Wo fehlt's Doktor?
einen definitiven Beweis des Gegenteils stoße, bin ich mehr als bereit, Milde walten zu lassen.«
»Miß MacNish, Sie sind ein Einfaltspinsel.«
»Sir Lancelot, Sie haben eine schmutzige Phantasie.«
»Wir kommen ganz vom Thema ab. Sie müssen sofort ins Nest zurückkehren.«
»Nein.«
»Verstehen Sie nicht, meine Gute, daß ich völlig hilflos bin? Daß ich mir nicht zu helfen weiß? Ich kann mir ja nicht einmal allein mein Bett machen.«
»Daran hätten Sie denken sollen, bevor Sie anfingen, meine Katzen am Schwanz hochzuheben.«
»Kommen Sie mit mir oder nicht?«
»Nein. Möchten Sie die Blumen zurück, Sir?«
Er wandte sich ab, mit einer Mischung von Verzweiflung, Frustrierung, Schmerz über Undankbarkeit und beleidigtem Stolz. »Sie sagten, Sie entdecken eine Menge über Leute, für die Sie den Haushalt führen. Ich nehme an, das trifft auch auf mich zu?«
»Auf Sie? O ja, Sir Lancelot. Es würde ein Buch füllen.«
Angelegentlicher als zuvor beschäftigte sie sich mit dem Polieren des Silberzeugs. Er brummte und stieß die Küchentür auf und fand sich Gisela Tennant gegenüber. »Miß MacNish hat heute Geburtstag«, sagte er schnell.
Die Sekretärin blickte ihn kühl an. Er vermutete, daß sie absichtlich fast das ganze Gespräch belauscht hatte. »Es freut mich, daß Sie sich die Zeit genommen haben, ihr einen Besuch abzustatten, Sir Lancelot.«
»Obwohl ich ihr nichts von Wichtigkeit zu sagen hatte. Überhaupt nichts.«
»Dessen bin ich sicher.«
Sir Lancelot stieg unbehaglich von einem Fuß auf den andern. »Vor kurzem traf ich den Psychiatrieprofessor von High Cross. Ich glaube, Sie haben für ihn vor Ihrer Hochzeit gearbeitet.«
»Es wäre mir angenehmer, wenn meine Ehe aus dem Spiel bliebe. Das ist ein sehr schmerzliches Thema.«
»Es tut mir außerordentlich leid...«
»Übrigens befindet sich mein Mann nicht in Australien, sondern im australischen Teil von Neu-Guinea. Ich nehme an, bis dorthin sind Sie nicht vorgedrungen?« Ihre Augen weiteten sich ein wenig, als sie bemerkte, daß Sir Lancelot zu zittern anfing. Er blickte suchend umher. Chelsea, die dicke Schwarze, kam langsam herunter. Mit einem leisen Lächeln beobachtete Gisela, wie Sir Lancelot seine Fäuste ballte, um sich zu beherrschen. Die Katze blieb am unteren Stiegenabsatz stehen. Sie blickte Sir Lancelot starr an, als wüßte sie um die inneren Zuckungen, die sie verursachte. Dann stieß sie die halboffene Tür zur Küche und zu ihrer Wohltäterin auf. »Sie scheinen Fortschritte zu machen, Sir Lancelot«, sagte Gisela mit gedämpftem, aber deutlichem Hohn.
»Ich gebe offen zu, daß Dr. Bonaccords Behandlung mir sehr geholfen hat.«
»Er wird dieses Kompliment sicher genauso zu schätzen wissen wie ich. Wir wissen beide, daß Sie eine eher geringe Meinung von Psychiatern haben.«
»Das ist nicht fair«, sagte er böse.
»Wirklich? Nun, vielleicht sind all diese Bemerkungen, die man Ihnen über dieses Thema zuschreibt, böswillige Erfindungen. Es ist bemerkenswert, was man alles aus zufällig aufgeschnappten Gesprächsfetzen erfahren kann. Dinge, die nicht nur überraschen, sondern einem die Rede verschlagen, weil sie so völlig aus der Luft gegriffen sind. Es wäre mir angenehm, Sir Lancelot, wenn Sie zur Kenntnis nähmen, daß Dr. Bonaccord ein weithin angesehener und einflußreicher Mann ist.«
»Ich habe überhaupt nichts gegen seine beruflichen Fähigkeiten...«
»Es geht so weit, Sir Lancelot, daß ihm erst vorige Woche der Posten des Vizekanzlers an einer Universität angeboten wurde.«
Sir Lancelot fuhr zusammen. »Bonaccord? Was für ein erstaunlicher Zufall.«
»Er wurde von einem Parlamentsmitglied kontaktiert und er war - vielleicht interessiert Sie das - schon so nahe daran, die Berufung anzunehmen, daß die offizielle Verlautbarung bereits nächsten Montag herauskommen sollte. Aber schließlich kam Dr. Bonaccord zur Überzeugung, daß es für ihn wichtiger sei, die Geisteskranken im St. Swithin zu behandeln.«
»War es - Hampton Wick?«
»Komisch. Sie haben ganz recht- dabei sollte es ein hundertprozentiges Geheimnis bleiben. Was ist Ihnen, Sir Lancelot? Schon wieder eine Katze?«
»Wenn Sie mich entschuldigen wollen... Ich muß mich beeilen... Komme sonst zu spät ins St. Swithin...«
Gisela öffnete die Haustür. »Wir freuen uns immer, Sie hier zu sehen, Sir Lancelot. Wenn Sie jedoch wieder den Wunsch hegen sollten, mit Miß MacNish in ihrer Arbeitszeit ein Plauderstündchen zu halten,
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