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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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hinterlassen?«
    »Auf solche Daten habe ich leider keinen Zugriff«, sagte ich. »Vielleicht kommen die Ermittlungen schon bald zu diesem Punkt.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so einfach ist.«
    »Nein. Ich denke …« Ich unterbrach mich.
    »Was?«
    Ich sah einen Augenblick weg und dann wieder auf den Tisch. »Ich denke, ich sollte jetzt gehen. Ich habe noch so viel zu erledigen.«
    »Das wollten Sie doch nicht sagen«, sagte er.
    Ich wurde rot und stand auf, um mein Unbehagen zu überspielen. »Danke für den Kaffee.«
    »Der war schrecklich, nicht wahr? Das nächste Mal spendiere ich Ihnen einen ordentlichen Kaffee.«
    Ich würde mich auf kein weiteres Treffen mit ihm einlassen, ganz egal, mit welcher Ausrede er ankäme.
    »Ich bringe Sie zum Parkplatz«, sagte er, bevor ich Widerspruch einlegen konnte.
    Ich lief, so schnell ich konnte, voran und hoffte ihn abzuhängen, doch mein Laufschritt entsprach seinem normalen Gang, er konnte problemlos mithalten. »Mein Wagen steht da drüben«, sagte ich schließlich außer Atem. »Bis zum nächsten Mal.«
    »Annabel«, sagte er, »Sie wissen, dass ich Ihnen gerne helfe, wo ich kann. Ich weiß selbst noch sehr gut, wie es war, als meine Mutter starb. Es gibt so viel zu erledigen, manches vergisst man auch. Sagen Sie mir Bescheid, falls ich was tun kann – in Ordnung?«
    »Sie sind sehr freundlich.«
    »Haben Sie meine Nummer noch?«
    »Ja«, sagte ich, zögerte jedoch ein wenig zu lang, sodass er eine Visitenkarte aus der Tasche zog und sie mir reichte. »Bis bald«, sagte er. »Rufen Sie mich an, ja?«
    Er lief über den Parkplatz zurück, was keine so gute Idee war, denn jemand hupte ihn an, sodass er vor einem Allradwagen zur Seite springen musste, der verzweifelt nach einem Parkplatz suchte.
    Es war unglaublich. Obwohl die letzten Stunden furchtbar gewesen waren, hatte seine Präsenz mich aufgeheitert. Aber sobald er gegangen war, fühlte ich mich noch einsamer als je zuvor. Um mich herum waren Menschen, Autos fuhren vorbei, doch ich war mutterseelenallein. Ich hatte Angst, dann überkam mich eine Welle der Trauer. Ich hatte niemanden. Keinen Sinn mehr im Leben, keinen, um den ich mich kümmern oder den ich beschützen konnte. Ich hatte nichts mehr.

 
    Colin
    Nach dem Orgasmus letzte Nacht habe ich schlecht geschlafen.
    Ich wachte unruhig in den frühen Morgenstunden auf, ließ mir ein Bad ein und fragte mich, ob Mr. Thomas Stearns Eliot zu meiner Faszination für den Tod und die Transformation beigetragen oder sie sogar verursacht hatte, oder ob mein Interesse daran auf den Tod meines Vaters zurückzuführen war. Vielleicht lag das Ganze aber auch noch viel weiter zurück.
    Ich lehnte mich in der Wanne zurück, schloss die Augen, versuchte mich zu entspannen und sagte mir die ersten Zeilen von Whispers of Immortality vor, verweilte bei den Worten, kostete sie aus. Auch jetzt noch, Stunden danach, muss ich an sie denken.
    Sex und Tod, denke ich, sind so untrennbar miteinander verbunden. Tote Gliedmaßen, Begierde und Schwelgerei. Sex, Verlangen, Zerfall. Und so erotische Worte, die so weich auf der Zunge liegen: »seine Begierden verstärken« … »klammert« … »ohne Brust« … »ohne Lippen« … So perfekt, so augenfällig, so wunderschön. Ich denke an Janice, die mich ebenfalls dazu inspiriert hat, diesen Pfad zu beschreiten … stelle mir vor, dass sie begraben liegt (obwohl sie verbrannt wurde) und während ihres Zerfalls schöner war als im Leben.

 
    Annabel
    Auf dem Heimweg fuhr ich zu Moms Haus. Die Macht der Gewohnheit hätte mich beinahe vorher zum Supermarkt geführt, doch da musste ich ja nicht mehr hin, oder? Ich blieb eine Weile draußen im Auto sitzen. Das Haus wirkte bereits verlassen. Ich überlegte, wer das Licht ausgemacht hatte, nachdem der Krankenwagen mit meiner Mutter abgefahren war.
    Nun, diese Grübelei brachte mich nicht weiter, außerdem hatte ich viel zu tun. Der Vorgarten wirkte ungepflegt – wie war es dazu gekommen? – das Unkraut bahnte sich bereits seinen Weg durch die Risse im asphaltierten Weg, das Gras des kleinen Vorgartens stand so hoch, dass es hässliche Büschel formte. Ich musste den Rasenmäher von zu Hause holen und mähen, bevor es richtig kalt wurde – vor allem, wenn ich das Haus verkaufen wollte.
    Schnell fügte ich das gedanklich zu der Liste hinzu, die ich abarbeiten musste.
    Im Haus war es warm, das überraschte mich. Doch natürlich war die Heizung so eingestellt, dass sie zur

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