Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
ihnen herüber und umarmte sie beide, ohne ihre Kleidung mit den blutigen Handschuhen zu berühren.
Der Sheriff nahm das zum Anlass, sich mit einem lässigen Tippen an den Hut zu verabschieden. „Wir unterhalten uns später, Doc.“
„Ja, natürlich. Hey, ist alles okay bei euch? “, fragte sie. „Ist mit den Mädchen alles in Ordnung? Sie haben doch nichts abbekommen, oder?“
„Nein, nur meine Mutter hatte einen kleinen Aussetzer. “
„Einen Aussetzer “, wiederholte Claire und hob beide Augenbrauen. „Willst du damit sagen … ?“
Augenrollend warf Seth die Hände in die Luft. „Herrgott noch mal, können wir bitte offen reden? Jos weiß Bescheid.“
Ihre gesamte Mimik entgleiste. „ Was? Bist du verrückt geworden?“
„Erschieß mich doch. “ Stur schob Seth seine Hände in die Pullovertaschen. „Das mit den Runen hätten wir nie alleine geschafft, und er hatte die Idee, Trisha um Hilfe zu bitten. Oder warum glaubst du haben sich alle die Runen auf die Arme gemalt?“
Claire kniff fest die Augen zusammen und fluchte lautlos. „Das darf nicht wahr sein. Sie werden uns umbringen! “
„Werden sie nicht, weil sie uns brauchen. Jedenfalls hat einer dieser Wichser- “
„Seth! “
„Ist doch wahr! Der Mistkerl hat meine Mutter wie eine Puppe sprechen lassen! “
„Die große Göttin steh uns bei. “ Claires Wut machte tiefer Bestürzung Platz. „Geht es ihr gut? Ist es denn wenigstens vorbei? Geben sie auf?“
„Nein “, sagte Jos leise. „Es klang nicht danach.“
Claire sank in sich zusammen und mit einem Mal sah sie sehr, sehr müde aus. „Ich würde dir gern sagen, dass ich eine Lösung habe, Seth. Dass ich diese Last von dir nehmen kann. “
„Und warum kannst du nicht? “, fragte er hitzig. „Ich denke, du bist ihre weiße Hexe!“
„Nicht so laut! “, erwiderte sie ebenso frustriert. „Ich tue, was ich kann, aber ich bin nicht Brianna.“
„Und? Du bist besser als sie! “
Claire biss sich auf die Lippe. „Nein “, flüsterte sie. „Das bin ich nicht.“
„Warum nicht? “, beharrte er.
„Seth “, sie streifte ihre Handschuhe ab und warf sie seufzend in den Müllsack, den ein Sanitäter ihr hingestellt hatte. „Sie hat nicht viel hinterlassen, aber glaube mir, Brianna war außergewöhnlich.“
„Und was hat sie gemacht, das du nicht kannst? “
Claire prüfte kurz, ob jemand lauschte, ganz besonders die Leute aus dem Filmteam. „Es ist der falsche Ort für diese Unterhaltung, aber glücklicherweise habe ich immer Salz dabei …“ Sie holte einen kleinen Reisesalzstreuer aus ihrer Tasche und zog einen kleinen, kaum sichtbaren Kreis um sich und die beiden Jungen. Einem verblüfft schauenden Set-Runner erklärte sie achselzuckend: „Diese Rune alleine hilft ja anscheinend nicht.“
Jos verschluckte sich fast beim Atmen, und auch Seth konnte kaum fassen, wie unbekümmert Claire mit dem Stadtgeheimnis umging.
Angriff ist anscheinend die beste Verteidigung , dachte er. Und wirklich, der junge Mann grinste verschwörerisch und hastete dann weiter.
Claire atmete sichtlich erleichtert auf. „Hast du dich mal gefragt, wie die Blackwoods ihre Quelle überhaupt verlieren konnten, wenn sie sie doch wie ihren Augapfel gehütet und verteidigt haben? “
„Ja. Seit Clyde mir erzählt hat, wie wichtig sie ihnen ist “, erwiderte er.
Jos sah perplex von einem zum anderen. „Wie kann man denn eine Quelle verlieren?“
„Gar nicht, das ist es ja. “ Claire schüttelte ihren Kopf und lachte hilflos. „Brianna hat sie nach dem Tod ihres Verlobten versteckt, und ihr Zauber hält bis heute an.“
Kapitel 27
Die verästelten Schatten an der Zimmerdecke bewegten sich leicht in der Brise, die durch Blackwood Springs ging. Seth lag rücklings auf seinem Bett und starrte sie an. Schlaflos, mutlos.
Hilflos.
Claires Eröffnung ergab so viel Sinn, doch sie kam mit einem fürchterlichen Preis. Seth verstand erst jetzt, was sie damit gemeint hatte, als sie sagte, man könn te Wissen nicht mehr ungeschehen machen. Vor einem Monat waren noch seine Hausaufgaben und vielleicht der Führerschein seine größte Sorge gewesen, aber all das war geradezu lächerlich, wenn jeden Augenblick jemand sterben konnte.
Seth öffnete den Mund, drauf und dran, die Stille mit seinen Fragen zu löchern, doch dann schloss er ihn wieder und blinzelte angestrengt.
„Es ist nicht deine Schuld“, sagte Clyde leise. Er lag neben Seth, die Hände auf seinem Bauch
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