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Wofür du stirbst

Wofür du stirbst

Titel: Wofür du stirbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haynes
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Flur entlang zum Haupteingang, dachte an die Liste der Dinge, die ich zu erledigen hatte, und hakte innerlich ein paar ab, ordnete sie neu oder fügte andere hinzu.
    »Annabel.«
    Ich schaute in die Menge der Wartenden am Empfang, und da stand er zu meiner Bestürzung schon wieder: Sam Everett. Ich ging weiter zur Tür und hoffte, er war nicht wegen mir hier.
    »Hey! Annabel!«
    Er berührte meinen Ärmel, ich konnte ihn nicht mehr ignorieren.
    »Äh, hallo.«
    Er sah mich an. »Alles in Ordnung?«
    Mir wurde klar, dass mein Verhalten seltsam auf ihn wirken musste. »Meine Mutter ist gestorben«, sagte ich. »Ich habe ihre Sachen abgeholt.«
    »Tut mir leid«, sagte er. Er schien es ehrlich zu meinen, wirkte aber nicht überrascht. »Kommen Sie, trinken wir was zusammen.«
    »Nein, danke. Ich habe irrsinnig viel zu erledigen.«
    »Nur einen Kaffee. Da drüben«, sagte er und zeigte auf die Krankenhauscafeteria, in der noch immer viele Leute saßen. »Kommen Sie.«
    Es war einfacher, ihm nachzugeben. Ich folgte ihm, trug die Tüte mit den Habseligkeiten meiner Mutter, die man mir gegeben hatte, und stellte mich benommen hinter ihn, während er sein Tablett unerträglich langsam zum Getränkeautomaten und dann zur Kasse schob.
    »Kaffee?«, fragte er, als wir endlich an der Kasse standen. »Ist Cappuccino okay?« Über allen anderen Knöpfen an der Maschine klebten Streifen, auf denen in krakeliger Schrift ›Außer Betrieb‹ stand.
    »Klar.«
    Während er bezahlte, ging ich vor und setzte mich an einen Tisch. Gleich darauf kam eine Frau und nahm zwei Tabletts mit schmutzigem Geschirr und Essensresten mit, die den halben Tisch einnahmen. »Hier muss man selbst abräumen«, sagte sie und zeigte auf ein Schild. »Manche Leute können offenbar nicht lesen.«
    Ich sah zu ihr auf, doch sie sagte nichts mehr. Ob es mir ins Gesicht geschrieben stand, fragte ich mich. Vielleicht trug ich ein Schild auf der Stirn mit der Aufschrift »Vorsicht, Trauerfall«? Ich lächelte sie an. Doch sie nahm nur wortlos die schmutzigen Tabletts mit.
    Sam setzte sich mir gegenüber, schob mir eine Tasse mit zweifarbigem Schaum zu, ein paar Tüten Zucker und ein KitKat.
    »Ich nehme eigentlich keinen Zucker«, sagte ich.
    »Haben Sie überhaupt was gegessen? Wann haben Sie das letzte Mal etwas getrunken? Ich glaube, ein wenig Zucker kann Ihnen nicht schaden.«
    »Sind Sie jetzt auch noch mein persönlicher Ernährungsberater oder was?«
    »Ja«, sagte er. »Tun Sie Zucker in Ihren Kaffee, dann haben Sie für eine Weile Ruhe vor mir.«
    Ich musste lächeln, tat aber, was er sagte. Erst als ich die Schokolade aß, wurde mir klar, wie hungrig ich war. Mein Magen knurrte. Ich nippte an meinem Getränk, das nicht heiß, sondern gerade mal lauwarm war.
    »Der Kaffeeautomat ist hinüber«, sagte ich. Der Kaffee schmeckte nach haltbarer Milch.
    »Ja.«
    »Wollen Sie mich nicht zu dem Fall ausfragen?«
    »So interessant eine solche Unterhaltung auch wäre – deshalb bin ich nicht hier.«
    Er beugte sich ein wenig vor. »Ich habe noch mal in Ihrem Büro angerufen und dann mit DI Frost gesprochen. Er hat mir erzählt, dass Sie einen unerwarteten Todesfall in der Familie hätten und eine Weile nicht ins Büro kommen würden.«
    »Und da sind Sie hergekommen …«
    »Um Sie zu sehen.«
    »Warum?«
    »Ich wollte nachsehen, ob es Ihnen gut geht. Haben Sie irgendjemanden? Brüder, Schwestern? Andere Familienangehörige?«
    »Das geht Sie zwar nichts an, aber nein. Egal – wie ich schon sagte, es geht mir gut. Sie müssen sich um mich keine Sorgen machen. Ich komme gut alleine klar, das war schon immer so. Ich muss nur die Liste abarbeiten …«
    Ich kippte den Kaffee hinunter und hoffte, so schneller nach Hause zu kommen. Irgendetwas braute sich in mir zusammen, ein Gefühl von Unbehagen, als würde ich krank. Ich wollte weg von hier, raus an die frische Luft, nach Hause fahren, die Tür hinter mir schließen und nie wieder aufmachen.
    »Hören Sie«, sagte er. »Ich habe letztes Jahr auch meine Mom verloren und weiß, wie das ist. Ich dachte einfach, ein wenig Unterstützung würde Ihnen guttun.«
    »Warum?«
    »Was?«
    »Warum ist sie gestorben? War sie krank?«
    »Sie hatte Krebs.«
    Ich nickte, obwohl ich keine Erfahrung mit Krebs hatte. Meine Mutter hatte einen Schlaganfall gehabt. Ja, sie hatte nicht mehr aus dem Haus gehen können. Ja, sie war schon älter und gebrechlich gewesen. Doch abgesehen davon und unabhängig von der Brustentzündung war sie

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