Wo unsere Träume wohnen
nicht entwickelt, Mitch. Wir konnten es nicht, solange wir zusammen waren.“ Sie zog die Hand zurück. „Ich glaube nicht, dass es für uns eine Zukunft gab.“
Er wandte sich ab. „Das ist hart.“
„Sagt der Mann, der Frau und Kinder verlassen hat.“
„Aber du hast doch gerade …“
„Weglaufen war keine Lösung, Mitch! Du hast deinen Kindern das Herz gebrochen, dafür gibt es keine Entschuldigung. Und auch nicht dafür, mich ohne jede Erklärung zu verlassen.“
Mitch ging weiter und trat nach einem kleinen Zweig, bevor er sie wieder ansah. „Du warst die Intelligentere von uns, Vi. Du hättest aufs College gehen und mehr aus dir machen sollen. Ich dagegen konnte mich kaputtschuften, ohne jemals Erfolg zu haben. Genau wie mein Vater. Der hat an jedem verdammten Tag seines Erwachsenenlebens am Fließband gestanden und ist nicht mal Vorarbeiter geworden. Und ich wusste …“ Sie hörte den Schmerz in seiner Stimme.
Er wandte ihr den Rücken zu. „Mir war klar, dass du eines Tages begreifst, was für einen Verlierer du geheiratet hast. Und ich hätte es nicht ertragen, in deinen Augen die gleiche Enttäuschung zu sehen wie vorher in denen meiner Mutter.“
Violets Herz klopfte so sehr, dass sie tief durchatmen musste, bevor sie ihm antworten konnte. „Oh, Mitch. Offenbar hatten wir beide Probleme, die uns gar nicht richtig bewusst waren. Deshalb konnten wir wohl auch nicht darüber sprechen. Aber ich schwöre dir, ich habe dich niemals für einen Verlierer gehalten.“ Sie rieb sich die Schläfe. „Um Himmels willen – warum hast du nicht mit mir über deine Gefühle gesprochen?“
„Hätte ich etwa vor meiner Frau zugeben sollen, dass ich mir neben ihr dumm vorkomme?“
„Ich hätte dir helfen können, aber anstatt ehrlich zu mir zu sein, hast du zugelassen, dass ich an mir selbst zweifle.“
Verblüfft starrte er sie an. „Was? Nein! Warum solltest du an dir zweifeln? Es ging doch gar nicht um dich!“
„Du weißt, wo ich herkam, was ich durchgemacht hatte. Als ich dich geheiratet habe, hatte ich weniger Selbstwertgefühl als eine Schnecke. Glaubst du etwa, dein Verschwinden hat mir besonders gutgetan? Im Gegenteil! Jedenfalls für eine Weile.“
Mitch zerrte an einem Grasbüschel und zog ihn aus der Erde. „Offenbar hast du es verkraftet“, murmelte er. „Besser als ich.“ Er sah sie an. „Wir beide waren nicht gerade das ideale Team, was?“
„Nein, wohl nicht.“
Mit einem bitteren Lachen schüttelte er den Kopf. „Geht es dir … jetzt besser?“
„Ja, Mitch. Jetzt geht es mir viel besser. Und ich glaube dir, dass es dir leidtut, wirklich. Aber es ist zu spät.“ Violet kamen die Tränen. „Ich kann nicht wieder die Frau werden, die ich mal war.“
Sekunden verstrichen, bevor er zu ihr ging und sie wie zum Abschied umarmte. „Dieser Rudy … ist er gut für dich?“
„Ich glaube schon“, antwortete Violet, als sie sich voneinander lösten. Zärtlich berührte sie seine Wange. „Das warst du auch. Eine Zeit lang. Aber jetzt nicht mehr.“
„Ja. Ich nehme an, du hast recht.“ Mitch zögerte. „Aber die Jungs …“
„Es sind deine Söhne. Sie sollen ihren Vater behalten.“
„Ich weiß nicht, wie oft ich sie sehen kann.“
„Du kannst ja jederzeit anrufen. Oder ihnen eine E-Mail schicken. Ich bin sicher, wir finden eine Lösung“, sagte Violet mit Nachdruck.
„George wird enttäuscht sein.“
„Bestimmt.“ Sie seufzte. „Ich weiß noch nicht, wie ich es ihm beibringen soll.“
Mitch umfasste ihre Schultern. Als sie den Kopf hob, sah sie die Entschlossenheit in seinen Augen. Die, die ihr damals das Leben gerettet hatte.
„Überlass das mir“, sagte er sanft.
Das hätte sie gern getan. Nach zwei Jahren, in denen sie ganz allein die Verantwortung für ihre Söhne getragen hatte, war die Versuchung groß. Aber sie war nicht mehr die Frau, die gerettet werden musste. Also schüttelte sie den Kopf. „Danke, aber ich denke, wir finden bestimmt gemeinsam eine Lösung, meinst du nicht auch?“
Er lächelte matt, küsste sie auf die Stirn …
Dann lag die Vergangenheit für immer hinter ihr. Und vor ihr eine Zukunft voller Hoffnung.
Rudy saß im Schaukelstuhl auf der vorderen Veranda, die Füße aufs Geländer gelegt, als Mitchs Pick-up vor dem Gasthof hielt. Nicht, dass er wartete, aber grübeln konnte er hier ebenso gut wie anderswo. Doch dann sprang er auf, als George schluchzend aus dem Wagen kletterte und die Stufen hinaufrannte. „Das ist
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