, bist du zum Verräter geworden. Warum hast du Helen nach all den Jahren geschrieben?«
»Verdammt, ich brauchte doch Geld. Als ich von der Sache mit der Lampe erfuhr, beschloss ich zu warten, bis Helen sie gefunden hatte. Jeder in diesem verfluchten Kaff, in dem sie lebt, spricht von nichts anderem. Und alle glauben, dass sie sie bald finden wird. Ich aber glaube, dass Helen die Lampe bereits gefunden hat.
Ich habe sie beobachtet. Sie hatte Lord Beecham bei sich und sie sind zu dieser Höhle gefahren. Und als sie herauskamen, hatten sie solch ein eigenartiges Eisenkästchen bei sich. Ich wusste sofort, da ist die Lampe drin. Sie haben unglaublich geheimnisvoll getan und das verfluchte Ding nicht aufgemacht. Dann ist Lord Beecham nach London aufgebrochen. Und das war der Beweis.«
»Jetzt hör mir mal zu, du Idiot, wenn ich die Lampe
gefunden hätte und wenn sie wirklich magische Kräfte hätte ...«, sagte Helen überdeutlich, »... dann hätte ich dich mit einem Fingerschnippen verschwinden lassen, mein Lieber.« Sie machte es ihm vor. »Ich habe dich aber nicht verschwinden lassen, richtig? Leider bin ich dazu nicht in der Lage. Und jetzt spitz deine Ohren, Gérard. Es gibt keine Wunderlampe.«
»Du hast doch eben noch selbst zugegeben, dass es sie gibt«, sagte Gérard. »Vor nicht einmal einer Stunde noch wolltest du mich sogar zu ihr führen.«
»Ich habe gelogen.«
»Schluss jetzt mit dieser lächerlichen Lampe«, sagte Sir John gereizt. »Natürlich hat sie dich belogen, Gérard. Sie wollte dir entkommen und das wäre ihr ja auch beinah gelungen.
Es ist schon hell. Ich muss mich beeilen. Helen, es tut mit wirklich sehr Leid, so seltsam das auch klingen mag, aber ich muss Sie und Ihre Freundin leider erschießen. Eigentlich wollte ich nur dich töten, Gérard, ein für alle Mal, aber leider ist es mir nicht gelungen, dich allein zu erwischen.«
»Sie wollen drei Menschen töten?«, fragte Alexandra bestürzt. »Nur ein Monster könnte so etwas tun, jemand, dessen Seele durch und durch schwarz ist. Sie wollen ihren eigenen Sohn töten, nur um weiterhin erzählen zu können, was für ein Held er gewesen ist? Das ist unfassbar. Sie sollen in der Hölle schmoren, Sir.«
»Ich würd' ja sagen, Mister, dass die Lady da Recht hat. Sie sind mir ja 'n schöner Herr Vater. Und die netten Dämchen da - nee, Mister, die sollt'n Se wirklich nich' totschießen.«
»Halt dein Maul, Ricketts, und lass mich nachdenken. Wie mache ich das wohl am besten?«
Alexandra stöhnte auf, fasste sich an den Bauch und sank bewusstlos zu Boden. Für den Bruchteil einer Sekunde blieben alle wie versteinert stehen. Dann warf sich Helen neben ihrer Freundin auf die Knie. »O Gott, Alexandra. Bitte, wachen Sie doch wieder auf.«
»Gut gemacht, du kannst wieder aufstehen, Alexandra.«
Für einen kurzen Moment schloss Sir John ungläubig die Augen. Als er sie langsam, beinah widerwillig wieder öffnete, sah er die Grafen Northcliffe und Beecham im Türrahmen stehen und hinter ihnen noch zwei weitere, ihm unbekannte Männer. »Ich dachte, Sie würden aufpassen, Ricketts«, knurrte Sir John so wütend durch die Zähne, dass er sich beinah an seiner eigenen Galle verschluckte.
»Nein, Mister, nich' seit Sie hier reingekommen sind und alles durcheinander gebracht haben.«
»Helen, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Ja, aber kommen Sie schnell her, Douglas. Alexandra hat sich die Hand auf den Magen gedrückt und ist in Ohnmacht gefallen. Was sollen wir bloß tun?«
»Nichts«, sagte Alexandra, stand auf und warf ihrem Gatten ein
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