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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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eine Barriere.
    Ich wollte nichts zerstören. Ich wollte nicht, dass sie verschwand, ohne dass ich an ihrer Seite war. Ich wollte sie nach Hause bringen, die Tür hinter uns verriegeln, damit wir ungestört wären. Ich wollte mir Zeit nehmen und alles erforschen, was sie zu bieten hatte – die wunderschöne Eleanor. Das Mädchen meiner Träume.
    Doch auch die Nervenstärke spielte hier eine Rolle. Vielleicht hatte ich in meiner Unsicherheit die Botschaft verwässert. Man muss vorsichtig sein und selbstsicher im Bezug auf das eigene Vorhaben. Zuhören, beobachten.
    »Nach Hause?«, fragte sie, als hätte sie dieses Wort noch nie zuvor gehört.
    »Komm mit«, sagte ich.
    Ich lief zum Auto zurück, doch sie folgte mir nicht. Ich denke, das war der Moment, in dem ich sie verlor.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie so leise, dass ich sie kaum verstehen konnte. »Ich weiß nicht, wo zu Hause ist, ich weiß nicht, was du meinst.«
    Da wusste ich, dass es zu spät war. Ich war aufgewühlt, enttäuscht, und sosehr ich mich auch bemühte, konnte ich das in meiner Körpersprache, meiner Haltung und meiner Stimme nicht verbergen. »Geh nach Hause«, sagte ich. »Geh nach Hause, mach die Tür zu und komm nie wieder raus.«
    »Ja«, antwortete sie.
    »Gut«, sagte ich.
    Als ich ein paar Minuten später an ihr vorbeifuhr, stand sie immer noch da. Ich verbrachte den Abend damit, noch einmal alles durchzugehen, was ich zu ihr gesagt und was sie mir darauf geantwortet hatte. Ich machte mir Notizen und dachte darüber nach, wie ich es beim nächsten Mal handhaben wollte.
    Ich hatte ihren Tod nicht beabsichtigt; ich wollte einfach nur eine Freundin finden. Es war also nicht meine Schuld, dass sie sich einen Tag nach unserem Treffen umbrachte. Nichts hatte darauf hingewiesen, als wir uns getrennt hatten. Sie war ruhig gewesen, das schon, aber das hatte wohl auch in ihrer Natur gelegen.
    Ein paar Wochen später sah ich in einer Nachrichtensendung, dass ihre Leiche von einem besorgten Verwandten gefunden worden war. Der Körper hatte verwest am Fuß der Treppe gelegen, doch es war sofort klar, dass sie sich am Geländer aufgehängt hatte. Sie musste sich zwischen Ende des Abendkurses am Donnerstag und dem folgenden Samstag erhängt haben. Ich fragte mich eine Weile, ob auch ich aussagen musste, weil uns ja bestimmt jemand in der Kantine gesehen oder uns dabei beobachtet hatte, wie wir gemeinsam den Campus verließen und in den Pub gingen. Doch obwohl ich mir eine harmlose Geschichte darüber zurechtlegte, dass ich mich für ihren Italienischkurs interessiert hatte, wollte sie niemand hören.
    Als ich an jenem Abend meinen dritten Whisky trank, meine Lippen bereits taub und meine Wangen erhitzt waren, fragte ich mich, was wohl passiert wäre, wenn ich Eleanor an jenem Donnerstagabend nach Hause begleitet hätte. Ich wäre gerne dabei gewesen, als sie es tat, wäre gerne Zeuge ihres letzten Schritts geworden. Ich wäre gerne bei ihr gewesen, als sie die Entscheidung traf. Doch dann wurde mir klar, dass ich am Ende doch dabei gewesen war, weil sie die Entscheidung an jenem Abend in meiner Anwesenheit im Pub gefällt hatte. Plötzlich war ich sehr erregt. Damals glaubte ich, sie hätte meinen Anweisungen zugehört und hätte sie angenommen, aber irgendwas, das ich gesagt hatte, falsch interpretiert … Denn als ich ihr befahl, sie solle nach Hause gehen, die Tür schließen und nie wieder rauskommen, hatte sie genau das getan. Sie hatte ihren Weg keinesfalls alleine gewählt. Ich dachte allen Ernstes, dass ich ihr die Qual der Entscheidung abgenommen hätte. So viele ermüdende Entscheidungen, so viel zu bedenken, zu überlegen, wo sie im Grunde doch nur eine einzige Entscheidung zu treffen hatte. Ich dachte, ich hätte ihr dabei geholfen. Ich hatte zu ihr gesagt, was sie tun sollte – und sie hatte es getan.
    Heute weiß ich natürlich, dass alles, was ich ihr an jenem Abend sagte, auf sie wohl keinen großen Eindruck gemacht hatte. Doch wie man es dreht und wendet, das Ergebnis war, dass sie einem Pfad der unmittelbaren, brutalen Selbstzerstörung folgte. Sie war schon tot, als ich sie an jenem Abend verließ. Als sie atmend und mit klopfendem Herzen auf dem Parkplatz stand, war sie bereits eine Leiche. Ihre Verwandlung hatte bereits eingesetzt.
    Doch zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits anderes zu erledigen – ich hatte Justine kennengelernt.

 
    Annabel
    Ich wünschte, sie würden mich in Ruhe lassen.
    Am Morgen weckten sie mich, zogen

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