Wo die Nacht beginnt
kleinen Gesten und Ausdrücke einzuprägen, die mir helfen würden, als Elisabethanerin durchzugehen. George sonnte sich in meiner Aufmerksamkeit und belohnte sie mit einer langen Abhandlung über seine neuesten literarischen Bemühungen. Kit, dem es gar nicht gefiel, in eine Nebenrolle gedrängt zu werden, fuhr George in die Parade, indem er anbot, aus seinem Doktor Faustus vorzulesen.
»Eine Lesung unter Freunden«, verkündete der Dämon mit glänzenden Augen. »Als Test gewissermaßen vor einer späteren Aufführung.«
»Nicht heute, Kit. Es ist schon nach Mitternacht, und Diana ist müde nach der langen Reise«, sagte Matthew und half mir aus meinem Sessel.
Kit ließ uns nicht aus den Augen, bis wir den Raum verlassen hatten. Er wusste, dass wir etwas verheimlichten. Bei jeder unzeitgemäßen Redewendung, die mir im Laufe des Gesprächs entschlüpft war, hatte er aufgehorcht, und besonders nachdenklich war er geworden, als Matthew sich nicht erinnern konnte, wo seine Laute lag.
Bevor wir aus Madison aufgebrochen waren, hatte Matthew mich gewarnt, dass Kit außergewöhnlich scharfsichtig war, sogar für einen Dämon. Ich fragte mich, wie lange es wohl dauern würde, bis Marlowe herausfand, was wir tatsächlich verbargen. Meine Frage sollte innerhalb weniger Stunden beantwortet werden.
Am nächsten Morgen lagen wir plaudernd und geborgen in unserem warmen Bett, während der Haushalt allmählich erwachte.
Anfangs beantwortete Matthew bereitwillig meine Fragen nach Kit (dem Sohn eines Schusters, wie sich herausstellte) und George (der zu meiner Überraschung nicht viel älter war als Marlowe). Doch als ich mich nach den praktischen Aspekten der Haushaltsführung erkundigte und wissen wollte, wie sich eine elisabethanische Frau zu verhalten hatte, begann er sich schon bald zu langweilen.
»Was ist mit meinen Kleidern?« Ich gab mir alle Mühe, ihn für meine Sorgen zu interessieren.
»Ich glaube nicht, dass verheiratete Frauen in so etwas schlafen«, sagte Matthew und begann an dem feinen Leinen meines Nachthemds herumzuspielen. Er löste das Band des Rüschenkragens und wollte gerade einen Kuss unter mein Ohr setzen, um mich zu überzeugen, dass meine Kleidung nicht weiter wichtig war, als jemand den Vorhang unseres Himmelbettes zur Seite riss. Ich blinzelte gegen die Sonnenstrahlen an.
»Und?«, wollte Marlowe wissen.
Ein zweiter dunkelhäutiger Dämon schielte über Marlowes Schulter. Mit seinem dünnen Körper und dem spitzen Kinn, an dem ein ebenso spitzer brauner Bart spross, erinnerte er an einen energiegeladenen Kobold. Seine Haare hatten offensichtlich seit Wochen keinen Kamm gesehen. Notdürftig bedeckte ich meinen Körper mit den Händen, denn mir war schlagartig bewusst, wie dünn mein Nachthemd war und dass ich nichts darunter trug.
»Ihr habt Master Whites Zeichnungen aus Roanoke gesehen, Kit. Die Hexe sieht ganz und gar nicht aus wie eine Ureinwohnerin aus Virginia«, erwiderte der fremde Dämon enttäuscht. Erst jetzt bemerkte er Matthew, der ihn wutentbrannt fixierte. »Ah. Guten Morgen, Matthew. Gestattet Ihr, dass ich mir Euren geometrischen Kompass ausleihe? Ich verspreche auch, ihn diesmal nicht an den Fluss mitzunehmen.«
Matthew ließ die Stirn auf meine Schulter sinken und schloss stöhnend die Augen.
»Sie muss aus der Neuen Welt stammen – oder aus Afrika.« Marlowe weigerte sich beharrlich, meinen Namen in den Mund zu nehmen. »Sie kommt weder aus Chester, noch stammt sie aus Schottland, Irland, Wales, Frankreich oder den Kolonien. Und ich glaube nicht, dass sie eine Holländerin oder Spanierin ist.«
»Euch auch einen guten Morgen, Tom. Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb Ihr um diese Zeit und in meinem Schlafzimmer über Dianas Herkunft streiten müsst?« Matthew zog die Bänder meines Nachthemds wieder zu.
»Das Wetter ist viel zu schön, um im Bett zu liegen, selbst wenn einen der Schüttelfrost um den Verstand bringt. Kit behauptet, Ihr hättet die Hexe im Fieberwahn geheiratet. Anders ließe sich diese Torheit nicht erklären.« Tom plapperte auf Dämonenart los und machte keine Anstalten, Matthews Frage zu beantworten. »Die Straßen waren trocken, und wir sind bereits vor Stunden eingetroffen.«
»Und schon jetzt ist der Wein aus«, beschwerte sich Marlowe.
»Wir«? Es waren also noch mehr Gäste gekommen? Dabei hatte ich schon jetzt das Gefühl, dass es in der Old Lodge entschieden zu voll war.
»Raus! Madame muss sich waschen, bevor sie seine Lordschaft
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