Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
Aarons Kopf, der von den flackernden, bunten Lichtern der Konzertbeleuchtung unbeeindruckt einmal quer über die Decke huschte. „Ach du Scheiße!“
Aaron und Jos sahen nach oben, doch der Schatten war schon in den finsteren Ecken verschwunden.
„Was hast du eben gesehen? “, fragte Aaron mit gefährlich gesenkter Stimme und packte Seth fest an den Schultern. „Waren es Geister?“
Seth blinzelte Aaron wie hypnotisiert an. Vor seinen Augen verschwammen dessen Iriden mit den Pupillen und bildeten silberne Seen, in denen er schwarzen Rauch aufsteigen und zu unheilvollen Geisterfratzen formen sah.
„Ich sehe dich “, hauchte er. Kaltes Grauen rann seinen Rücken herab und kroch in alle seine Gliedmaßen, als ihm klar wurde, was das bedeutete. „Das ist es! Sie sagte, sie sieht mich. Sie sieht uns alle !“
„Wer sieht dich? Morgan “, Aaron schüttelte ihn, „ rede mit mir!“
Der Regisseur erklärte die Pause für beendet und das Team um die Hexenmädchen erwachte zu hektischem Leben. Auch der Kamerawagen rollte noch ein gutes Stück zurück und stieß beinahe Jos um, der mit weiten Augen ihrem Gespräch folgte.
„Uuund … Action!“, rief der Regisseur. Die Band begann wieder zu spielen und die Stimmung kippte erneut ins Ausgelassene.
„Ich habe den Drahtzieher getroffen “, sagte Seth. Mit weiten Augen suchte er die Decke ab. „Jedenfalls habe ich das geträumt. Sie meinte, sie würde mich sehen, und das tut sie auch. Durch euch !“
„Unmöglich “, erwiderte Aaron. Seine Kiefermuskeln arbeiteten, doch da war Furcht in seinen Zügen.
„Nein, ist es nicht. Ist es nicht! “
Der Kamerawagen setzte sich langsam in Bewegung, zurück zum Set, wo Hailey, Trisha und Brenda die Schlüsselszene der Folge ablieferten. An der Decke folgte ihm der Schatten einer enormen Spinne und verschwand direkt darüber im Kaleidoskoplicht der Setbeleuchtung. Seth sah dem Dolly hinterher, und noch bevor er an Geschwindigkeit gewann, wurde ihm klar, was los war.
„Seht ihr das? Oh nein, nein, nein! Anhalten!“ Boxend und schiebend drängte er sich durch die tanzenden Schüler. Empörte Flüche schlugen ihm entgegen, doch er hatte Aaron hinter sich, und der brachte sie mit seiner schieren Präsenz zum Schweigen.
Meine Schwester! Der Gedanke hallte ewig weit in der Leere seines Kopfes. Diane, was soll ich tun?
Tritt zur Seite , befahl ihre warme, vibrierende Stimme. Obwohl seine Augen offen waren, sah er den goldenen Flitter der Runen, die Jos überall in der Aula versteckt hatte, und welche die menschlichen Schüler stolz auf ihrer Haut trugen. Deine Kraft ist nicht genug. Schick den jungen Ritter in die Schlacht!
Wen?, fragte er und hörte sich hysterisch kichern.
Du weißt es genau. Zögere nicht, tu es jetzt !
Der Dolly raste genau auf die Kurve zu, der ihn am Set der Mädchen vorbeiführen würde. Scharfes Quietschen und ein mächtiger Ruck rissen die ausgeschwenkte Kamera samt Kameramann nach vorne. Set-Runner, Assistenten und ein Techniker drängten nach hinten, so schnell ihre schockstarren Beine und Arme es erlaubten. Aus Dutzenden Kehlen kam ein panischer Aufschrei.
Seth nahm all das wie in Zeitlupe wahr. Ohne nachzudenken griff er hinter sich und packte Aarons Hand. Er wusste nicht, wie er es tat, aber mit einer ihm unbekannten Kraft schleuderte er den Werwolf nach vorn.
„Geh!“, befahl er inbrünstig … und Aaron, zu seiner unsäglichen Überraschung und Befriedigung, folgte, ohne zu zögern.
Es sah aus wie ein durchdachter, atemberaubender Stunt, als der Werwolf mit einem gewaltigen Satz über die Köpfe der Menschen hinweg flog und ungebremst in den kippenden Kamerawagen hinein krachte. Ein weiteres Aufstöhnen ging durch die Menge, als der Kran durch den Aufprall protestierend im letzten Moment zur Seite und in Richtung Bühne schwang, wo die Sirenen kreischend ihre Mikrophone danach warfen. Der ganze Wagen löste sich durch diese Wucht aus den Schienen und krachte zu Boden. Aaron brachte sich mit einem lässigen Sprung in Sicherheit, der Kameramann hingegen hatte nicht so viel Glück. Er wurde von seinem Sitz geschleudert, überschlug sich einmal in der Luft und landete mit einem übelkeiterregenden Knacken vor der Bühne, wo er reglos liegen blieb.
Hailey, Brenda und Trisha starrten mit entgeisterten Gesichtern auf das Chaos, das sie um Haaresbreite verfehlt hatte. Um sie herum stürzten schon Rettungskräfte und Crewmitglieder herbei, um zu helfen, wo auch immer sie gebraucht
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