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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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bis unter das Dach sehen. Das ehemalige Scheunentor bildete das Fenster nach Süden, Jalousien filterten das Sonnenlicht. Durch das Geländer der Galerie streckte eine graue Katze ihren Kopf vor und spähte nach unten, verschwand aber sofort wieder, als sie die Fremde sah.
    Vor dem Kaffee war eine Besichtigungsrunde zu absolvieren. Beeindruckend war das schneeweiße Bad mit der Wanne, in der eine Großfamilie Platz gefunden hätte. Jemand mußte krank sein, denn ein Glasregal barg zahlreiche Medikamente und Pillenfläschchen. Nasrins Blick saugte sich an der Sammlung fest, was Barbara nicht entging. War das Mädchen vielleicht drogenabhängig?
    »Vitaminpräparate und so was«, erklärte Barbara vorsichtshalber.
    »Sie müssen sortiert werden.«
    »Wie? Ja, das kann schon sein.« Barbara lächelte unsicher und drängte das Mädchen sanft aus dem Badezimmer. Die Schlafzimmertür stand offen und erlaubte einen Blick auf die Kohlezeichnung eines kopulierenden Paares über einem breiten, ungemachten Bett. Ein weißer Schaukelstuhl war mit Kleidung behangen.
    »Kleidung gehört in die Schränke«, stellte die Besucherin fest.
    »Äh, nun ja, ich wußte nicht, daß heute Besuch kommt«, antwortete Barbara und beschloß, die Hausbesichtigung an dieser Stelle abzubrechen. Leider aber stand die hinterste Tür auf der Galerie sperrangelweit offen, und Nasrin steuerte unaufgefordert darauf zu. Es war ein kleineres Zimmer mit Möbeln verschiedener Stilrichtungen, das seine Bestimmung noch nicht gefunden zu haben schien. Es herrschte ein Durcheinander, für das sich die Dame des Hauses gleich entschuldigen zu müssen meinte: »Momentan ist das unsere Rumpelkammer.«
    Das Mädchen wandte sich ab. Ihr Gesicht spiegelte Entsetzen und Resignation, so kam es Barbara jedenfalls vor.
    Unten, auf der Ablage der Edelstahlküche, lockte der Butterkuchen. Aber noch war es nicht soweit. Barbara bestand darauf, das »Gästehäuschen«, wie sie es nannten, vorzuführen. Es war ein winziges Häuschen mit steilem Dach, das sich an das rechte Ende des Stallgebäudes anschmiegte. Die Grundfläche war mit etwas Hanfartigem ausgelegt und maß etwa fünf mal vier Meter, es gab zwei größere Fenster zum Hof und ein kleineres Badezimmerfenster nach hinten hinaus. Alle Möbel waren aus weiß lackiertem Holz, dazu blauweißkarierte Gardinen, ein ebenfalls in diesen Tönen gehaltenes Duschbad.
    »Alles Ikea«, verriet Barbara. Das Gästehaus war aufgeräumt, denn hier gab es gar nichts Überflüssiges, das herumstehen oder -liegen konnte. Vielleicht machte das den schlechten Eindruck von vorhin wieder wett, hoffte Barbara und zeigte auf eine Klappe in der Decke. »Da oben ist noch ein Speicher. Das Häuschen diente früher als Sattelkammer, jetzt ist es Gästehaus. Es waren aber noch nicht viele Gäste da.«
    Seit der Einweihungsparty im letzten Herbst war kein Besuch mehr gekommen, und selbst da hatten etliche der Eingeladenen abgesagt. »Offenbar ist es gerade angesagt, so zu wohnen, daß die Wegbeschreibung eine halbe Faxrolle verbraucht«, hatte jemand genörgelt.
     Geheizt wurde mit einem gußeisernen Kaminofen. »Der ist aus Finnland.« Ein Stapel kleingehackter Holzscheite lag in einem geflochtenen Korb.
    »Schön«, stellte Nasrin fest, und Barbara nickte erleichtert.
    Als sie über den Hof zurückgingen, stand Robin am Fenster des Erkers, wich aber rasch zurück, als das fremde Mädchen in seine Richtung sah.
    Dann, endlich, die Terrasse: Teak auf Naturstein, sattes Grün vor rotem Backstein, zierliche Silbergäbelchen auf weißblauem Meißner. Nasrin aß das zweite Stück Kuchen, langsam und konzentriert, mit exakt gleichen Abständen zwischen jedem Bissen, während Barbara erzählte: »Hannes hat letzten Sommer plötzlich den Gärtner in sich entdeckt und ein wenig übertrieben. Ich hätte es lieber etwas dezenter gehabt, außerdem kann ich Narzissen nicht leiden. Aber sie verblühen ja zum Glück bald wieder. Möchtest du noch Kuchen?«
     »Nein. Sonst bleibt nicht genug für Robin übrig.«
     »Der kommt nicht. Er wollte diese Woche mit seinem neuen Roman beginnen, das hat er großartig angekündigt. Als ob jemand von uns ihn bisher davon abgehalten hätte. Also, wenn du mich fragst …« Barbara winkte ab, spießte ein Stückchen Kuchen auf, schob es sich in den Mund und redete kauend weiter: »… sein Verhängnis ist, daß vor Jahren einmal ein winziger Verlag, der inzwischen schon nicht mehr existiert, ein Buch von ihm gedruckt hat.

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