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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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unsterblicher Geist, ebenso wie die anderen Fremden. Sie durfte ohne Furcht das Männerhaus betreten und die heiligen Gegenstände sehen, die sie selbst dem Volk der Apapoçuva vermacht hatte. Sie würden tanzen, um Nandeçys Gunst zu erwerben, um ihr zu danken, dass sie mit Qüiririche gekommen war, und dann würden sie alle miteinander aufbrechen zum Land-ohne-Schmerzen …
    Das Männerhaus war eine schlichte große Hütte, in der die Männer des Stammes sich zu verschiedenen rituellen Anlässen versammelten. Viel enthielt sie nicht, nur ein paar Matten, verschieden große Kalebassen, ein paar niedrige Bänke und mehrere Teile am Mittelpfosten hängenden Federschmuck. Durch die grob geflochtenen Palmblätter der Wände fiel gestreiftes Licht herein. Die Hitze war erdrückend.
    Sobald die Indios draußen waren, löste Elaine zwei Aspirin und die letzte Sulfonamid-Tablette in einer Feldflasche auf und gab sie Detlef zu trinken. Wie gern hätte sie etwas Beruhigendes zu ihm gesagt, aber ihr fiel nichts ein, so sehr hätte sie selbst Zuspruch benötigt. Petersen verfolgte ihre Bemühungen mit zweifelnder Miene. ›Der ist sowieso hinüber‹, sprach es aus jeder Falte seines Gesichts.
    »Ich fasse es nicht«, sagte Mauro. »Was sollen wir tun?«
    Elaine gab sich einen Ruck, um die Hoffnungslosigkeit abzuschütteln, und sprach fast mechanisch:
    »Wir warten ein bisschen, dann wandern wir weiter …« Sie blickte zu Detlef, der schwer atmend eingeschlafen war, mit flatternden Lidern und zusammengebissenen Zähnen: »Wir müssen ihnen irgendwie klarmachen, was wir brauchen …«
    »Das könnte dauern«, meinte Mauro skeptisch.
    »Weißt du was Besseres?« Das war recht barsch herausgekommen, und sie entschuldigte sich sofort: »Achte nicht auf mich, bitte … ich weiß nicht mehr weiter.«
    »Einer von uns beiden … ich meine Petersen und mich, einer von uns könnte vielleicht allein weitergehen?«
    »Ohne Yurupig als Führer? Keine Chance.«
    Mauros Gesicht hatte sich verdüstert:
    »Glauben Sie wirklich, dass … dass die Yurupig …«
    »Ich hoffe nicht, aus tiefstem Herzen. Nicht nur wegen uns, er ist ein guter Kerl, es wäre schlimm, wenn ihm etwas passiert wäre. Aber wie sollen wir es erfahren?«
    Die Türmatte wurde hochgehoben, und zwei Indios schlüpften in die Hütte. Wie von Elaine hypnotisiert, stellten sie eine Schale voller Früchte vor sie hin, einen Napf mit einer undefinierbaren bräunlichen Flüssigkeit und eine Kalebasse mit Wasser. Der eine redete hastig auf sie ein und deutete dabei auf die Nahrungsmittel, der andere stellte den gestohlenen Rucksack dazu, stand dann starr da und bestaunte die Fremden, bis sein Freund ihn hinauszog.
    »Die gönnen uns was, wie es aussieht …« Petersen, der sich auf eine der Schlafmatten gelegt hatte, war aus seinem Dösen erwacht.
    »Offenbar«, antwortete Elaine und öffnete den Rucksack. »Sie haben nichts genommen, nur die Fossilien … Wirklich seltsam.«
    Mauro kniete am Eingang und spähte durch die Spalten der Matte hinaus.
    »Was machen sie?«, erkundigte sich Elaine.
    »Es ist ganz schön was los. Ein paar fegen den Boden, andere bereiten eine Art Scheiterhaufen vor … die Frauen arbeiten um die Wette mit den Mörsern … Sie scheinen ein Fest vorzubereiten oder so was in der Art.«
    »Und wo ist der Topf, in dem sie uns kochen wollen?« Da sein Scherz niemanden erheiterte, drehte Herman sich auf seiner Matte um und grunzte: »Ihr geht mir allesamt auf den Sack. Al-le-samt!«
     
    Die Indios bemalten sich gegenseitig, verzierten sich die Gesichter mit blutroten Ornamenten, die wohl aus ferner Vorzeit überliefert waren. Schüsseln voller roter
urucu
-Paste gingen von Hand zu Hand; hintereinander hockend, flöhten die Kinder einander und knusperten gierig die im Schopf des Vordermanns erjagte Beute weg. Schultern wurden mit Ara- oder Tukanfedern geschmückt, die mit Schlamm eingestrichenen Haare mit Daunen berieselt. Die Männer schienen sich möglichst rasch in Urwaldvögel verwandeln zu wollen … Egal wie lange Mauro sie beobachtete, er konnte keinen Hinweis auf irgendeinen Kontakt mit der Zivilisation entdecken. Frauen und Kinder waren vollkommen nackt; Männer und Heranwachsende trugen nichts als eine Bastschnur um die Hüften, an der ihre Vorhaut auf dem Bauch klemmte. Abgesehen von den beiden Macheten war kein Objekt aus Metall zu sehen: Steinhacken, Messer aus Bambusspänen, Kalebassen oder grob aus Lehmwürsten gefertigte Töpfe. Dank

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