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Wo wir uns finden

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Titel: Wo wir uns finden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Findeis
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ihrer nackten Arme. Sie bewegte sich langsam, hielt sich im Hohlkreuz, jeder Schritt wie ein Tanzschritt.
    Guten Abend, sagte Karl.
    Anna, sagte Grams: Klobbe, sagte er, und die Frau drehte sich zu Karl, der ihr die Hand gab, und lächelte.
    Er hätte Bescheid geben sollen, dass er einen Freund mitbringe, sagte Anna: ich glaub nicht, dass noch genug Gulasch übrig ist.
    Ich hab eh keinen Hunger, sagte Grams. Anna und er schwiegen, als Karl den Teller nahm und nach der Kelle griff.
    Allein saß er am Tisch und aß das Gulasch mit Nudeln. In der Küche sprach Grams mit Anna, sie lachten. Er versuchte, so leise wie möglich zu kauen, um zu hören, sollte jemand kommen. Er blickte über die Schulter zu der Tür in seinem Rücken, von der er nicht wusste, wohin sie führte. Der Esstisch stand in der Ecke des großen Raumes. Die weißen, kantigen, asymmetrischen Regale und Schränke gefielen ihm. Eine schwarze, eckige, mit Stahlrohren gefasste Couchgarnitur war gruppiert um den riesigen Fernseher, unter dem sich ein Beta-Max und ein VHS -Rekorder befanden und ein Atari 2600. Ein Flügel in der gegenüberliegenden Ecke. Das alles, dachte Karl und aß seinen Teller leer und war nicht satt. Warum sie immer bei ihm im Keller saßen, verstand er nicht und brachte den Teller in die Küche, wo Grams und Anna sich gegenüberstanden.
    Wie, einen Freund? fragte Grams.
    Ich hab ihm von dir erzählt, sagte sie.
    Was? sagte Grams.
    Dass er dich kennenlernen muss, sagte sie: das ist ein prima Typ.
    Sie lachte und schloss die Augen, als erinnere sie sich an etwas.
    Ich will den nicht kennenlernen, sagte Grams.
    Musst du aber, sagte sie: mir zuliebe.
    Wie kommst du darauf? sagte Grams und sah sie an und schwieg, zog seinen Tabak aus der Jackentasche, drehte sich eine, steckte sich die Kippe zwischen die Lippen und brannte sie an.
    Denk an die Babys, sagte Anna: die kommen gleich vom Tennis, dass deine Mutter sich wieder aufregt wegen dem Gequalme.
    Anna trat einen Schritt auf Grams zu und nahm seine Hand und sagte: Es wäre mir wichtig!
    Grams betrachtete sie.
    Bitte! sagte sie und lächelte.
    Grams blickte Karl an, der den Teller noch in der Hand hielt: Fertig? fragte er, und Karl stellte den Teller in die Spüle.
    Spül den doch ab, sagte er: oder soll Anna das machen?
    Karl spülte den Teller und trocknete ihn ab und stellte ihn auf die Arbeitsplatte. Grams ging aus der Küche. Anna sah ihm hinterher. Als Karl in den Flur trat, stand die Haustür offen, auf der gegenüberliegenden Straßenseite leuchtete die Glut von Grams’ Zigarette auf. Er ging darauf zu und fand den Freund an eine Birke gelehnt sitzen, verdeckt vom Gebüsch. Der Boden war übersät mit Kippenstummeln.
    In meinem Schrank steht eine Flasche Jägermeister, sagte Grams: hol die mal.
    Wie? fragte Karl.
    Wo ich die Kiste Bier habe, sagte Grams, zeigte Richtung Haus und zog seinen Schlüssel aus der Seitentasche seiner Fransenjacke.
    Spinnt der wieder? fragte Anna, an den Rahmen der Küchentür gelehnt, als Karl das Haus betrat, er hob die Schultern, ließ sie wieder fallen und ging die Stufen nach oben.
    Wo geht ihr hin? fragte sie, er antwortete nicht.
    Als er zurückkam, war sie nicht mehr da. Aus dem Wohnzimmer hörte er den Fernseher.
    Wer ist die überhaupt? fragte er Grams, der den Verschluss der Schnapsflasche abdrehte und einen Schluck nahm.
    Von ihrem Platz aus konnten sie direkt in ein Fenster im Erdgeschoss, links neben der Eingangstür, blicken. Karl ahnte, wessen Zimmer hinter dem Fenster lag. Grams drehte Zigaretten auf Vorrat, gab Karl drei davon und verstaute den Rest in seinem Tabakbeutel.
    Morgen ist Schule, sagte Karl: mit dem Schnaps jetzt sind wir doch nachher total dicht.
    Wann kommt der Bus mit den Leuten, die das interessiert? sagte Grams und brannte sich eine Zigarette an, bevor er den Jägermeister an Karl weitergab. Er rauchte in der hohlen Hand wie ein Soldat im Feld. Ein BMW stoppte vor der Garage. Die Zwillinge stiegen aus, rannten zur Tür, und die Mutter fuhr den Wagen in die Garage, nachdem sich das Tor elektrisch geöffnet hatte. Die Mädchen trugen die gleichen Mäntel, beide hatten die Haare zu Zöpfen geflochten. Die Mutter stieg aus dem Wagen und blickte zum Gebüsch, als vermute oder spüre sie die Anwesenheit ihres Sohnes.
    Die kann uns nicht sehen, sagte Grams: die würde einen Laster nicht erkennen, wenn er sie überfährt. Den BMW krieg ich nächstes Jahr, sagte Grams und lächelte und nahm einen großen Schluck aus der

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