Witch & Wizard 1 - Verlorene Welt (German Edition)
Gefahr für alles, was gut, gerecht und anständig ist. Woher wir das wissen? Von Polizeibeamten, die deine jüngsten Unternehmungen auf dem Gebiet der Hexenkunst bezeugen können! Und durch die unermüdlichen Nachforschungen der Geheimen Ermittlungsbehörde der Neuen Ordnung! Aber in erster Linie wissen wir es durch die Prophezeiung.«
Als ich sah, wie die Geschworenen nickten, war ich erst mal sprachlos.
»Prophezeiung?«, sagte ich dann. »Sorry, aber in der Bibel kommen meine Schwester und ich sicher nicht vor. Komm mal wieder runter, Ezechiel!«
Die Zuschauer schnappten nach Luft. »Gotteslästerer!«, kreischte eine Frau und schüttelte die Faust.
Als der Gerichtsdiener mit erhobenem Gummiknüppel auf mich zumarschierte, zog ich bloß die Augenbrauen hoch. Äh … ich bin in einem Käfig? Die Gitterstäbe funktionieren in beide Richtungen ? Wie blöd bist du eigentlich?
»Aufgrund der erdrückenden Beweislast wird daher …«, fuhr Richter Unger fort.
»Okay, sparen wir uns die Anklagepunkte!«, brüllte ich. »Wir plädieren auf nicht schuldig !« Trotz Handschellen klammerte ich mich an die Gitterstäbe und schüttelte sie mit aller Kraft. Was leider keine so geniale Idee war.
Zack! , zog mir der Gerichtsdiener den Knüppel über die Fingerknöchel. Wisty zuckte zusammen. Ich konnte meinen Schmerzensschrei gerade noch unterdrücken.
Gleichzeitig schoss Der Eine, Der Richtet wie eine Rakete aus dem Richterstuhl und beugte sich über das Pult, als wollte er zu uns in den Käfig kriechen. »Recht so, Gerichtsdiener! Genau so muss man den Abschaum behandeln! Wer an den Schlägen spart, verwöhnt die Abweichler!« Sein fleckiges Gesicht hatte sich weißlich violett verfärbt, seine Augen quollen aus den Höhlen. »Worauf plädiert ihr!?«
Wisty und ich sahen uns ratlos an. »Nicht schuldig!«
Der Richter wandte sich ab. »Verehrte Geschworene! Wie Sie sehen und hören, demonstrieren die Angeklagten nichts als Verachtung für Ihre guten Absichten und für die Aufgabe dieses Gerichts. Sie verspotten uns. Sie verleugnen die Prinzipien der glorreichen Neuen Ordnung. Nun frage ich Sie: Wie lautet Ihr Urteil?«
»Das war’s?«, schrie ich von unserem Käfig aus. »Das war der ganze Prozess?«
»Das ist doch ein schlechter Witz!«, brüllte Wisty.
Zack! , knallte der Gerichtsdiener den Gummiknüppel auf die Gitterstäbe. Zack! Zack! Zack!
W HIT
Es war alles so verrückt. Und es ging so schnell, dass ich es kaum fassen konnte.
Bei normalen, rechtmäßigen Gerichtsverhandlungen steht ein Geschworener auf und verliest das Urteil, das er oft in einer zitternden Hand hält. Aber dieser Prozess war die reinste Parodie. Die Geschworenen hoben bloß die Faust – und wir mussten zusehen, wie einer nach dem anderen den Daumen senkte. Alle. Keine Gegenstimme.
Normale Gerichtsverhandlungen halten sich an ein ordentliches Verfahren mit Anwälten und Prinzipien wie Im Zweifel für den Angeklagten und so weiter. Tja, willkommen in der Welt der Neuen Ordnung.
Richter Unger knallte den Hammer so heftig aufs Pult, dass Wisty und ich fast in die Luft sprangen. »Schuldig im Sinne der Anklage!«
Mir stockte der Atem.
»Hiermit wirst du, Wisteria Allgood, im Namen der Neuen Ordnung als Hexe enttarnt! Du, Whitford Allgood, wirst als Zauberer enttarnt!«
Wisty und ich starrten den Richter schockiert und ungläubig an. Doch seinen besten Spruch hatte er sich für den Schluss aufgehoben.
»Die Strafe für beide Vergehen lautet … Tod durch den Strang !«
Wisty
Tod durch den Strang?
Nein. Das kann nicht sein.
Mir klingelten die Ohren.
Ich bilde mir das alles nur ein. So was passiert einem doch nicht einfach so. Das muss ein Albtraum sein.
Mein Hals schnürte sich zu. Die Umgebung färbte sich grün. Alles verschwamm.
Da hörte ich Whits Stimme wie durch einen langen Tunnel herüberhallen. Er rüttelte mich an der Schulter.
»Nicht aufgeben, Wisty«, flüsterte er. Ich blinzelte, bis ich sein Gesicht deutlich erkennen konnte. »Hab dich lieb.«
Ich nickte. Whit hätte sich nie für einen Magier gehalten, aber auf mich wirkte seine Aufmunterung wie ein heilsamer Zaubertrank. Ich bekam wieder Luft. »Ich dich auch«, sagte ich leise. »Viel mehr, als ich dachte.«
Mit einem tiefen Einatmen machte ich mich auf Richter Ungers nächste Worte gefasst.
»Bedauerlicherweise«, sagte Unger, »dürfen Hinrichtungen erst durchgeführt werden, wenn der Betroffene das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat.«
Wieder
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