Wo bist du und wenn nicht wieso
beispielsweise für selbstverständlich, jemanden ungefragt in Ihre Absichten einzuplanen, und erwarten, dass er funktioniert«, antworte ich und übernehme jetzt die Rolle des Mannes, indem ich mich stellvertretend für ihn empöre: »Was fällt dir ein, mich einfach einzuplanen? Ich hab ja wohl ein Wörtchen mitzureden, wenn es um meinen einzigen freien Tag geht!« Dann persifliere ich in meiner Antwort die Frau: »Das ist ja wohl unverschämt, ich verliebe mich gerade in dich, und du willst den freien Tag für dich. Das läuft nicht, mein Junge, hier läuft das Spiel ,Ganz oder gar nicht‘!«
Jetzt lacht die Frau und nickt. Sie geht mit dem Vorsatz zu einem neuen Treffen, ihn nach der Bedeutung seiner Absage zu fragen. Eine Woche später kommt sie mit folgenden Neuigkeiten zurück: Mit ihr einen Ausflug zu unternehmen hätte für ihn bedeutet, seine beiden Kinder, die bei der Exfrau leben, den ganzen Monat nicht sehen zu können. Und von ihr ungefragt eingeplant zu werden deutet er so, dass noch viele Kämpfe auf ihn zukommen. Deshalb hält er sich lieber zurück und will die Dinge in aller Ruhe, und keinesfalls »ganz oder gar nicht«, angehen. Die Frau verstand das und war wieder optimistischer. Die beiden blieben in Beziehung.
Herauszufinden, was etwas »für dich« und »für mich« bedeutet, ist manchmal mit etwas Aufwand verbunden. Aber es lohnt sich, weil damit Schnellschüsse und egozentrierte Aktionen vermieden oder Missverständnisse gerade gerückt werden.
Bringen Sie sich ein – offenbaren Sie sich!
Es gibt weitere Möglichkeiten, während der Anbahnungsphase in Komplikationen zu geraten und dennoch in Beziehung zu bleiben. Diese Möglichkeiten gehen über die Gesprächserforschung hinaus. Eine davon besteht in der Selbstoffenbarung. Lesen Sie dazu das Beispiel von Silke und Konrad:
Beide treffen sich zu ihrem ersten Spaziergang, dieser macht Silke aber keinen Spaß, denn Konrad spricht ohne Unterlass von anderen Frauen. Wenn eine gut aussehende Frau vorbeikommt, fragt er Silke, wie sie diese finde. Silke erzählt später in der Beratung: »Ich dachte, er will mir signalisieren, dass er weitersucht. Ich hab mich gefragt, ob ich verletzt sein darf, wenn jemand so etwas macht. Ich war froh, als der Spaziergang vorbei war.« Silke fühlt sich zurückgesetzt. Die Frage, ob sie verletzt sein dürfe, ist hier eine merkwürdige Frage, denn offenbar ist sie schon verletzt. Aber Silke schweigt und erträgt das für sie Unerträgliche. Dadurch trägt sie ihren Teil dazu bei, dass der Spaziergang ein Reinfall wird.
Dabei ergeben sich schon aus den wenigen Worten ihrer Schilderung genügend Ansatzpunkte, wie sie die Situation konstruktiv beeinflussen könnte.
Sie könnte nachforschen: »Was willst du mir signalisieren? Dass du eine andere suchst und mich loswerden willst?«
Sie könnte sich öffnen: »Es verletzt mich, dass du von anderen Frauen schwärmst. Ich habe von diesem Spaziergang etwas anderes erwartet.«
Sie könnte ankündigen: »Ich kann mir vorstellen, dass ich diesen Spaziergang beende, wenn ich mir weiterhin anhören muss, wie du andere Frauen findest.«
Auf solche Weise würde Silke ihre Eindrücke, Gefühle oder Absichten offenbaren. Wer sich so etwas vornimmt, muss allerdings darauf achten, von sich zu sprechen und nicht über den Partner. Weder eine Unterstellung: »Gib zu, dass du eine andere suchst!«, noch ein Vorwurf: »Du verletzt mich!« wären hilfreich. Sich zu offenbaren bedeutet, auf eigene innere Vorgänge hinzuweisen und dem anderen Einblick in die eigene Gedankenwelt, Gefühlslage oder in wunde Punkte zu gewähren. Das ist nicht immer einfach, wie das folgende Beispiel zeigt.
Susi hat ihren »Fast-Freund« zu Hause besucht. Er ist offenbar schlecht gelaunt und macht einige Sprüche über ihre Frisur und ihre Kleidung. Sie ist verunsichert. Später in der Beratung erzählt sie: »Ich fand das verletzend und war sauer, aber so wollte ich nicht gehen. Ich habe ihn beim Abschied gebeten, mich in den Arm zu nehmen, doch das hat er nur ganz flüchtig getan. Das hat mich dann richtig sauer gemacht, dass er so grob damit umgeht, wenn ich ihm meine weiche Seite zeige.«
Susis Reaktion ist nachvollziehbar, denn sie glaubte, sich offenbart zu haben. Doch tatsächlich hat sie den Mann zu einer bestimmten Handlung aufgefordert, und es ist anzunehmen, dass ihr Ärger auch in ihrem Tonfall enthalten war. Dann klang ihre Bitte wie ein Befehl, und dem Mann stand keine offene, sondern eine
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