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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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bin nicht gewillt, weitere unsinnige Fragen zu beantworten.« Sir Lancelot stand auf. »Ich führe einen Adelstitel; ich bin Chefchirurg am St.-Swithin-Spital und aus dieser Visitenkarte ersehen Sie meine Adresse. Wenn Sie der Meinung sind, daß meine sittliche Führung und meine Stellung in der Welt irgendwelchen Maßstäben, die Sie sich zufälligerweise gesetzt haben, entsprechen, dann schicken Sie mir, bitte, eine Dame. Wenn ihr mein Gesicht nicht gefällt oder mir nicht das ihre, ist die Sache damit beendet.«
    »Zumindest sehen Sie den Vorgang von der vernünftigen, praktischen Seite an.«
    »Ich bin ein vernünftiger, praktischer Mensch. Ihr Honorar bekommen Sie auf jeden Fall. Plus, natürlich, die Reisespesen der Betreffenden.«
    »Das ist fast zu praktisch.«
    »Wie Sie wollen. Ich werde heute abend zu Hause sein.«
    Sir Lancelot stapfte hinaus. Er bemerkte auf dem gegenüberliegenden Gehsteig eine Telefonzelle und überquerte hastig die Straße. Er wählte die Nummer von Frankies Londoner Wohnung, aber niemand meldete sich. Zum zweitenmal schon, seit der Doktor Bonaccord verlassen hatte, versuchte er, sie zu erreichen; er hatte ein Hühnchen mit ihr zu rupfen.
     

20
     
    In einem weißen Mantel, das Stethoskop aus der Tasche baumelnd, ein Notizbuch unterm Arm, kam Muriel an jenem Morgen kurz vor acht aus den Krankensälen in den Studenten-Aufenthaltsraum. Der lange, düstere, ebenerdige Raum mit den abgeschabten Ledersofas, den zerkratzten Tischen, den überfüllten Ankündigungstafeln und den Bergen von Zeitungen, medizinischen Zeitschriften, Notizen über Krankheitsfälle und weggeworfenen Studentenheften sah, obwohl er jeden Morgen aufgeräumt wurde, so unordentlich aus wie ein Kindergarten. Befriedigt nahm sie zur Kenntnis, daß die Telefonzelle in der Ecke leer war. Dann sah sie mit weit weniger Befriedigung ihren Bräutigam, der, vertieft in die Grundzüge der Medizin, neben der Telefonzelle saß.
    Edgar Sharpewhistle blickte auf. »Hallo, Schatz!«
    »Hallo.«
    »Ich hab’ gerade nachgedacht. Wohin möchtest du eigentlich in die Flitterwochen fahren?«
    »Oh, wohin du willst.«
    »Was hältst du von Cornwall?«
    »Ich habe nichts dagegen.«
    »Es ist dort natürlich nicht viel los. Aber wenn wir auf Flitterwochen sind, haben wir ja sozusagen unseren eigenen Spaß, nicht wahr?«
    »Wirklich?«
    »Ich meine, darum geht es doch im Grunde.«
    »Worum geht es?«
    »Daß wir Spaß haben. Miteinander.«
    »Wovon sprichst du?«
    »Ein bißchen übereilt, diese Hochzeit.« Sharpewhistle beschloß, das Thema nicht weiter zu verfolgen. »Meine Familie aus Pontefract muß herkommen. Ein Trauzeuge muß gefunden werden. Und ich glaube, du wirst ein paar Brautjungfern brauchen.«
    »Im Gegenteil. Ich würde es vorziehen, die ganze Vorstellung ohne Publikum ablaufen zu lassen. Wir brauchen nur zwei Trauzeugen. Mir würden zwei Passanten von der Straße vollauf genügen.«
    »Und wo möchtest du wohnen?«
    »Das ist mir egal.«
    »Ich habe von einer Zweizimmerwohnung in der Nähe meiner Bude gehört - hinter dem Autobusbahnhof. Sie ist natürlich ein bißchen teuer - aber das ist es überall.« Er hielt noch immer den Zeigefinger auf eine bestimmte Stelle in seinem Lehrbuch. »Schade, daß ich nicht zu euch in die Lazar Row ziehen kann - wenigstens bis das Kind auf die Welt kommt. Obwohl ich annehme, daß ihr alle von dort auszieht, wenn dein Vater Vizekanzler von Hampton Wick wird.«
    »Er wird es nicht. Er hat abgelehnt.«
    Sharpewhistle blickte betreten drein. »Warum hat er das getan?«
    »Er hatte das Gefühl, daß ihn dann zu viele Leute aus St. Swithin um Posten bestürmen würden.« Das Telefon läutete. Sharpewhistle machte sich daran, aufzustehen.
    »Es ist für mich«, sagte sie zu ihm.
    »Wieso weißt du das?«
    »Übersinnliche Wahrnehmungsgabe.«
    Muriel betrat die Telefonzelle und schloß die Tür. Sharpewhistle wandte sich wieder den Grundzügen der Medizin zu. Plötzlich merkte er, daß jemand in einem weißen Mantel auf dem Ledersofa neben ihm saß.
    »Und wie fühlt sich der glückliche Bräutigam?« wollte Tulip Twyson wissen.
    »Du weißt davon?«
    »Muriel hat es mir erzählt. Obwohl ihr uns im Spital nicht gerade auf dem laufenden haltet.«
    »Muriel ist in derlei Dingen sehr zurückhaltend.«
    Sie beschloß, ihn mit ihrer Kenntnis seiner Vaterschaft zu verschonen. »Ich muß sagen, es hat mir einen kleinen Schock versetzt.«
    »Mir auch.«
    »Wann hat das alles angefangen?«
    Sharpewhistle

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