Witch Boy: Stadt der Geister (German Edition)
unheimlich aus. Er glaubte sogar, ihre Augen reflektieren zu sehen. Er ohrfeigte sich innerlich und befahl seinem Hirn, sie nicht unheimlicher zu machen, als sie sowieso schon waren.
„Wir kriegen dich sowieso! “
„Das wollen wir doch erst mal sehen! “ Seth trat in die Pedale und zischte um die nächste Ecke. Ein ihm entgegenkommender Pick-up hupte laut und einige der Blackwoods wichen hörbar aus. Einer flog sogar vom Rad. Das Scheppern war ohrenbetäubend in der abendlichen Stille.
Er nahm die nächste Kreuzung, obwohl die Ampel rot war, und bog gleich darauf nach rechts ab. Mitten auf der Straße stand ein junger Mann in aufgerollten Hemdsärmeln und schwarzer Stoffhose vor einem bronzefarbenen, quer abgestellten Sportwagen. Ein rotes Mal zog sich über seinen rechten Unterarm und seine beim Lächeln entblößten Zähne glommen im Laternenlicht.
Seth zog die Bremsen an und legte sich fast auf die Seite, so sehr überraschte ihn diese kostspielige Straßensperre.
„Vorsicht, mein Freund, das Auto war teuer“, sagte der Fremde. „Oh, und da kommt schon das Wolfsrudel um die Ecke gehetzt. Anhalten, meine Süßen!“
Sämtliche von Seths Verfolgern kamen Unflätigkeiten brüllend zum Stehen.
„Was soll das werden, Meuniere? Wieso mischst du dich ein?“, rief der Anführer. Es war der Kerl, der Seth schon am Set von der Seite angemacht hatte.
„Ihr jagt in meinem Revier, Kleiner, und das kann ich nicht zulassen. “ Meuniere schlenderte auf die Jugendlichen zu und die wichen für jeden Schritt, den er tat, einen Schritt zurück. „Wenn ihr keinen Ärger wollt, verzieht ihr euch lieber. Hmm, aber vielleicht willst du auch noch ein bisschen bleiben, Mikey? Ich könnte einen Happen vertragen, gehen wir etwas essen.“ Er grinste und zeigte alle seine Zähne.
„Dafür wirst du büßen “, zischte Mike. „Los, Leute, wir hauen ab.“
Keiner seiner Kumpel protestierte. Seths Herz schlug hart in seiner Brust, als einer nach dem anderen sein Rad herumdrehte und davonfuhr. Nur Sekunden später war er mit dem Mann allein, der ohne jede Mühe eine ganze Gruppe Schläger in die Wüste geschickt hatte.
„Geht es dir gut?“, fragte Meuniere mit zuckenden Mundwinkeln. „Sie sind weg und kommen so schnell auch nicht wieder.“
„Was ist gerade passiert? “, fragte Seth verblüfft. „Was haben die für ein Problem mit dir?“
„Hm, nie fragt jemand, was ich für ein Problem mit ihnen habe …“
Seth schnaubte spöttisch. „Da muss keiner fragen. “ Er stellte sein Fahrrad wieder aufrecht hin und schob es ein paar Schritte vom Sportwagen weg. „War ein bisschen leichtsinnig, das hier so abzustellen.“
„Ich bin gut versichert. “ Meuniere reichte Seth die Hand zum Schütteln. „Mein Name ist übrigens Julien. Wer du bist, weiß die ganze Stadt, deshalb erspare ich uns die unnötigen Höflichkeiten.“
„Danke … denke ich.“ Beinahe unfreiwillig wanderten Seths Augen zum Mal auf der hellen Haut. Es sah übel aus, nicht wie ein Feuermal, sondern eher wie eine Brandnarbe, die vollständig geglättet, aber immer noch verfärbt war. „Ist das wirklich ein Scorpion?“, fragte er, um sich von dem Anblick abzulenken.
Julien lächelte erneut. Seine Miene machte deutlich, dass er genau wusste, was in Seth vorging. „Ja. Ein echtes Prachtstück, wie ich finde. “
„Sieht cool aus. “ Seth holte tief Luft. „Danke für deine Hilfe.“
„Ach, nicht der Rede wert. Das sind nur räudige Welpen, denen muss man ab und zu zeigen, wer der Stärkere ist. “ Julien holte etwas aus seiner Hosentasche und warf es zu Seth hinüber. „Für dich, damit das Gerangel zwischen euch nicht völlig unfair bleibt.“
Seth fing den glänzenden Gegenstand reflexartig auf und betrachtete ihn. Es war ein kleines, verkorktes und versiegeltes Fläschchen, das an einer Halskette hing. „Was ist das? “, fragte er verwirrt.
„Nur ein bisschen Wolfswurz, nichts Besonderes. Allerdings solltest du es weder essen noch einatmen, oder jemand anderem ins Essen mischen.“
„Ist das etwa giftig? “ Misstrauisch ließ Seth die Faust sinken, bereit, das Geschenk fallen zu lassen.
Julien neigte den Kopf und musterte Seth eindringlich. „Und wie. Es wird unsere lieben Freunde auf Abstand halten, jedenfalls für eine Weile. “
„Meine Freunde aber auch, wenn sie erfahren, was das ist. “
„Dann erzähl es ihnen nicht. Ganz einfach. “
„Ich weiß nicht, ich sollte von Fremden nichts annehmen
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