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Wo Tiger zu Hause sind

Wo Tiger zu Hause sind

Titel: Wo Tiger zu Hause sind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Marie Blas de Roblès
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auf halbem Wege, ich sah den Blutandrang in seinem Gesichte, & er fiel rücklings auf sein Lager … Er röchelte, verkrampfte die Finger grässlich auf dem Laken, und ich stürzte aus dem Zimmer, um Hilfe zu holen. Pater Ramón de Adra, den ich wecken ließ, war als Erster zur Stelle. Er tastete nach Athanasius’ Puls, diagnostizierte einen Schlaganfall & bedeutete mir, Tränen in den Augen, es sei das Beste, ihm unverzüglich die Sterbesakramente angedeihen zu lassen.

Aus Eléazards Notizen.
    AUFGEWACHT MIT IDEEN , wie sie eines Hundes oder Elefanten unwürdig wären …
     
    DASS EIN FEUER WEITERBRENNT , nachdem man es gar nicht mehr betrachtet – das wollte mir auf einmal ganz und gar unbegreiflich erscheinen.
     
    EIN ANDERER WEG? Eine mögliche andere Welt?
     
    FORTSETZUNG DES FLAUBERT-ZITATS in seinen Tagebüchern: »Die Kunst ist die Suche nach dem Zweckfreien, sie ist im Felde der Spekulation dasselbe wie Heroismus im Felde der Moral.« Das hatte ich nie begriffen … Kirchers Ähnlichkeit mit Bouvard und Pécuchet liegt in seiner heroisch-verzweifelten Suche danach, die Welt zu harmonisieren.
     
    ALL DIESE ARBEIT , nur um zu dem Schluss zu kommen, dass er weder besser noch schlechter war als irgendeiner von uns? Mit uns allen identisch in seiner Weise, das Leben zu improvisieren, es zu bewohnen. Ein Mensch?
     
    KIRCHER : »Salz gibt es zuhauf an schändlichen Orten, vor allem in Latrinen. Alles kommt vom Salz und von der Sonne.«
In sole et sale sunt omnia.
(
Mundus subterraneus
, Bd. II , S.  351 ).
    Rimbaud: »Oh! die Mücke berauscht im Pisswinkel der Herberge, verliebt in den Borretsch, und ein Strahl löst sie auf!«
     
    DER EINDRUCK, ICH WÄRE ganz nah am Ziel, und ich könne jederzeit »den Schleier lüften« …
     
    EIN SOLCHER SCHIMMEL hat sich auf die Heidegger-Bücher gelegt, dass ich sie in der Sonne trocknen lassen und dann abbürsten musste, um sie dann, auf Euclides’ Rat, mit Ameisensäure einzusprühen. Ein paar verdächtige rote Flecken sind zurückgeblieben, wie Altersflecken auf einem Handrücken, »Greisendreck« nennen die Ärzte das in ihrem Jargon.
     
    WORTFINDUNGSSTÖRUNGEN , labiolinguales Zittern, Anzeichen für ein Argyll-Robertson-Syndrom, vorübergehende Aphasie, Verwirrungszustände, passagere Amnesie, Meningo-Encephalitis und bei einem Drittel der Betroffenen Schlaganfall. Doktor Euclides’ Diagnose kennt keinen Zweifel: Kircher befindet sich im letzten Stadium einer Neurosyphilis.
    »Sowohl die psychischen als auch die neurologischen Symptome deuten auf Lues. Ich bin sicher, er hatte einen positiven Bordet-Wassermann, es wird sich nicht beweisen lassen … Hereditäre oder erworbene Syphilis, eins von beiden, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Bitte schön, suchen Sie sich eines aus.«
     
    TREPONEMA :
trepein
 – drehen,
nema
 – Garn. Kircher ist in der Spirale der Regression gefangen; er sucht krankhaft nach den Ursprüngen.
     
    DIE SPEERSPITZE SEINER ZEIT? Kircher ist ein Zeitgenosse Noahs: Er lebt in einer fluiden Epoche, in der Gegenwart und Vergangenheit einander durchdringen. Es führt zu rein gar nichts, ihn im Namen der modernen Wissenschaft zu kritisieren. Seine Feldzüge gegen den Krieg, gegen die Zerstreuung, gegen das Vergessen sind wichtiger als die Lösungen, die er anbietet.
     
    DELACROIX : »Den Mann von Genie machen nicht seine neuen Gedanken aus, sondern jene eine Idee, von der er besessen ist, dass nämlich das bereits Gesagte noch nicht oft genug gesagt ist.«
     
    ÜBER EINEN PIEMONTESER sagte der Chevalier de Revel, zu jener Zeit der Gesandte Sardiniens in Den Haag: »Er behauptet, Gott, also unser und unserer Umwelt Schöpfer, sei vor Vollendung seines Werkes gestorben, er habe die schönsten Pläne der Welt gehabt und über die größten Mittel verfügt; er habe bereits einige dieser Mittel angesetzt, so wie man ein Gerüst errichtet, um zu bauen, und sei inmitten seiner Arbeit gestorben; und alles, das es heute gibt, lebe auf einen Zweck ausgerichtet, der nicht mehr existiert, und wir Menschen insonderheit fühlten uns zu etwas bestimmt, von dem wir keinerlei Ahnung haben; wir seien wie Uhren, die über kein Zifferblatt verfügten, deren mit Intelligenz begabte Räderwerke sich drehen, bis sie abgenutzt sind, ohne dass wir wüssten, wozu, und wir dächten: Ich drehe mich, also habe ich einen Zweck. Diese Vorstellung erscheint mir als die geistreichste und profundeste Verrücktheit, die ich je gehört, bei weitem

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