Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Frau danach nie wieder nah. Wie schon im Jahr 1990 war es Zeit, sich die Kugel zu geben.
Aber Putin überstand auch diese schrecklichen Prüfungen und zeigte einen unverwüstlichen Überlebenswillen. Er beschloss, Sankt Petersburg zu verlassen und sich einen neuen Ort zu suchen – das unbekannte, riesige, brodelnde, machtvolle Moskau. Dort musste er neue Verbindungen erst aus dem Nichts schaffen und alle bisherigen Karriereerfolge hinter sich lassen. Liberale aus Sobtschaks Umfeld halfen Putin, Arbeit in der »wirklichen« Hauptstadt zu finden, wenn auch ohne große Begeisterung (immerhin war er ein ehemaliger KGB-Mann und noch dazu schuld an Sobtschaks Sturz).
Die Apokryphen besagen, Alexei Kudrin, der Ex-Stellvertreter des Petersburger Bürgermeisters und verantwortlich für Wirtschaft und Finanzen sowie künftiger russischer Finanzminister, habe keine geringe Rolle in dieser Frage gespielt. Schon damals nutzte Kudrin das große Vertrauen von Anatoli Tschubais, damals einer der Leiter des Wahlkampfstabs von »Jelzin 1996«, der gleich nach den Wahlen zum Leiter der Präsidialverwaltung ernannt wurde. Auch fehlte es Putin nicht an einflussreichen Geschäftsleuten in der Hauptstadt, die mit dem künftigen Kremlherren Geschäftsbeziehungen knüpfen wollten.
Zum Beispiel war da der Präsident der Alfa-Bank, Pjotr Awen. 1992, als Putin Vorsitzender des Komitees für Außenbeziehungen im Bürgermeisteramt der nördlichen Hauptstadt war, leitete Awen das Ministerium für Außenwirtschaftsbeziehungen von Russland und kuratierte über diese Linie WWP. Es war kein Zufall, dass im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die Alfa-Bank und die in ihrem Umfeld agierende Finanz- und Industriegruppe Alfa-Konsortium zu den einflussreichsten Business-Holdings von Russland gehörten.
Zunächst wurde WWP das Amt des stellvertretenden Pressesprechers Jelzins angeboten. Putin lehnte ab und wurde Stellvertreter von Pawel Borodin, der Jelzins Präsidialamt leitete. Zu diesem Zeitpunkt akquirierte das Präsidialamt größere Finanzmittel für Renovierungsarbeiten im Kreml und in den vielen Datschas und Residenzen von Jelzin. WWP bekam erneut den verführerischen Duft frischer Valuta zu spüren. Und er sah neue Perspektiven. Das Leben begann von vorn, schon zum dritten Mal.
Jelzin gewann natürlich die Wahlen, und zwar teilweise aufgrund der mutigen, kreativen Ideen seines Wahlstabs. Bei der Generierung dieser Ideen spielten Leute wie der Ex-Präsident des Fernsehsenders NTW, Igor Malaschenko, und der später in Ungnade gefallene Oligarch Boris Beresowski die Schlüsselrolle. Dennoch dankte Jelzin seinen Erfolg vor allem der schonungslosen Manipulation der Abstimmungsergebnisse und der Billigung des furchtsamen Taugenichts und Top-Kommunisten Sjuganow, der die gefälschten Ergebnisse offiziell anerkannte.
Die Architekten von Jelzins Sieg, angeführt von Anatoli Tschubais, halten heutzutage der ganzen Welt gern Vorträge darüber, wie in Russland die Demokratie etabliert und eine totalitäre Revanche verhindert wurde. Wenn Sie bereit sind, ein ordentliches Sümmchen zu bezahlen, um sich einen solchen Vortrag anzuhören, dann sollten Sie Tschubais oder seine Kollegen unbedingt Folgendes fragen:
• Stimmt es, dass Jelzin im ersten Wahlgang in Wirklichkeit nicht mehr als 32 Prozent der Stimmen erhalten hatte und hinter Sjuganow zurückgeblieben war?
• Stimmt es, dass die Wahlkampagne 400 Millionen Dollar gekostet hat und Jelzin zwei Herzinfarkte einbrachte, von denen sich der Präsident nie wieder erholte, weil er fortan Geisel seiner schweren Erkrankung und damit seines Umfelds wurde, vor allem seiner Familie, die ihm als Nachfolger Wladimir Putin bescherte?
Kapitel 7: Auf der Suche nach einem Vater Teil 2 – Putin und die Familie Jelzin
Angeblich hatte sich Boris Jelzin immer einen Sohn gewünscht. Aber es hatte sich nicht ergeben, er bekam zwei Töchter. Deswegen suchte der erste russische Präsident seine Söhne nicht selten unter seinen Mitarbeitern. Eine Zeit lang war Alexander Korschakow ein solcher »Sohn«. Jelzin machte ihn innerhalb von drei Jahren vom Major zum Generalmajor. Ein weiterer »Sohn« war Walentin Jumaschew, ehemaliger Journalist der Zeitschrift Ogonjok, seit Ende der 1980er-Jahre Präsidentenbiograf und später auch Ehemann seiner Tochter Tatjana.
Jelzin, der sich unbewusst wie ein russischer Zar fühlte, wollte den Thron an einen »Sohn« weitergeben, einen Menschen der nächsten Generation, der nicht nur
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