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Wo die letzten Menschen hausen

Wo die letzten Menschen hausen

Titel: Wo die letzten Menschen hausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Chilson
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auf dem damals noch bewässerten Schelf gelebt hatten. Für Trebor sahen sie jetzt alle ungefähr gleich aus.
    Seine Schanschids schauten über den Rand hinunter und zögerten, stiegen aber auf sein Antreiben hintereinander vorsichtig hinunter, ein Leittier voraus. Unter Trebors rechtem Ellbogen lag Leere. Er saß unverkrampft und tarnte seine eigenen Bedenken, damit seine Schanschids nicht in Panik gerieten. An manchen Stellen war der Weg viel breiter, an vielen U-förmig zu einem Kanal ausgeschnitten, für sie alle sehr beruhigend. Aber immer wieder kehrten sie an die mitleidslos offene Wand zurück, und der Tod lächelte von unten grün herauf.
    Trebor fröstelte trotz des warmen Aufwindes im Schatten. Die Schatten der Wolken über ihm lagen, fern im Westen, auf Irénés weißen Dünen. Das Wolkenband am Himmel folgte dem Wandland schlangenartig nach Norden und Süden bis außer Sichtweite. Hier und dort, vor allem auf dem Schelf, fiel schon Regen. Das Wasser lief zumeist ab. Die Aufwinde des Wandlandes und der Regen, den sie brachten, erhielten die Marsch-Wens auf Tausende von Meilen rund um Nord-Iréné am Dasein.
    Trebor drängte seine Schanschids zur höchsten, noch sicheren Gangart.
    Ein Wolkenbauch schob sich hinaus und ließ einen Regenvorhang über ihn fallen, kaltes, giftreines Wasser von den Höhen des Hochlandes. Wasser wurde verschwenderisch an ihm vorbei ausgeschüttet, aber zu trinken gab es nichts. Graue Wasservorhänge senkten sich über Trebor; unter ihm blinkte ihm Iréné sein weißes und gelbes Sonnenlicht in die Augen. Ein Blitzstrahl tauchte den Regenvorhang in Blut, und Donners Knall und Grollen murrte vom Wandland. Wasser rauschte um die Füße der Schanschids, so daß sie abrutschten und vor Angst winselten.
    Dann wurde die Rampe breit, das Gefälle nahm ab, Bäume und Gebüsch und sogar Gras wurden häufig und dann allgemein. Die Rampe führte von der Wand fort, so daß diese in ihrem Rücken lag, und nun war Trebor trotz des Regens warm von der Hitze des vormittäglichen Tieflandes. Trebor wischte sich das Gesicht ab und hob den Kopf.
    Die Wolken zerstreuten sich schon. Die Wand des Hochlandes war ein riesiges, abstraktes Wandgemälde, ganz in stumpfen Steintönungen. Hier war eine vertikale Wandfläche, dort ein seltsam geformter Absturz, da Linien mit ein, zwei Bäumen, gleich Gebüsch an ihnen aufgepunktet, hier kühne Felsauswüchse – grau, schwarz, nach unten zu grau-blau, weiter oben mehr zu Rot und Gelb neigend –, alles wahllos in sämtliche Richtungen abfallend, aber in sich zurückführend.
    Die Rampe wurde jetzt zu einem Dammweg, pfeilgerade, genau nach Westen führend, über einen uralten, ausgedehnten Hügel. Die Wens bestanden aus wirren Steinhügeln, die durch die hämmernden Wellen Ozean-Irénés in den hohen und fernen Tagen, als dieses mythische Meer das ganze Tiefland bedeckt hatte, aus der aufragenden Wand gehauen worden waren. Nun waren die Hügel mit bärtigen, uralten Bäumen bestanden, die Täler dazwischen mit heimtückischen Mooren und Sümpfen voll Hummer und Trockenland-Fisch ausgefüllt. Über den Wrens flogen Gorkrähen, und es hieß sogar, daß noch Gibblins zwischen den knorrigen Bäumen lebten und die Tschurel ihren klagenden Schrei hören ließ. Erscheinungen wurden hier gefürchtet und Gräber gestört.
    Aber Trebor hörte nichts Tödlicheres als trillernde Frösche. Für Naturgeschichte hatte er auch keine Zeit; seine Feinde waren in der vergangenen Nacht hier vorbeigekommen. Er ließ seine Schanschids in ihrem schnellsten Galopp über den Dammweg eilen. Sie senkten die Köpfe tief, und ihre Beine flogen. Sie waren nach dem steilen Abstieg froh, sich ausarbeiten zu können.
    Die alte, von den Goldenen Imperatoren als Zugang zu ihrer stolzen Hauptstadt hoch über ihrem Reich erbaute Dammstraße war im Verfall. Sie hatten sie mit Korallen abgegrenzt, um den Wenwold fernzuhalten, aber die riesigen Bäume hatten die Steinmauer inzwischen längst durchbrochen. Jetzt wuchsen Korallen und Bäume zugleich, Pflanze und Tier, an beiden Seiten der Straße und darüber in einem brütenden Tunnel von Dunkelgrün und Braun, grell durchzogen von allen Farben des Regenbogens. Spinnenartige Seesterne huschten über Trebors Kopf und suchten auf Steinästen Muscheln; hundert Arten von Spinnernetzen Netzspinnern legten ihre Fallen aus Seide oder Glas an; Bäume leuchteten schwach im tiefen Schatten.
    Äste aus Holz und Stein lagen auf der Straße verstreut; die

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