Woelfe der Traeume
so selbstsicher, als hätte er etwas in ihrer Vergangenheit gefunden, dass sie erniedrigen würde. Aber da hatte er sich geschnitten. Zum einen war es nicht die Wahrheit und zum anderen war ihr völlig egal, was er über sie dachte.
»Und wenn es so wäre? Soll ich jetzt vor dir auf die Knie fallen, weil du einen Interneteintrag lesen kannst?« Über ihre Kühle sichtlich verwirrt verlor er seine selbstsichere Haltung und sah etwas verloren aus. Anscheinend hatte er gehofft, dass sie verunsichert wäre und ihm alles erklären würde. Verunsichert war sie nicht, aber sie konnte die Geschichte richtigstellen.
»Die Göttin hat mich damals auf dieser Blumenwiese erschaffen. Zwei Männer sahen ihr dabei zu, und als sie fertig war, rissen sie mich fort. Sie wollten mich an ihren Bruder verschachern und mich ins Bett zerren. Dann kam die Göttin zurück und verwandelte einen von ihnen in einen Adler. Die anderen zwei flohen. Später erzählten sie überall herum, sie hätten mich aus Blumen erschaffen und ich hätte ihren Bruder wegen eines Liebhabers umbringen wollen. Alle das ist Blödsinn.« Sie sah auf die Uhr und stand auf. »Wenn es sonst keinen weiteren Grund für deinen Besuch hier gibt, muss ich jetzt packen.« Er zog verwundert die Augenbrauen hoch.
»Wieso willst du packen?«
»Ich muss für eine Woche geschäftlich nach Europa.« Sie sah ihn mit ihrer gewohnt kühlen Maske an und fuhr fort: »Wenn ich wieder da bin, werde ich meine Schwester da raus holen. Allein oder mit deiner Hilfe. Das ist mir egal.«
»Natürlich werde ich dir helfen. Sag mir einfach bescheid, wenn es losgeht.« Sie war überrascht, aber er führte natürlich nur den Befehl seines Rudelführers aus. Also hätte er sich nicht wirklich sträuben können. Sie ging auf ihn zu und hoffte, er würde endlich verschwinden, aber er stand wie ein Fels in der Brandung und starrte ihre Augen an. Wenn sie sich nicht geschworen hätte, nie ihr Herz an einen Mann zu verlieren, würde sie seinen Kuss erwartungsvoll entgegensehen. Aber sie war stark. Sie war eine Unberührte. Und diesen Zustand würde sie mit ihrem Leben verteidigen.
Als er schließlich aus seiner Erstarrung erwachte, trat er einen Schritt zurück und stammelte völlig verunsichert: »Gute Nacht und eine angenehme Reise.« Detty schloss einfach die Tür, ohne ihn noch eines Wortes zu würdigen. Es wäre wahrscheinlich sowieso nur eine Dummheit herausgekommen.
In dieser Nacht hatte sie erst nach vielen wachen Stunden einschlafen können. Zu viele Fragen und Empfindungen gingen ihr durch den Kopf. Und immer wieder tauchte Evan vor ihren Augen auf, wie er sie anstarrte und sich zurückhalten musste, sie nicht zu küssen oder noch ganz andere Dinge mit ihr anzustellen.
Dann war sie endlich bei ihrem geliebten Brunnen auf der Blumenwiese, wo sie erschaffen wurde. Sie liebte diesen Ort, aber leider gab es ihn nur noch in ihren Träumen. Das Einzige, was sie vor den Planierraupen und Baggern hatte retten können, war der steinerne Brunnen gewesen, der jetzt in ihrem Wohnbüro stand. Der Rest war zu einem Einkaufscenter geworden.
Damals hatte sie die Menschen gehasst, die diesen schönen Ort einfach dem Erdboden gleichgemacht hatten, aber sie konnte es nicht ändern. Erst später in Amerika hatte sie von den verschiedenen Schutzvereinen und Behörden gehört, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, Tiere und Wälder zu beschützen.
»Du bist spät dran. Hast du so lange gepackt?« Detty wich vor Evan zurück, der plötzlich in ihrem Traum auftauchte und sich neben sie auf den Brunnen setzte. Das war nicht fair.
»Geh! Kann ich nicht mal in meinen Träumen ruhe finden?« Evan sah sie liebevoll an. Dann streckte er seine Hand nach ihr aus und berührte ganz sanft ihre Schulter. Und wie immer, wenn sie von ihm träumte, fühlte sich die Berührung echt an. Als würden sie wirklich auf dem Brunnen sitzen.
»Ich will dich kennen lernen.« Sie drehte sich weg.
»Du würdest nicht wissen wollen, wer ich bin. Außerdem hast du doch schon deine Meinung über meine Vergangenheit gebildet.« Selbst in ihren eigenen Ohren klang sie enttäuscht von ihm. Wieso erzählte sie ihm das eigentlich? Er war ein Traum. Nichts weiter.
»Und wenn doch?« Sollte sie es ihm zeigen? Noch einmal diesen Alptraum durchleben? Diese Männer, die ihr so viel Schmerz zufügen wollten? Sie seufzte.
Um sie herum wurde die Nacht zum Tag und eine hübsche brünette Frau erschien auf der Wiese. Sie hob ihre Hände
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