Wo Tiger zu Hause sind
schildert, dass dieses Volk den Winden einen Tempel erbaute. Die Perser folgten diesem Beispiel:
Sacrificant Persæ
, schreibt Herodot,
soli & lunæ & telluri & igni & aquæ & ventis.
[14] Dies bestätigt Strabo in fast denselben Worten.
Die Griechen nun sollten es beiden vorgenannten Völkern gleichtun; als Xerxes Griechenland bedrohte, riet das Orakel von Delphi, man solle sich die Winde gewogen machen, um deren Hilfe zu erhalten. So opferte man ihnen auf einem ihnen geweihten Altar, & die Flotte des Xerxes wurde von einem Sturm zerstreut. Plato berichtet in seiner
Phädra
, es habe seinerzeit in Athen einen dem Winde Bora geweihten Altar gegeben. Und Pausanias lehrt uns, auch in Sykion sei ein Altar den Opfern bestimmt gewesen, mit denen die Wut der Winde besänftigt werden sollte.
Auch die Römer gaben sich ähnlichen Vorstellungen hin. Den Winden des Winters opferten sie ein schwarzes Schaf, den milden Zephiren ein weißes, so schildert es Vergil. Als der eigentlich so aufgeklärte Kaiser Augustus sich in der Gallia Narbonensis aufhielt, war er so verblüfft von der Gewalt eines
Circius
genannten Windes – die Bewohner von Narbonne nennen ihn auch heute noch den Wind von Cers –, der Häuser zum Einstürzen brachte & die stärksten Bäume entwurzelte & doch der Luft eine wunderbare Reinheit verlieh, dass er gelobte, ihm einen Altar zu errichten, was er dann auch tatsächlich tat. Seneca beschreibt dies in seinen
Naturwissenschaftlichen Untersuchungen
.
Die Skythen schließlich schworen bei den Winden und bei ihrem Schwerte & erkannten beide folglich als Götter an.
Der Mensch, den man immer als einen Mikrokosmos angesehen hat, also als eine kleine Welt, hat seine Winde ebenso wie die große. Diese bewirken in den drei Regionen seines Körpers ebenso wie in den drei Klimazonen Stürme & Gewitter, wenn sie zu reichlich werden & zu schnell, & erfrischen so das Blut, die tierischen Triebe & die festen Teile und verleihen dem ganzen Leibe Gesundheit, wenn sie sanft & in ihren Bewegungen geregelt sind; doch braucht es nur ein Übermaß von gefangenen Winden, um eine unheilbare Kolik zu bewirken oder eine windige Wassersucht oder eine Darmverschlingung, tödliche Krankheiten mithin. So schrieben die Ägypter diesen Winden der kleinen Welt, die Krankheit oder Gesundheit des menschlichen Leibes bewirken, göttliche Kräfte zu. Hiob scheint ihre Haltung zu bestätigen, indem er sagt: ›Gedenke, dass mein Leben mir ein Hauch ist.‹ Allerdings zogen sie den Furz allen anderen Winden dieser kleinen Welt vor, vielleicht, weil er der sauberste darunter ist, oder aber, weil er beim Ausbruch aus seinem Gefängnis einen dem Donner ähnlichen Ton verursacht & aus diesem Grunde von den Ägyptern als ein kleiner Donnergott betrachtet wird, der Anbetung würdig.
Danken wir aber Gott, dass er uns mit Hilfe des Lichtes des Glaubens von all diesen Verirrungen befreit hat, & welche Kräfte der Natur auch immer wir als uns wohltätig oder nachteilig ansehen, wir sollten sie als nichts denn Stufen auf einer geheimnisvollen Leiter betrachten, über welche wir uns zur Anbetung des Weltenschöpfers hinbewegen, der uns durch Verabreichung kleinerer und größerer seiner Schöpfungen betrübt oder erfreut, ganz nach dem unergründlichen Ratschluss seiner Vorsehung.«
Kristina von Schweden war ob dieser Ausführungen entzückt. Sie versprach meinem Meister, ihn jedenfalls beim Unterhalt & Ausbau seines Museums zu unterstützen, dann verließ sie uns. Athanasius war erschöpft, doch zufrieden, diesem Sturmwind so gut widerstanden zu haben; er schlief acht Stunden am Stück, was ihm schon lange nicht mehr geschehen war.
Kircher hatte sich seiner Aufgabe hervorragend entledigt; unverzüglich begab er sich jetzt wieder an seine Studien. Die durch den
Œdipus Ægyptiacus
ausgelöste Ruhmeswoge spülte weiterhin über uns hinweg, & er hatte kaum Zeit, um Tag für Tag auf die Fragen und Ehrungen zu reagieren, die von überallher eintrafen. Zu jener Zeit, so meine ich mich zu erinnern, war es, dass er von einem gewissen aus Prag gebürtigen Markus ein äußerst seltenes Manuskript verehrt bekam, welches unentzifferbar schien, da durch und durch in einer künstlichen Sprache gehalten. Athanasius erkannte es als den fehlenden Teil des
Opus Tertium
des Philosophen Roger Bacon & plante für später eine Übersetzung, die zu unternehmen er leider nie Gelegenheit hatte.
Das Jahr 1656 verging wie ein Traum. Nichts konnte die
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