Wissenschaft und Demokratie (edition unseld) (German Edition)
226 Millionen. Das heißt, wir haben es mit ungefähr fünf Prozent der Bevölkerung zu tun.
Natürlich müssen Korrekturen in Anschlag gebracht werden. So gibt es beispielsweise Auslandsabonnements. Außerdem gibt es Leser, die mehrere Zeitschriften abonniert haben. Ferner gibt es unter den Abonnenten sicher auch professionelle Wissensarbeiter. Aber wenn man diese Faktoren korrigierend berücksichtigt, ändern sie das Gesamtbild nicht grundlegend. Die Summe aller Lehrenden, die im postsekundären Bereich tätig sind, sowie aller Natur- und Sozialwissenschaftler beläuft sich laut US -Zensus auf 2 , 6 Millionen Personen. Wenn wir diese Zahl abziehen, bleiben immer noch 8 , 4 Millionen Abonnements. Sehr viel wichtiger ist, daß diese Zahl nicht die Hunderte und Aberhunderte von Zeitschriften mit weniger als 50000 Abonnenten einschließt. Daher können wir den Schluß ziehen, daß diese Abonnentenzahl der nichtprofessionellen Wissenskonsumenten wahrscheinlich nach wie vor bei etwa neun Millionen angesetzt werden kann, was ungefähr vier Prozent der US -Bevölkerung über 19 entspricht und mehr als das Dreifache der professionellen Wissensarbeiterschaft beträgt. Das ist eine ziemlich starke Gruppe und eine Zahl, die in ihrer Größenordnung mit den bereits genannten Zahlen für Freizeitlektüre in Einklang steht.
Eine weitere Möglichkeit, den Bereich des Amateurwissens zu untersuchen, besteht darin, sich den damit zusammenhängenden Vereinen und Verbänden zuzuwenden. Auch in diesen Fällen kann es sich um reinen Konsum handeln oder um passive Mitgliedschaften, die (wie es vielfach vorkommt) nur deshalb bestehen, weil man eine Zeitschrift gratis bekommen, freien Museumseintritt haben oder sonst eine Vergünstigung erhalten möchte. So hat zum Beispiel das American Museum of Natural History 520000 eingeschriebene Mitglieder, von denen die meisten jedoch einfach deshalb beigetreten sind, weil sie die Zeitschrift Natural History beziehen möchten. Dennoch ist die Welt der Amateurwissensverbände sehr beachtlich. Die Gesellschaft der Briefmarkensammler (American Philatelic Society) hat 48000 Mitglieder, und die Münzsammler kommen auf 32000 . Ja, die US -Ausgabe der Encyclopedia of Associations verzeichnet 800 amerikanische Verbände von Sammlern verschiedener Art aus verschiedenen Gegenden und von unterschiedlicher Größe. Was die Vogelbeobachter betrifft, so gehören 600000 der National Audobon Society an. Einige Gruppierungen von eher passiven Tierschützern sind noch viel größer: Die National Wildlife Federation hat 4 , 4 Millionen Mitglieder und der Sierra Club 1 , 3 Millionen.
Aber das größte Interesse findet die Beschäftigung mit der Geschichte. Die American Association for State and Local History vereinigt buchstäblich Tausende von örtlichen historischen Gesellschaften. Die Regional- und Ortsausgabe der Encyclopedia of Associations verzeichnet 67 bundesstaatliche und lokale historische Gesellschaften mit jeweils über 1000 Mitgliedern, wobei einige dieser Gesellschaften bis zu 10000 Mitglieder zählen. Daneben gibt es buchstäblich Hunderte, ja vielleicht sogar Tausende von weiteren historischen Gesellschaften mit geringerer Mitgliederzahl. Dazu gehören etliche Gesellschaften, die sich mit der Geschichte einzelner Familien befassen oder mit der Geschichte bestimmter Counties (von denen es über 3000 gibt). Mit dem amerikanischen Bürgerkrieg befassen sich 40 verschiedene Vereine, unter denen zunächst der Civil War Preservation Trust mit seinen 43000 Mitgliedern zu nennen ist und sodann die Sons of Confederate Veterans mit 30000 Mitgliedern.
Wir können also davon ausgehen, daß der akademischen Welt, die unser anerkanntes Wissenszentrum ausmacht, eine sehr breite Randzone der interessierten Amateure entspricht. Was da im einzelnen geschieht, wissen wir zwar nicht genau, aber wir wissen, daß es sich um eine große und aktive geistige Gemeinschaft handelt. Als nächstes wird es nützlich sein, die Frage aufzuwerfen, welches die Unterschiede sind zwischen dieser Amateurwelt und der akademischen Welt, die wir so gut kennen.
3. Die sozialwissenschaftlichen Kenntnisse der Amateure zum Zeitpunkt der Professionalisierung
Um zu erkennen, wie sich diese Unterschiede herausbildeten und was sich aus ihnen ergibt, dürfte es hilfreich sein, zu dem historischen Augenblick der Professionalisierung des Wissens zurückzukehren. In den Vereinigten Staaten geschah das kurz nach der Wende vom 19 . zum 20 .
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