Wo Licht im Wege steht
vorbeifahrenden Autos geriet. Nach einem längeren Fußmarsch kam ich zu einem kleinen Restaurant, das noch geöffnet war. Ich fand auch sogleich die Telefonzelle und wählte die Nummer von Bertha Cools Wohnung. Es dauerte eine Weile, bis sie sich meldete. Diese nächtliche Störung war nicht nach ihrem Geschmack.
»Was gibt’s?« fragte sie kurz.
»Hier ist Donald, Bertha«, sagte ich, »ich möchte, daß du mich abholst.«
»Den Teufel werd’ ich tun«, erwiderte Bertha. »So eine Unverschämtheit... Ich soll dich abholen? Was denkst du dir eigentlich...?«
»Es könnte noch wichtig werden«, sagte ich. »Ich bin hier draußen auf dem Valey Boulevard in einer kleinen Straßenkneipe, und es ist nicht nötig, daß man mich hier sieht. Ich warte vor der Tür. Komm so schnell, wie du kannst!«
»Zum Teufel mit dir. Nimm dir ein Taxi...«
»Wenn ich mir ein Taxi nehme, könnte sich der Fahrer morgen an mich erinnern. Womöglich würdest du dann meinen Namen in den Zeitungen finden.«
»Laß doch deinen Namen in der Zeitung stehn, wen kümmert’s schon«, fauchte Bertha in den Hörer.
»Es könnte ein schlechtes Licht auf unsere Agentur werfen, dachte ich mir.«
»Zum Teufel mit der Reputation! Was ist das schon? Es...«
»Es könnte uns aber auch finanziell schaden...«
Bertha verstummte. Es war, als hätte ich ihr meine Hand auf den Mund gelegt. Zwei oder drei Sekunden schwieg sie, aber ich hörte ihr erregtes Atmen. Ihr Ärger war groß, denn sie begann allmählich zu keuchen, als sei sie drei Treppen hinaufgestiegen.
»Nun?« fragte ich schließlich.
»Also gut, ich komme. Wie ist die Adresse?«
Nachdem ich sie ihr gegeben hatte, legte ich den Hörer auf.
3
Es dauerte gut dreißig Minuten, bis Bertha Cool erschien. Sie hielt den Wagen mit einem Ruck an, dann ging ich hinten herum, öffnete die Tür und setzte mich neben sie. Bertha streckte ihr Kinn kriegerisch nach vorn. Ihre kleinen, tiefliegenden Augen funkelten mich bösartig an.
»Was zum Teufel, hast du nur wieder angestellt?« fragte sie.
»Weiß ich noch nicht.«
»Dann ist es höchste Zeit, daß du es herausbekommst.«
Sie schaltete derart kurz durch sämtliche Gänge, daß der Motor laut aufheulte, und bog schließlich in einer wilden U-Kurve auf die freie Straße.
»Schönes Wetter haben wir eigentlich noch für diese Jahreszeit«, bemerkte ich so nebenbei.
»Zum Teufel mit dir«, antwortete sie.
So fuhren wir dann schweigend weiter.
Nach einer Weile konnte sie ihre Neugier nicht mehr bezähmen.
»Also gut, erzähl mir. Worum handelt es sich?«
»Laß mich von Anfang an berichten. Du erinnerst dich, daß ich heute nachmittag diesen Mann beschattet habe?«
»Ja, wir sollten im Auftrag einer Klientin den Namen und die Identität dieses Burschen feststellen, der versucht, irgendwelche Aktien zu verkaufen. Gab es Schwierigkeiten?«
»Nein, keineswegs«, antwortete ich. »Es war sehr einfach. Ich erwartete ihn dort, wo ich ihn angeblich finden würde, und ich hatte auch keine Schwierigkeiten, ihm zu folgen. Er fuhr von dort aus auf direktem Weg zu dem Westchester-Arms-Hotel, ging zum Portier und bekam seinen Zimmerschlüssel. Es war dann ziemlich einfach, herauszubekommen, daß er unter dem Namen Thomas Durham seit zwei Tagen in diesem Hotel wohnt. Von seinem Beruf wußte man allerdings nichts. Ich entschloß mich dann, noch auf den Nachtportier zu warten. Er sollte um sechs Uhr seinen Dienst antreten. Vielleicht konnte er mir noch nähere Auskünfte geben. Und da es bereits halb sechs war, setzte ich mich in die Halle und las Zeitungen.«
»Weiter«, drängte Bertha, »erzähl mir doch nicht all diese unwichtigen Einzelheiten. Ich habe selbst mein Sitzfleisch schon zu Tode gefoltert mit dem Herumlungern in Hotelhallen und dem Warten auf Nachtportiers. Wenn ich richtig verstanden habe, sitzt du wieder bildschön in der Tinte, und dann spielt doch stets bei dir eine Frau die Hauptrolle. Wo steckt das Pflänzchen also?«
»Wenn ich das nur selbst wüßte!«
»Sicherlich wieder so eine rothaarige Circe. Konntest du sie nicht in Ruhe lassen?«
»Diesmal ist es aber ein honigblondes Bienchen, eine seidenhäutige...«
»Hör schon auf!« stöhnte Bertha. »Wenn ich mir je wieder einen Partner nehme, dann muß er über Sechzig sein und...«
»Damit würdest du dich nicht verbessern, Bertha«, belehrte ich sie. »Die Knaben über Sechzig sind noch viel anfälliger. Die kann jedes halbwegs gutaussehende Mädchen spielend um
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