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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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»Kaffee, Fruchtsaft, Aperitif?«
    »Einfach ein Glas Wasser, bitte.« Er nahm das heiße Tüchlein, das sie ihm mit einer Zange reichte.
    »Und Sie, mein Herr?«
    »Dasselbe natürlich …«, murmelte Santos etwas verdrossen.
    Erste Klasse fliegen und dann nur ein Glas Wasser trinken, so einen Mist konnten sich auch nur die Reichen erlauben.
    Moreira kippte seinen Stuhl nach hinten, dann tupfte er sich die Stirn mit dem Tüchlein ab:
    »Ich werd mal versuchen, mich noch ein bisschen auszuruhen …«
    »Bis später dann.« Santos stand auf, um auf seinen Platz zurückzugehen. »Ich wecke Sie fünf Minuten vor der Landung …«
    »Danke, Santos, danke …«
    Der rotgedruckte Hinweis, der auf Augenhöhe vor ihm klebte, stieß ihn in seine Gewissensbisse zurück:
Lifejacket is under your seat …
Was er Montagmorgen tun würde, brach ihm das Herz, aber es würde sein Überleben retten, nur noch diese Aktion konnte verhindern, dass er sehenden Auges ins Desaster rannte. Kaum hatte er die schlimmsten Gefahren im Zusammenhang mit dem Mord an Carneiro aus dem Wege geräumt, da öffnete sich ein anderer Abgrund und drohte ihn zu verschlingen. Die Amis wurden langsam nervös: Druck von den brasilianischen Umweltschützern – die ließen sich von den Arschlöchern vom PT vorschicken, das sah doch ein Blinder –, Mord, Aufbegehren der Anwohner, Gerüchte über Grundstücksspekulationen … die Stimmung schien nicht mehr so günstig für ihr Projekt. Eine Evaluationskommission bereitete einen kritischen Bericht für Washington vor. »Es wird brenzlig«, hatte ihm sein Kontakt im Verteidigungsministerium gesteckt. »Die sind kurz davor, einen anderen Ort zu suchen. Chile hat sich ins Gespräch gebracht, das droht sehr schnell sehr konkret zu werden. Du tätest gut daran, da nicht zuzusehen: Die Chilenen bieten eine wahre Goldgrube an, unser Präsident ist außer sich vor Wut …« Das war der größte anzunehmende Unfall, eine Eventualität, mit der er nie gerechnet hätte, nicht in seinen schlimmsten Albträumen. Der Ruin, sein persönlicher Ruin … Die mögliche Wiederwahl würde nichts daran ändern; ohne die Einnahmen, mit denen er bereits fest rechnete, würde das gesamte Gebäude zusammenstürzen. Die ausländischen Banken würden sich über ihn hermachen wie Piranhas, um ihre Kredite zurückzuholen. Das, was er selbst besaß, würde nie und nimmer genügen, um die Schulden zu begleichen …
    »Ja, dann ist alles weg«, hatte Wagner bestätigt, mit niedergeschlagenen Augen, »die Fazenda, die Möbel, die Autos … Es sei denn natürlich, es würde Ihnen gelingen, weiterhin das Vermögen Ihrer Frau zu verwalten … Doch dafür müsste man leider … nein, nein, das ist nicht machbar …«
    »
Was
müsste man? Wagner? Reden Sie nicht um den heißen Brei herum!«
    Es würde genügen, so hatte ihm der Mann des Gesetzes angedeutet, Carlotta für unzurechnungsfähig erklären zu lassen. Ärztliche Diagnose, Einweisung – nicht zu den Irren, versteht sich, nur in eine Klinik, ein Erholungsheim –, dann eine Annullierung des Scheidungsantrags, und schon hätte Moreira nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht, die Ersparnisse seiner Frau zu verwalten, im Warten auf ihre ersehnte Heilung.
    Montag um elf … Dass Wagner derart schnell entsprechende Kapazitäten aufgetrieben hatte, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Er würde sie ja nicht lange in der Klinik lassen, nur, bis er seine Dinge geregelt hätte, dachte er, um den Selbstekel zu vertreiben, von dem ihm der Nacken brannte. Er langte nach oben, wollte etwas frische Luft auf sein Gesicht leiten. Eine kleine Schlafkur würde ihr doch eigentlich eher guttun, ihr Zeit zum Nachdenken verschaffen. Vielleicht würde sie ja sogar ihre Entscheidung noch einmal überdenken … Das ist die einzige Möglichkeit, heil aus der Sache rauszukommen, dachte er und drehte den Kopf zum Fenster, die einzig denkbare Möglichkeit …

Betrüblicher Epilog
    Wie der Name es schon sagt, leider.
    Ich weiß zu gut, was ich Kircher verdanke – denn nach Gott verdanke ich alles ihm –, um die Aufgabe, die meiner nun harrt, nicht zu fürchten, & man kann nicht betrübter sein als ich, nunmehr, da es mir obliegt, die Umstände seines Todes zu schildern. Doch muss man sein Kreuz tragen wie einen Schatz, denn durch dieses erweisen wir uns als des Herrn würdig & als gehorsam gegenüber seinen Geboten.
    Es war seit dem Anfall, der meinen Meister heimgesucht, noch

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