Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)
genervt, weil mir alles über den Kopf wuchs. Und bestimmt habe ich manchmal auch Fehler gemacht. Aber ich wollte nicht, dass Linus etwas passiert. Bitte, das musst du mir glauben!”
“Und hast du ihm dieses alte Bild von Paul und mir gezeigt und ihm eingeredet, dass seine Eltern meinetwegen Streit hatten? Und dass mein Vater deshalb auf die Idee mit dem Ausflug kam, der hinterher allen zum Verhängnis wurde? Nun sag schon!”
Susanna senkte den Blick. “Es tut mir leid”, flüsterte sie.
“Wir haben dir vertraut, Susanna! Ist dir eigentlich klar, was du mit deinem Verhalten beinahe angerichtet hättest?”
“Finja, bitte glaub mir: Wenn es sich irgendwie ungeschehen machen ließe …”
“Das ist leider nicht möglich.” Finja dachte nach. Susannas Verhalten war unverzeihlich, und eines stand fest: Wenn das alles vorbei war, würde sie sie nie wiedersehen wollen. Doch noch war die Geschichte nicht zu Ende. “Aber du kannst etwas anderes für mich tun”, sagte sie nachdenklich.
Susanna zog sich die blonde Perücke vom Kopf und erwiderte Finjas Blick ernst. “Alles. Sag mir einfach, was du von mir willst, und ich werde es tun.”
Zur selben Zeit stand Sander am Fenster des Arbeitszimmers und hielt ungeduldig nach dem Expressboten Ausschau. Sein Assistent Matthew hatte bereits vor zwei Tagen eine Sendung mit wichtigen Unterlagen aus New York losgeschickt, die er händeringend benötigte. Angeblich sollte die Lieferung noch heute stattfinden.
Als er den Wagen des Kurierdienstes erblickte, der sich über die schmale Zufahrtsstraße vom Ort her näherte, eilte er sofort nach unten und lief dem Boten entgegen.
“God dag”
, sagte der Mann und rückte seine dunkelblaue Schirmmütze zurecht. “Bin ich hier richtig bei Sommerdal?”
“Ja”, antwortete Sander. “Sie haben einen Eilbrief aus New York für mich?”
Der Mann überreichte ihm einen großen Umschlag mit Kartonrücken, den Sander sich sofort unter den Arm klemmte.
“Tack”
, sagte er.
Der Kurierbote tippte sich an den Mützenschirm und kletterte zurück in seinen Wagen. Sander kehrte ins Haus zurück und lief, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Kaum im Arbeitszimmer angekommen, riss er den Umschlag auf und griff hinein. Doch anstatt der erwarteten Geschäftsdokumente beförderte er zu seiner Überraschung ein Hochglanzprospekt für ein Krankenhaus daraus zutage, auf dem ein handgeschriebener Notizzettel klebte.
Hier ein paar Informationen, die dich in deinem “Zustand” vielleicht interessieren dürften.
Liebe Grüße, Kelly.
Sander runzelte die Stirn. Das war ganz offensichtlich nicht die Expresslieferung aus New York, die er erwartet hatte. Er sah sich den Umschlag noch einmal genau an und erkannte seinen Fehler: Der Brief war nicht an ihn, sondern an Finja adressiert. Und Kelly war, wenn er sich recht erinnerte, der Name ihrer Assistentin in der Galerie. Aber warum schickte sie Finja Informationsmaterial über ein Hospital in Stockholm? Ein eisiger Schreck durchfuhr ihn. Finja war doch nicht etwa krank? Aber wenn dem so war, warum verheimlichte sie es dann vor ihm? Ohne lange darüber nachzudenken, blätterte er den Prospekt durch. Schon nach ein paar Seiten war ihm klar, dass es sich hier nicht um ein ganz normales Krankenhaus handelte, sondern um eine Klinik ausschließlich für Frauen.
Für schwangere Frauen, um genau zu sein.
Bedeutete das, dass Finja schwanger war? Das würde zumindest erklären, warum sie in letzter Zeit immer so bleich und kraftlos wirkte. Er hatte es auf den Stress und die Anspannung geschoben, die der Kampf um das Sorgerecht ihres kleinen Neffen mit sich brachte. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, dass sie möglicherweise ein Kind erwartete. Aber wenn dem tatsächlich so war, warum hatte sie ihm bisher nichts davon gesagt? Und warum schickte ihre Assistentin ihr eine Infomappe über eine Klinik? Sie war schließlich nur schwanger, und nicht krank!
Doch dann dämmerte ihm, warum Finja ihren Zustand bisher vor ihm verheimlicht hatte, und der Schock fuhr ihm bis ins Mark. Dieses Krankenhaus führte nämlich unter anderem auch Schwangerschaftsabbrüche durch.
Sanders Blut schien zu Eis zu gefrieren. Hieß das etwa …? Mit beiden Händen fuhr er sich durchs Haar. Noch immer fiel es ihm schwer, die Tragweite dessen, was er da soeben herausgefunden zu haben glaubte, zu erfassen. Finja war schwanger – und wollte das Kind ganz offensichtlich nicht. Sie musste ihre Assistentin
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