Wo bist du und wenn nicht wieso
bestimmende Frau gegenüber. Sie hätte ebenso sagen können: »Los, nimm mich in den Arm, du hast etwas gutzumachen!«
Eine offene Susi hätte einfach gesagt: »Deine Bemerkung verletzt mich!« oder »Vorsicht, ich reagiere empfindlich, wenn ich mich abgewertet fühle!« oder »Ich bin nicht gekommen, um mir Sprüche über meine Frisur anzuhören.« Und das möglichst in einem offenen, ruhigen Ton.
Testen Sie Reaktionen auf Offenheit
Wer sich selbst offenbart, äußert sich über sich selbst, nicht über den anderen. Er lässt den Partner an seinen Gedanken, Gefühlen, Hoffnungen, Sehnsüchten oder Fantasien teilhaben und verspricht sich davon eine zustimmende, zumindest aber anerkennende und respektvolle Reaktion. Selbstoffenbarung ist ein aktiver, offensiver Vorgang, bei dem man sich als der zeigt, der man ist. Dazu ist eine Öffnung nötig, wie es das folgende Bild verdeutlicht.
Wer sich öffnet, gewährt Einblick und testet zugleich die Reaktion seines Gegenübers. Ist der andere bereit, sich auf die Öffnung zu beziehen? Nimmt er den offengelegten Zustand, die gezeigten Gefühle wahr und berücksichtigt diese? Ist es möglich, in Gegenwart des anderen »ich selbst« zu sein? Werde ich als der akzeptiert, der ich in der Beziehung sein möchte?
Natürlich geht man ein Risiko ein, wenn man sich selbst offenbart, beispielsweise nicht akzeptiert oder sogar verletzt zu werden. Dann kann man die Jacke wieder schließen und klarmachen, dass man sich das nicht gefallen lässt. Wer absolut sicher sein will, in einer Beziehung nicht verletzt zu werden, der sollte keine eingehen. Oder er spielt eine Rolle, und dann kann er sich nicht gemeint und nicht geliebt fühlen.
Selbstoffenbarung ist das genaue Gegenteil davon, irgendeine Rolle zu spielen, etwa den Selbstbewussten zu markieren oder die Unverletzbare. Es lohnt nicht, in einer Beziehung dem anderen etwas vorzuspielen, irgendwann ist die Vorstellung doch zu Ende. Deshalb: Zeigen Sie gleich, wer Sie sind! Denn was wollen Sie mit einer Beziehung, in der Sie nicht zu 100 Prozent sein können, wer Sie sind?
Selbstoffenbarung hat einen weiteren Effekt. Sie ermutigt den anderen dazu, sich ebenfalls zu öffnen. Und diesen Austausch nennt man dann »miteinander in Beziehung sein«.
Wundern Sie sich weiterhin und tauschen Sie sich aus!
Kommen wir zu weiteren Möglichkeiten, in der Anbahnungsphase in Beziehung zu sein. Wenn zwei sich kennen lernen, treffen sie auch auf unterschiedliche Ansichten und Meinungen. Es würde ja an ein Wunder grenzen, wenn zwei in allen Dingen auf der gleichen Wellenlänge lägen.
Das erfährt Petra bei ihrem dritten Treffen mit Johannes. Petra ist von dem gut aussehenden, intelligenten Künstler sehr fasziniert. Die Juristin arbeitet seit zwei Jahren in ihrem Beruf und hat große Pläne: Sie will sich auch politisch engagieren. Die beiden geraten in eine Diskussion über die aktuelle Sozialpolitik. Petra lässt sich dabei über Hartz-IV-Empfänger aus. Johannes, der selbst mehrere Jahre lang Sozialhilfe in Anspruch genommen hat, verteidigt diese Leute. Die Diskussion wird hitzig, bleibt aber unpersönlich. Johannes erzählt nichts von seiner Zeit als Sozialhilfeempfänger, und Petra schweigt sich über die Gründe ihrer Abneigung gegen dieselben aus. Schließlich platzt Johannes der Kragen und er wirft Petra Arroganz und Borniertheit vor. Petra reagiert verstört, und Johannes ist sauer. Sie gehen in Missklang auseinander.
Beide haben einen Kardinalfehler begangen: Sie sind in eine Diskussion geraten und in einen Streit darum, wer Recht hat und wer nicht. Eine stabile Beziehung hält derartige Engstirnigkeiten aus, in der Anbahnungsphase haben sie nichts zu suchen. Dennoch kann und will man seine Meinung sagen können, zumindest generell. Doch statt sich anzugreifen, hätten sich die beiden darüber wundern können, wie der andere die Lage sieht und beurteilt.
Wer sich über die Ansichten des potenziellen Partners wundert, fordert den anderen zur Darstellung seiner Meinung auf und gibt gleichzeitig zu erkennen, dass er bereit ist, seine Standpunkte kennenzulernen und ihm zuzuhören.
Mit einem Verhalten, wie es auf diesem Bild zu sehen ist, wäre es zu einem Austausch der unterschiedlichen Sichtweisen gekommen und nicht zu einem destruktiven Streit. Vielleicht hätte einiges von der Sichtweise des anderen sogar eingeleuchtet und zum Neudenken angeregt – und dann wären sich die beiden näher gekommen. Unterschiede sind unvermeidbar. Aber
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