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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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eindeutig geäußert: Die Sache werde nicht weiterverfolgt, schon ganz einfach wegen Formfehlern bei der Festnahme. Die Einstellung des Verfahrens sei unmittelbar zu erwarten. Für Wagner auf jeden Fall, und mit ein bisschen Glück auch für die beiden anderen, da der eine Handlanger sein Geständnis zurückgezogen hatte, das ihm durch Drohungen abgezwungen worden sei.
    Edson, dieser Fuchs, hatte im Gegenzug auch schon einen ersten Gefallen von ihm verlangt. Zwar lag er laut Umfragen im Bundesstaat Ceará ganz vorn, jedoch mit einem allzu dünnen Vorsprung. Also sollte er, Moreira, ihn vor Ort im Wahlkampf dabei unterstützen, die Stimmen der noch unentschlossenen Wähler zu gewinnen. Die Aussicht, sich nach Fortaleza bemühen zu müssen, erfreute ihn nicht über die Maßen, aber nun, eine Hand wäscht die andere. Schon rein aus Höflichkeit, nach dem, wie Barbosa ihm aus der Patsche geholfen hatte.
    Kurz erstarrte Moreira vor Schmerz. Ganz als würde Carlotta ihm ins Gedächtnis treten. Carlotta … Je mehr die Carneiro-Affäre sich beruhigte, desto unerbittlicher zielte sie auf Scheidung. Noch gestern Abend hatte er versucht, ihr gut zuzureden, aber sie wollte ihn nicht einmal mehr anhören. Wortlos hatte sie sich in ihrem Zimmer eingeschlossen, bis er so richtig in Rage kam. Als er versuchte, ihre Tür gewaltsam aufzubrechen, hatte der Jaguar zu knurren begonnen, mit gesträubtem Nackenfell, als wolle er sich offen gegen sein Herrchen stellen. Mistvieh! Da hatte er sich notgedrungen beruhigen müssen … Nie hätte er seiner Frau eine derartige Willensstärke zugetraut. Endlich hatte sie doch reagiert, aber nur, um ihm zu sagen, ein Anwalt, »mein Anwalt«!, werde sich demnächst mit seinem in Verbindung setzen. Darüber, dass sie bereits einen von diesen Pinguinen eingespannt hatte, war er völlig baff. Sie konnte doch sonst nicht mal ein Steuerformular ausfüllen! Kaum zu glauben …
    Die verdammte Ungerechtigkeit schnürte ihm schier die Kehle zu. Da hatte er sich sein Leben lang krummgelegt, und jetzt das? Sie war nicht ganz bei sich vor lauter Sorgen, Mauro machte sie wahnsinnig … Sobald der von seiner idiotischen Expedition zurück war, dürfte sich alles beruhigen. Eine leise, aber hartnäckige innere Stimme gemahnte ihn jedoch daran, dass er selbst für Gütertrennung im Ehevertrag gesorgt hatte. Eine Großmut, die ihn bald wieder zu einem mittellosen Bauerntölpel zu machen drohte. Blieb Carlotta unbeugsam, dann drohte das wahre Ungemach erst noch. Gefühlsmäßig gesehen, schien ihm eine Scheidung unschön, aber vorstellbar, wenn nicht gar attraktiv unter dem Gesichtspunkt neugewonnener Freiheit; politisch wäre sie ärgerlich; finanziell völlig unannehmbar. Es musste einfach ein Mittel geben, da herauszukommen, dachte er, die Finger auf dem Bauch ineinander verkrampft, etwas Einfaches, Rationelles …
    »Eine kleine Stelle als Sekretär oder auch nur als Hausmeister … Egal was, Hauptsache Beamter. Sie verstehen doch, nicht wahr, ein kleines Gehalt, aber immerhin verlässlich … Ich bürge für ihn: Er wird keinerlei Probleme machen … So, fertig. Sie können ausspülen …«
    Moreira nahm einen Mundvoll aus dem Plastikbecher, spülte und spuckte aus. Er lockerte seinen Kiefer, leckte sich dann die frisch gesäuberten, vom Zahnstein befreiten Zähne:
    »Er soll mir einen Lebenslauf schicken«, beschied er, während der Sessel mit elektronischem Schnurren hochfuhr, »ich schaue mal, was sich machen lässt. Aber vor den Wahlen läuft nichts, das verstehen Sie sicher.«

30 . Kapitel
    Wie ein Fieber zu einem Buche führen kann. Außerdem Beschreibung einer höchster Bewunderung würdigen Denkmaschine.
    K urz nach der Neujahrsfeier wurde mein Meister von schwerem Fieber befallen, das ihn beinahe vom Leben zum Tode befördert hätte. Eines Morgens wachte er entkräftet auf, ohne jedes vorherige Anzeichen für diese unvermittelte Erschöpfung. Als ich ihn erstmals so bettlägerig sah, erfasste mich Mitleid angesichts des blassen Gesichts & der fahlen Hautfarbe; allerdings erschreckte mich mehr noch die völlig ungewohnte Veränderung seines Erscheinungsbildes: Mit erstauntem Ausdruck, als wäre er Beute einer naiv-absurden Träumerei, schien er zutiefst über etwas nachzusinnen, dabei konnte er schon keinen klaren Gedanken mehr fassen. Konvulsivisch zuckten die Muskeln seines Gesichts, doch auch seine Arme & Hände, als wollte er Fliegen verscheuchen …
    Der sofort herbeigerufene Chirurg

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