Wo die letzten Menschen hausen
Salzwindes erstaunlich wenig angegraut war. An entblößter Haut glänzte Fett.
»Is 'n Amballaner!« – »Macht 'n der hier?« – »Sag was, du!« –»Wer biste und was machste in den Schimmer-Schuns, hm?«
Sie sprachen die Untersprache, und selbst die schlecht.
»Trebor, ein Häuptling von Amballa!« Er zog es vor, diese Barbaren nicht mit der Innenpolitik von Amballa zu belasten. Er hatte eine Erklärung sorgfältig vorbereitet, gestützt auf das, was er über die Dunlins wußte. »Meine Frau ist von Handlangern der Pramantiner des Kults vom Aufbruch entführt worden.«
Ein Fuchsgesicht unter den dunkelhäutigen Habichtgesichtern der Dunlins pfiff durch die Zähne; die anderen blickten finster.
»Ich habe diese Schanschids mitgebracht, die ihr seht, und gebe sie gerne, wenn ich mitfahren kann. Aber bringt mich zu meinen Feinden; mehr verlange ich nicht.«
Das Fuchsgesicht grinste dazu, aber die anderen wirkten erfreut.
»Verkaufen Euch gern Passage, zumindest bis zu den Dünenbrechern. Tiere können wir immer gebrauchen. Was ein Schiff angeht, das Euch Eure Feinde aufspürt – da müßt Ihr mit dem Hauncha sprechen. Ihr müßt ohnehin zum Heiligen, um zu erfahren, wo sie sind«, fügte der Kapitän ermunternd hinzu.
Trebor griff hinauf, packte die Reling und sprang aus dem Sattel hinauf, bevor sie hilfreich seine Schulter ausrenken konnten.
»Könnt Ihr so viele Tiere unterbringen?«
»Verdammt schwere Biester«, murmelte einer der Dunlins. Der Kapitän – Rawar lautete der Dunlin-Ausdruck dafür – befahl einem Mann, sie zum Fischerlager zurückzubringen. Dort wurde noch mehr Fisch und Hummer getrocknet, und zu dieser Jahreszeit kamen und fuhren unablässig Schiffe.
Trebor war davon überzeugt, daß das Sandschiff, einmal zum Stillstand gekommen, sich nie mehr in Bewegung setzen würde.
Segel um Segel wurde aufgezogen, und das Schiff kippte über den Dünenrand und glitt den Abhang hinunter. Trebor rechnete voll und ganz damit, daß es unten stehenbleiben würde, aber es kroch mühsam auf dem Gegenhang hinauf. Lange, nachdem er aufgehört hatte, über seine Langsamkeit zu stöhnen, nahm es noch an Geschwindigkeit zu. Er war verblüfft, als er ganz deutlich Salz gegen den Rumpf zischen hörte. Als er umschaute, sah er sogar von den Kufen einen bescheidenen Hahnenschwanz von aufgeworfenem Salz hochgerissen.
Der fuchsgesichtige Mann mit dem rötlich-braunen Haar und Bart brachte Trebor Fleisch und Wein, also Fisch und Solessig.
»Ich werde Sheank genannt, M'lord.«
»Was macht Ihr unter den wilden Dunhns, guter Mann?« fragte Trebor; seine Laune war durch dieses »Lord« halb wiederhergestellt.
Sheank zwinkerte ihm zu.
»Bin auf Kur.«
»Salzluft ist gut für die Lunge«, nickte Trebor. »Ich habe aber nie gehört, daß sie Halsleiden kuriert.«
»Ah, Ihr vergeßt die Mineralbäder.«
Trebor versuchte, den Geschmack des Solessigs mit Fisch zu töten.
»Mmmm, ja. Beutel- oder Halsabschneider?«
Sheank wirkte verletzt – beide brauchten kein so extremes Exil zu wählen, um einer Hinrichtung zu entgehen. Der Rawar steigerte seine Verlegenheit, indem er vom Heck herüberrief: »Er ist ein verdammt guter – wie sagt man – Levitator. Neun Kugeln auf einmal, von verschiedenem Gewicht! Hat die Hauncha unterhalten – kann gehen, wohin er will!«
»Das ist eine große Ehre«, erwiderte Trebor freundlich, die Verwirrung des anderen genießend. »Unsere Gastgeber sind zu Recht stolz und gestatten nur wenigen, sich ihnen anzuschließen.«
Der Rotbart warf ihm einen schiefen Blick zu, sagte aber gewandt in perfekter Hochsprache: »'s ist überaus seltsam, Sir Amballaner, daß die frauenfeindlichen Pramantiner eine Frau entführen sollten. Welchen Grund hatten sie – sie bringen sie doch nicht als Opfer zu Tode, nachdem sie die Liebe zu den Frauen schon auf dem Altar ihrer mystischen Ambitionen geopfert haben.«
Der Fuchs hatte scharfe Zähne.
»Mir haben sie sich nicht anvertraut«, erklärte Trebor kurz.
Sheank glaubte ihm nicht, aber Trebor begann sich intensiv für die Fahrt des Schiffes zu interessieren. Die Kufen aller Sandschiffe bestanden, wie Trebor wußte, aus zwei in rechtem Winkel zusammengenagelten Brettern. Ein Stahlreifen, ein V-förmiges Band, bedeckt sie auf ganzer Länge. Hier im Salz verwendeten Wüstenschiffe schmalere Bretter, da Salz selten locker genug ist, um sie einsinken zu lassen. Die Salzdünen halten jeden Tropfen Regen oder Tau fest, aber die Oberfläche ist
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