Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
seines Vorgängers abzusetzen. Während Jelzin ein alter Trümmerhaufen gewesen war, der jederzeit den Löffel abgeben konnte, wurde Putin zu einem Macho und geradezu zu einer Sexbombe stilisiert. Die Frage war umso aktueller, als die Ideologen im Kreml eine Lektion besonders gut gelernt hatten: Noch im September 1999 war der 70-jährige Jewgeni Primakow ungeachtet des Altersunterschieds von 23 Jahren um einiges beliebter gewesen als Putin. Als dann jedoch in einer bekannten Fernsehsendung gezeigt wurde, wie man Senioren die Hüftgelenke operiert, sanken Primakows Umfrageergebnisse dramatisch.
Die Sendung war gut gemacht und überzeugte Millionen von Zuschauern, dass auch Primakow schon recht alt war und krank wie Jelzin, es also sinnlos wäre, ein Übel gegen ein anderes zu tauschen. Mit Putin im Hintergrund, der den Tschetschenien-Krieg geradezu höchstpersönlich zu kommandieren schien (diesen Eindruck vermittelten unzählige Reportagen der wichtigsten Fernsehkanäle, auch wenn Putin in Wirklichkeit nur einige Male an der Front war, und auch das in vollkommener Sicherheit und ohne mit den Aufständischen in irgendeiner Form zusammenzukommen), wollte das Volk keinen Mann mehr an der Spitze sehen, der wie Jelzin seine Tage mit »Aktenstudium« in einem Sanatorium zubringt.
Man wollte etwas Junges, Frisches, man wollte Muskeln sehen. Man wollte, dass der Mann an der Spitze andere mit einem festen Händedruck begrüßt. Selbstverständlich kam die Vorstellung vom schönen, jungen, gesunden Mann nicht ohne eine gewisse sexuelle Mythologie aus. Aber mit Putins Ehefrau Ljudmila Alexandrowna eine solche Mythologie aufzubauen und am Leben zu halten war, gelinde gesagt, schon recht schwierig.
Ljudmila ist sechs Jahre jünger als ihr Gatte (sie wurde 1958 geboren), und die offizielle Legende besagt, dass die beiden sich Anfang der 1980er-Jahre kennenlernten, als die junge Dame Stewardess bei einer Kaliningrader Fliegerabteilung war. Archivfotos bezeugen, dass Ljudmila in der Anfangsphase ihrer Ehe mit dem künftigen Herrscher über ein Siebtel der Erde gut gebaut und attraktiv war. Doch zum Jahr 2000 hin war sie ziemlich füllig und welk geworden. Es ist überaus wahrscheinlich, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits ernsthafte Alkoholprobleme hatte. Sie sah nun älter aus als ihr Mann, manchmal hätte man sie fast für seine Mutter halten können. Dafür gibt es viele Ursachen.
Soweit es sich den Erinnerungen von Irene Pietsch und einigen unveröffentlichten Materialien anderer ehemaliger Freunde und Bekannte des Ehepaars Putin entnehmen lässt, hörte die sexuelle Beziehung zwischen den Eheleuten bereits Ende der 1980er-Jahre in Dresden auf, als WWP sich emotional auf »echte Männerfreundschaften« einstellte – mit Klaus Zuchold und Matthias Warnig. (Heute ist Warnig eine der Schlüsselfiguren des Energiesektors in Putins Russland, Mitglied von Aufsichtsräten einiger großer Energiekonzerne, einschließlich Transneft und der Nord Stream AG. Im Unterschied zu vielen seiner Mitstreiter und Opponenten weiß unser Held, wie man sich erkenntlich zeigt.)
Nach Rückkehr der Familie nach Leningrad kümmerte sich Ljudmila im Wesentlichen um die Erziehung und Ausbildung der Töchter Maria und Jekaterina, und Wladimir wurde vollständig von seiner Arbeit vereinnahmt, zuerst bei Sobtschak, dann bei Jelzin. Auch wenn ihre Ehe in Auflösung begriffen war, gab es keinerlei Gerüchte über Verbindungen oder gar anhaltende Affären von Putin – selbst die bunteste Regenbogenpresse der beiden russischen Hauptstädte kann nicht mit diesbezüglichen Erinnerungen aufwarten, und seien sie noch so unwahrscheinlich.
In ihrem Buch Heikle Freundschaften behauptet Irene Pietsch, Ljudmila habe Wladimir als Energieräuber charakterisiert, der ihr alle Kräfte aussauge, darunter auch den wichtigsten Lebenssaft – die sexuelle Energie. WWP seinerseits äußerte gegenüber Irene, mit seiner Frau auch nur zwei Wochen unter einem Dach zu leben sei eine Heldentat, die einen Orden verdiene.
Übrigens sind die Erinnerungen von Ljudmila Putina-Schkrebnjowa über das Erblühen und die Entwicklung ihrer Beziehung und die Ehe mit dem künftigen Präsidenten um einiges beredter. 2002 erschien kurz vor dem 50. Geburtstag des zweiten russischen Präsidenten das Buch des Journalisten Oleg Blozki Wladimir Putin: Der Weg zur Macht . Es war als absolut putinfreundliches Jubiläumsbuch konzipiert und geschrieben worden.
Am Vorabend des 7. Oktober 2002, als
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