Wo ich zu Hause bin
und wie sie für die Kinder trotz aller Mobilität Heimat bleiben kann.
In Gesprächen erlebe ich oft Menschen, die dort, wo sie herkommen, nicht mehr leben können oder wollen. Sie haben den Eindruck, dass ihnen alles zu fremd geworden ist. Sie haben verletzende Erfahrungen gemacht. Beruflich sind sie an eine Grenze gestoßen. Jetzt möchten sie neu anfangen. Und so fragen sie sich, wo sie sich niederlassen wollen. Die einen achten darauf, wo sie eine geeignete Arbeit finden. Andere spüren sich jedoch in die Gegend hinein, ob sie dort Heimat erlebenkönnten. Und sie beobachten die Menschen. Können sie mit diesem Menschenschlag heimisch werden? Die einen zieht es mehr nach dem Süden. Dort ist es für sie gemütlicher. Die Nähe zu den Bergen fasziniert sie. Andere haben den Eindruck, dass für sie der Norden stimmiger ist, weil sie sich von ihrer Herkunft her eher dem Norden verwandt fühlen. Viele werden aber gar nicht gefragt, wo sie hinziehen möchten. Sie werden beruflich einfach in eine bestimmte Gegend verschlagen. Dann müssen sie sich bemühen, dort, wo sie von außen her hinziehen mussten, auch heimisch zu werden. Das hängt davon ab, ob sie in ihrer Umgebung Freundschaft schließen können mit den Nachbarn, mit den Arbeitskollegen oder mit den Menschen der Pfarrei oder mit den anderen Eltern, die wie sie ihre Kinder in den gleichen Kindergarten oder in dieselbe Schule schicken. Manchen gelingt es, an einem neuen Ort so etwas wie Heimat zu erfahren. Andere fühlen sich auch nach Jahren dort noch nicht daheim.
IMPULS
Wenn du dein Leben mit den verschiedenen Umzügen anschaust, wo hast du dich daheim gefühlt? Konntest du an allen Orten, an die dich dein Beruf verschlagen hat, Wurzeln schlagen und daheim sein? Hast du in dir die Fähigkeit, dich überall daheim zu fühlen, wo du Menschen triffst, mit denen du Freundschaft schließen kannst? Oder ist dein Freundeskreis für dich Heimat, der unabhängig von deinem Wohnort ist? Wenn du die verschiedenen Qualitäten deiner bisherigen Wohnorte betrachtest, was hat den Ausschlag gegeben, dass du dich daheim gefühlt hast? Sind es die Menschen, die Städte, die Landschaft oder die Ausstrahlung des Ortes? Was kannst du jetzt an deinem Wohnort tun, damit du dich beheimatet fühlst? Genügt dir dein Freundeskreis, sodass du gar kein Bedürfnis hast, dich dort einzuwurzeln? Oder ist in dir auch eine Sehnsucht, dich dort, wo du lebst, daheim zu fühlen? Wenn du nach all den Wohnungswechseln an den Ursprungsort denkst, von dem du ausgezogen bist, was verbindest du heute mit deiner ursprünglichen Heimat? Hat sie noch den Geschmack der Heimat oder ist sie einfach nur eine kurze Episode in deinem Leben? Und wenn sie den Geschmack der Heimat hat, was macht diesen Geschmack aus?
Heimat in der virtuellen Gesellschaft
Heimat und Zugehörigkeit
Z ugehörigkeit ist ein Grundbedürfnis junger Menschen heute. Wenn sie nicht zu einer Gruppe gehören, fühlen sie sich minderwertig. Zugehörigkeit gibt Sicherheit, gibt Geborgenheit. Wenn sich Jugendliche einer Gruppe zugehörig fühlen, wissen sie sich aufgefangen. Die große Not junger Menschen ist die Unsicherheit, ob die Familie trägt. Sie haben Angst, die Familie könnte zerbrechen. Dann trägt sie kein Netz mehr. Dann fängt sie niemand auf. Um dieser Angst zu entgehen, schaffen sie sich selbst Gruppen, zu denen sie sich zugehörig fühlen. Diese Gruppen sind Ersatz für die Familie, die sich immer mehr als brüchig erweist. Gerade in unserer offenen Welt, in der alle mit allen vernetzt sind, haben viele junge Menschen Angst, aus dem Netz zu fallen. Sie ahnen, dass das virtuelle Netz immer nur ein Netz auf Zeit ist und sie nicht auf Dauer trägt. Daher ist für viele Jugendliche neben dem virtuellen Netz die Zugehörigkeit zu einer konkreten Gruppe so wichtig. Wenn sie in dieser Gruppe anerkannt sind, wenn sie sich dazugehörig fühlen, dann fühlen sie sich sicher, dann entsteht so etwas wie Heimatgefühl.
Das Wort Zugehörigkeit kommt von Hören. Dort, wo ich gehört werde, wo man mir zuhört und wo ich selbst Worte höre, die mich berühren und bewegen, fühle ich mich zugehörig. Die Sehnsucht, gehört zu werden, wahrgenommen zu werden, sprechen zu dürfen, was ich denke, und dabei Ohren zu finden, die mir zuhören, die mich ernst nehmen, ist gerade bei Jugendlichen sehr groß. Sie haben oft das Gefühl, dass ihnen ihre Eltern nicht mehr zuhören. Sie sollen nur hören, was die Elternsagen. Doch sie haben keine
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