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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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mich an und setzten mich auf einen Stuhl. Immer, wenn ich meine Augen schließen wollte, kam irgendwer und weckte mich wieder auf.
    In der Nacht, wenn ich hätte schlafen sollen, hörte ich auf dem Gang Leute reden oder rufen, Schritte von Menschen, die hin und her gingen.
    Vielleicht wollte man mich in einem permanenten Dämmerzustand halten.
    Sie wollten, dass ich mit ihnen spreche, doch das konnte ich nicht. Mir fehlten die Worte. Ich hatte keine Zeit oder Geduld dafür. Ich wollte schlafen und in Ruhe gelassen werden.

 
    Colin
    Justine begegnete ich auf die banalste Art, die man sich nur vorstellen kann, nämlich im Internet auf einer Partnervermittlungsseite. Als ich mich nach Eleanors Tod von dem Gedanken an eine Beziehung verabschiedet hatte, wurde alles viel einfacher. Warum hatte ich überhaupt all die Jahre danach gestrebt? Eine Beziehung brachte mir nichts. Nein, denn was ich wirklich suchte, war Sex mit einer Frau, vorzugsweise einer attraktiven, die alles tat, was ich von ihr verlangte, und keine Forderungen stellte. Nachdem ich bei Eleanor nur mäßigen Erfolg gehabt hatte, widmete ich mich wieder meinen Büchern und suchte nach einem Weg, meine Methode zu verfeinern, denn ich war fest davon überzeugt, dass sie funktionierte. Falls nicht, würde der über das Internet geknüpfte Kontakt eine Trennung erleichtern und die Peinlichkeit auf ein Minimum reduzieren.
    Es dauerte nicht lange, bis ich eine an der Angel hatte. Ich erstellte ein erfundenes Profil, nannte mich Mark Baxter, IT-Consultant und Single. Dann verbrachte ich einen frustrierenden Abend damit, mich durch Hunderte von weiblichen Profilen zu klicken und nach einer Frau Ausschau zu halten, die auch nur einigermaßen erträglich war, und hätte beinahe aufgegeben. Am nächsten Abend versuchte ich es erneut, und diesmal entdeckte ich Justine. Sie war Single, hatte keine Kinder und wohnte im Norden Londons. Sie schrieb, sie wolle unverbindlichen Spaß, und führte verschiedene langweilige Charaktereigenschaften an, die ich weder besaß noch verstand. Was zum Teufel sollte denn »Sinn für Humor« heißen? Was war »Seelenverwandtschaft«? Auf ihrem Profil war das Foto einer Frau Anfang dreißig mit schulterlangem, braunem Haar und einem Lächeln, das gleichmäßige, weiße Zähne entblößte. Sie sah zu irgendwem hinüber, der sich links außerhalb des Bildes befand. Vielleicht war es die Tatsache, dass sie keinen Augenkontakt zum Betrachter herstellte, die mich besonders anzog.
    Ich schickte ihr eine Nachricht, und bereits nach wenigen Minuten antwortete sie mir. Wir schrieben einander eine halbe Stunde über die Website, dann bat sie mich um meine E-MailAdresse, weil sie mir ein Foto schicken wollte. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich schrieb ihr, ich müsse ans Telefon und sei gleich wieder da, dann erstellte ich unter dem Namen Mark Baxter einen Hotmail-Account.
    Ein paar Minuten später war ich zurück, sie war immer noch online und wartete auf mich. Ich schickte ihr meine E-Mail-Adresse und schrieb ihr, ich könne es kaum erwarten, ihr Foto zu sehen.
    Hoffe, es gefällt dir
    Als die Mail kam, erwartete ich ein Bild mit Kätzchen darauf oder ein schreckliches Kunstwerk, doch sie hatte mir ein Foto von sich geschickt, auf dem sie im hellblauen Bikini auf irgendeinem Felsen saß, mit gelbem Sand zwischen den Zehen und schäumenden Wellen zu ihrer Rechten. Ich sah mir ihren Bauch an. Er war braun gebrannt, nicht sonderlich fest oder muskulös, sondern ein wenig weich, kleine Speckröllchen zeichneten sich am Bund ihrer Bikinihose ab. Ihr Haar war oben trocken, ihr Pony wehte im Wind, und ihre Haarspitzen hingen in nassen Strähnen herab.
    Wie findest du es?
    Sehr hübsch
    Das hört sich nach inderekter Kritik an
    Du meinst wohl indirekt.
    Wie auch immer
    Also gut, hübscher als nur sehr hübsch.
    Hmmm
    Wer hat das Foto gemacht?
    Meine Schwester
    War das irgendwo im Urlaub?
    Griechenland, vorletzten Sommer
    Scheint eine schöne Zeit gewesen zu sein.
    Ja. Sechs Monate später war meine Schwester tot.
    Tut mir leid.
    Sie hatte Krebs
    Darauf hatte ich keine Antwort. Ich wollte nicht, dass sich die Unterhaltung in diese Richtung entwickelte, und ich hatte keine Ahnung, wie ich jetzt zum Thema Sex kommen sollte, was ja eigentlich der Grund für diesen ansonsten vergeudeten Abend war. Doch sie sollte mich überraschen, denn kurz darauf erhielt ich eine weitere Nachricht.
    Mark, willst du mich aufheitern? Wollen wir uns treffen?
    Ich traf mich

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