Wo bist du und wenn nicht wieso
verordneten Beziehung selbst in eine Zwangsjacke gesteckt, aus der sie in regelmäßigen Abständen ausbrach. Doch immer wieder versuchte sie es aufs Neue, zumal der Mann ihr zuredete zu bleiben und sie beschwor, die Gefühle würden schon noch kommen.
Auch in den Single-Foren des Internets wird die Frage der Entscheidung intensiv diskutiert. Beispielsweise findet man dort den Ratschlag, man solle sich bei der Entscheidung für eine dauerhafte Beziehung nicht vom Verliebtsein leiten lassen. Andere warnen vor dem Gegenteil, nämlich davor, sich für Vernunftbeziehungen zu entscheiden. Offen werden von suchenden Singles Vor- und Nachteile der verschiedenen Entscheidungen abgewogen und Für- und Dagegen-Listen aufgestellt, als handle es sich um eine Kaufentscheidung. Die Frage ist allerdings, ob das auch bei einer Beziehung funktioniert.
Eine bewusste Entscheidung?
Stellen wir die Frage anders: Warum sollte man sich für eine Beziehung entscheiden? Welche Gründe sprächen dafür? Weil man Sehnsüchte und Hoffnungen hat? Weil die biologische Uhr tickt oder einem die Felle davonschwimmen? Weil der andere in Ordnung zu sein scheint? Weil er ähnliche Pläne hat? Mit anderen Worten: weil man sich etwas vorstellt, das gegenwärtig nicht da ist? Das klingt nach Träumerei und Glücksspiel.
Welche Gründe sprächen sonst noch für eine Entscheidung? Weil man sich immer näher zum anderen hingezogen fühlt? Weil man ihn immer öfter vermisst und sich nach ihm sehnt? Weil mit ihm zusammen zu sein schön, anregend, vertraut und lebendig ist? Weil er gut tut? Weil man dabei ist, ihn in das eigene Leben einzubeziehen? Ja, kann man sagen, das sind gute Gründe, sich für eine Beziehung zu entscheiden. Aber: Wenn solche Gefühle vorhanden sind, ist die Entscheidung bereits gefallen und muss nicht mehr gefällt werden. Dann sind längst starke, bindende Gefühle da. Wer so vom anderen spricht und Derartiges für ihn empfindet, der befindet sich längst in einer Beziehung zu ihm. Ich denke daher, man sollte sich erst dann für eine Beziehung entscheiden, wenn man feststellt, eine zu haben. Also wenn die Entscheidung schon gefallen ist, ohne dass man bewusst etwas dazu getan hat.
Die Gefühle entscheiden
Die Rede von der Entscheidung für eine Beziehung ist so gesehen irreführend. Mit ihr gaukelt man sich vor, die Sache in der Hand zu haben. Man spricht von einer bewussten Entscheidung und glaubt, seine Motive und Gefühle zu überblicken. Man sagt, man habe es sich reiflich überlegt, und glaubt, der Verstand habe abgewogen. Doch wenn zwei Partner verkünden, sie hätten sich füreinander entschieden, verkünden sie lediglich nachträglich, was jenseits des Bewusstseins längst entschieden wurde. Nicht das Bewusstsein oder der bewusste Wille haben das Sagen, sondern die Gefühlswelt entscheidet, sie wägt Für und Wider ab und entscheidet nach eigenen Maßstäben, beispielsweise dem Ausmaß der Sehnsucht. Solche Gefühle lassen sich selbst durch die besten Absichten, eine gezielte Planung und die größte Bewusstseinsanstrengung nicht willentlich beeinflussen – und das gilt insbesondere für die Anbahnungsphase.
Damit ich nicht missverstanden werde, möchte ich betonen, dass sich Gefühle selbstverständlich beeinflussen lassen, darin liegt ja der Sinn der Ratschläge und Hinweise, die ich in diesem Buch gebe. Gefühle lassen sich durch zusätzliche Informationen, wie sie durch Neugier, Staunen und Wundern zu Tage gefördert werden, oft sehr stark beeinflussen. Aber sie lassen sich eben nicht zielgerichtet beeinflussen. Niemand kann sich bewusst dafür entscheiden, jemanden zu lieben. Niemand kann seinen Gefühlen Vorschriften machen, etwa auf den Partner zuzugehen oder sich von ihm zu entfernen. Daher kann ich Ihnen für die Anbahnungsphase nur empfehlen: Entscheiden Sie sich bewusst dafür, die Dinge geschehen zu lassen. Entscheiden Sie sich erst dann für eine Beziehung, wenn das bereits entschieden ist.
Lassen Sie die Dinge geschehen!
Dieser Ratschlag hat es in sich. Er fordert Sie auf, die Vorstellung über Bord zu werfen, man könnte eine Beziehung »machen« oder »haben«. Eine Beziehung ist kein Ding, das man konstruieren, willentlich gestalten, besitzen kann. Man kann nur in Beziehung sein . Zerreißen Sie die Konstruktionszeichnung für Ihre Beziehung, vergessen Sie alle Pläne und bewegen Sie sich stattdessen von Begegnung zu Begegnung. Folgen Sie Ihrer Lust am Zusammensein, geben Sie Gefühlen Zeit und Raum. Und
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