Wo Tiger zu Hause sind
hinzusenden …«
»Ich habe Ihnen ja gesagt, man kann Detlef vertrauen! Das ist doch eigentlich eine gute Nachricht, oder?«
»Wenn man so will …«, sagte Carlotta. »Kein Mensch kann erklären, warum sie nicht bei dem Schiff geblieben sind, und ich bin einfach pessimistisch, ich weiß auch nicht, warum. Sie verstehen meine Sorgen sicher, Sie sind ja in einer vergleichbaren Situation … Aber lassen wir das Thema, ja?«
Eléazard verstummte, als ihm endlich bewusst wurde, dass Elaine sich lange vor ihrem Verschwinden im Mato Grosso aus seinem Leben verabschiedet hatte … Die offizielle Nachricht, dass sie umgekommen sei, würde ihm, da war er auf einmal überzeugt, nichts als konventionelle Floskeln entlocken.
»Loredana ist nach Italien zurückgeflogen …«, sagte er, ohne sich bewusst zu sein, wie grob das war.
»Das wissen wir«, sagte Doktor Euclides einfach, »darum habe ich Sie auch so früh am Tage kommen lassen. Zu früh, wenn ich Ihre Transpiration richtig deute: Sie stinken nach Zuckerrohrsprit wie ein Autobus, mein Lieber …«
»Lassen Sie ihn doch!«, unterbrach ihn Carlotta. »Das ist nicht wahr, Monsieur von Wogau, wirklich nicht …«
»Ich bin dran gewöhnt …« Aber Eléazard errötete doch. »Wie haben Sie es erfahren?«, fragte er Euclides.
»Sie hat sich von mir verabschiedet, bevor sie zum Flughafen fuhr. Wirklich ein liebes Mädchen … Seien Sie ihr nicht allzu böse: Manchmal braucht man mehr Schneid, um aus dem Spiel auszuscheiden, als um weiterzumachen …«
»Hat sie Ihnen alles erzählt?«
»Wenn Sie mit ›alles‹ ihre Krankheit meinen: ja.«
»Glauben Sie, dass …«
»Nein«, unterbrach Doktor Euclides ihn sofort. »Ich weiß, woran Sie denken, aber das ist ausgeschlossen. Es heißt, ihre Entscheidung als das zu akzeptieren, was es ist, nämlich die Weigerung, sich über sich selbst und die anderen zu belügen. Das war keine reine Laune, wissen Sie …«
»Ich verstehe«, sagte Eléazard traurig, »aber gutheißen kann ich das nicht.«
»Das bedeutet leider, dass Sie überhaupt nichts verstehen«, schloss Doktor Euclides trocken.
São Luís
Etwas Einfaches, Rationelles.
»Wieder und wieder hab ich es ihm gepredigt: Erst das Studium abschließen, und danach kannst du tun, was du willst … Aber Sie wissen ja selbst, wie das ist, vor allem in diesem Alter: Red mit meinem Arsch, wie man vulgär so sagt, mein Kopf funktioniert nicht … Er ist nicht mal zur Abschlussprüfung gegangen! Ah, also wirklich. Sie rauchen immer noch so viel, wie ich sehe … Wird eine gute halbe Stunde dauern … Ich hätte das lieber auf zwei Termine verteilt, aber bitte. Auf die Dauer könnte es Ihnen ein bisschen weh tun, geben Sie mir ein Zeichen, wenn Sie eine kleine Pause brauchen. Kátia, Absauger bitte … Seine E-Gitarre, was anderes interessiert ihn nicht. Aber immerhin, der Junge scheint Talent zu haben und gar nicht wenig … Ich kenne mich damit ja nicht so aus, zugegeben, aber wenn er spielt, das geht so richtig in den Bauch … Wir haben ihm schließlich auch eine Gibson bezahlt, das ist was richtig Feines … Sie können sich nicht vorstellen, was so ein Ding kostet! Unter uns, ich hab es mir von einem Freund aus Hongkong besorgen lassen … Wenn ich daran denke, dass sie ihn im Konservatorium nicht haben wollten! Können Sie so was verstehen?«
Auf dem Rücken liegend, die Hände auf der Brust gefaltet, blickte Moreira auf das sonnengleiche Licht aus Glas und Edelstahl über ihm. Dieser Stuhl war wohl der einzige Ort auf Erden, wo man es sich erlauben konnte, die Fragen eines Idioten unbeantwortet zu lassen. Das Schnurren dieser Stimme und das gleißende Licht hinter der Milchglasscheibe tauchten den Gouverneur in eine fast hypnotische Schläfrigkeit. Er schloss die Augen. Der ideale Augenblick, sich in aller Ungestörtheit an seinem Erfolg zu delektieren.
Die gute Nachricht des Tages ließ sich in einem einzigen Wort zusammenfassen: Petrópolis.
So, das wäre erledigt
, hatte Barbosa am Telefon gesagt.
Einfach war es nicht, aber er ist jetzt offiziell von den Ermittlungen entbunden und nach Petrópolis versetzt worden. Versüßt durch eine schöne Beförderung … Wegen dir hab ich jetzt die Personalräte der Staatsanwaltschaften an den Hacken …
Ich habe sie im Sack!, dachte Moreira immer wieder allerhöchst befriedigt, ich habe sie alle miteinander wunderschön im Sack! Seiner Gewohnheit entgegen hatte sich Anwalt Biluquinha vollkommen
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