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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Belkowski
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das Projekt »Winterspiele 2014« in Sotschi haben würde, das mittlerweile fast mehr als 50 Milliarden Dollar geschluckt hat, wobei sich die tatsächliche Höhe der Ausgaben und Unterschlagungen erst nach Ende der Spiele zeigen wird.)
    Aber Putin brachte es nicht fertig. Fast nicht fertig. Nach der Hälfte seiner zweiten Amtszeit (2006) genehmigte er nicht ohne Schwierigkeiten den Umzug des Verfassungsgerichts in die nördliche Hauptstadt. Und erst 2012, nachdem er zum dritten Mal Präsident geworden war, bewilligte er etwas weniger als 2 Milliarden Dollar für den Umzug zweier weiterer Gerichte nach Sankt Petersburg – des Obersten Gerichtshofs und des Höchsten Schiedsgerichts – nach Petersburg (eine lächerliche Summe im Vergleich zu den sonstigen Unterschlagungen von Staatsgeldern). Unter Putin war und blieb Moskau die Hauptstadt in vollem Sinne. Mehr noch – Putin brachte der großen und ihm fremden Stadt das Kapital seiner Petersburger Freunde, das sie durch Öl, Gas und andere wertvolle Bodenschätze unseres unendlichen Sibirien verdient hatten. Es waren Dutzende, Hunderte Milliarden von Dollar.
    Moskau erwies sich als undankbar. Ausgerechnet hier bildete sich unter Putin eine neue soziale Gruppe heraus und ballte sich zusammen – die Gruppe der RuBiBü (Russische Bildungsbürger). An dieser Stelle ist ein kleiner Exkurs in die russische Geschichte angebracht.
    Nach der vorherrschenden Geschichtstheorie wurde das russische Staatswesen 862 durch die Normannen (Wikinger) Rjurik, Truwor und Sineus gegründet. Damit gibt es also einen skandinavischen beziehungsweise westeuropäischen Ursprung. Doch die mongolische Eroberung des 8. Jahrhunderts und die folgenden zweihundert Jahre asiatischer Herrschaft veränderten die weitere Entwicklung. Es war im Grunde der Anfang des Moskauer Staatswesens, das folgende Voraussetzungen schuf: a) eine grausame Unterdrückung des Einzelnen durch den Staat und b) die ständige Vertiefung eines Schuldkomplexes des Einzelnen gegenüber der Macht, der von der Überzeugung genährt wird, dass der Mensch der Macht verpflichtet ist, die Macht jedoch nicht dem Menschen.
    Die Russen waren seit der Mongolenzeit ihrer Freiheiten beraubt, sowohl im Alltag als auch in der Politik. Deswegen bildeten sich in Russland der Kult der »geheimen Freiheit« und ein diesbezüglicher Mythos heraus. Gemeint ist jene Freiheit, die entsteht, wenn man vor dem alles sehenden Auge des Staates verborgen ist, wenn dieser einen nicht belauschen kann und man allein ist mit Gottvater. Das ist eine höchst innere Freiheit.
    Als größter Europäisierer Russlands gilt Peter I., der erste russische Kaiser (1721) und Gründer von Sankt Petersburg (1703). Tatsächlich hat er dem Russland seiner Zeit viel Europäisches gebracht – von einer geordneten Bürokratie und Armee bis hin zur Ästhetik des russischen Adelsstandes. Dennoch kann man ihn keinesfalls einen Zaren und Befreier nennen. Er setzte die äußerliche Versklavung des Volkes fort, die Bekämpfung der Vorstellung vom Menschen als einem Träger von Werten, Ideen und Praktiken staatsbürgerlichen Verantwortungsbewusstseins.
    Sowohl unter den Zaren als auch unter den Kaisern und den Kommunisten strebte der russische (von 1922 bis 1991 der sowjetische) Staat auf härteste Weise eine Kontrolle des Menschen in allen seinen Äußerungen und Bedürfnissen an: was er isst, trinkt, liest, hört, was er anzieht, welches Sexualleben er führt, was er träumt und so weiter. Der Staat war stets ein strenger Lehrer. Dem Volk hingegen kam die Rolle des notorisch nachlässigen Schülers zu: Schlägt man ihn mit dem Lineal auf die Finger, ist das ein Zeichen von Zuneigung. Schlägt man ihn nicht, dann wird nichts aus ihm. Dann verschwindet er in den unermesslichen Weiten des harten russischen Winters, der bei uns ein halbes Jahr dauert, in manchen Gegenden im Norden auch länger.
    Der Russe ist historisch gesehen nicht daran gewöhnt, ein Staatsbürger zu sein. Und die Russen im Ganzen haben sich immer am ehesten als Bevölkerung gesehen, mehr als Verwaltungsobjekt denn als Volk, Subjekt und Machtquelle.
    Obwohl das totalitäre Imperium 1991 gescheitert war, hatten sich die leibeigenschaftlichen Tendenzen unter dem ersten Präsidenten der Russischen Föderation, Boris Jelzin, aus Trägheit immer noch erhalten. 1990 gab es in vollem Maße ein aktives und passives Wahlrecht. Gleichwohl wurde es spezifisch angewandt: Nur äußerst zynische oder völlig blauäugige

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