Woge der Begierde
kalte steife Schulter der Frau auf dem Bett. Aber du hast seine Pläne durchkreuzt, Katherine.
Wenn der Tod des vermeintlichen Landstreichers schon für Aufregung gesorgt hatte, so war die nach der Entdeckung der toten Frau und ihres Kindes in dem versiegelten Zimmer auf Beaumont Place zehnmal schlimmer. Alle in der Gegend, von Lord Trevillyan angefangen bis hinunter
zu der einfachsten Spülmagd, hatten Fragen, und Mutmaßungen blühten und gediehen allerorten.
Vor der Beerdigung zwei Tage später brachte die Untersuchung der Leichen durch den ortsansässigen Arzt die Erkenntnis, dass das Baby ein Mädchen gewesen und an einem eingeschlagenen Schädel gestorben war. Die Frau war entweder durch ihre eigene Hand umgekommen oder war umgebracht worden. Ihr war nach Ansicht des Arztes ein Dolch in die Brust gestoßen worden, aber darüber hinaus wollte er keine Vermutungen abgeben.
Aus der Einrichtung des Zimmers ließ sich schließen, dass die Frau von hohem Rang gewesen war, sodass man davon ausgehen konnte, dass sie ein Mitglied der Familie Beaumont gewesen sein musste. Die beiden Leichname wurden in einer schlichten Zeremonie an einem Ehrenplatz auf dem Familienfriedhof beigesetzt. Vorerst zierte nur ein Marmorengel, der ein lachendes Kind im Arm hielt, das Grab; ein Name und Daten würden eingraviert werden, sobald feststand, um wen es sich handelte.
Daphne fiel es schwer, nicht einfach mit der Wahrheit herauszuplatzen, aber dann würde sie erklären müssen, woher sie das wusste, und das würde nur zu Problemen führen. Doch da sie Katherines Namen kannte, konnte sie die Suche vorsichtig steuern.
Das Zimmer selbst erwies sich als reichste Quelle für Informationen. Mit dem Wissen eines Gelehrten, der für seine Forschungen in der fraglichen Epoche berühmt war und den sie hatten kommen lassen, ließ sich der Raum auf Anfang bis Mitte des 16. Jahrhunderts datieren. Vielleicht auch ein Jahrzehnt früher oder später, so unterrichtete der Mann sie mit einem trockenen Lächeln, ehe er wieder nach London abreiste.
Sobald sie begonnen hatten, die Papiere aus dieser Zeit durchzusehen, gab es überall Hinweise. Besonders da Daphne, tatkräftig unterstützt von Charles, alle in die richtige Richtung lenkte. In dem Kirchenregister wurde als Datum der Hochzeit von Sir Wesley mit Katherine Lehman der 2. Oktober 1557 gefunden. Dort stand auch Sir Wesleys Tod Anfang 1559 verzeichnet. Es war vielsagend, dass es keinen Eintrag mit Katherines Todesdatum gab. Nach ihrer Hochzeit mit Sir Wesley war sie aus allen amtlichen Aufzeichnungen verschwunden, die sie entdecken konnten.
Die Familie Lehman in Cornwall war irgendwann im 18. Jahrhundert ausgestorben, aber der Vikar hatte in seinen Unterlagen eine Reihe von Papieren aus ihrem Nachlass. Darunter befanden sich zu Daphnes Freude auch mehrere Briefe von Katherine an ihre Mutter, eine wahre Schatzkiste an Informationen, auch wenn ihre Lektüre bedrückend war. Einzelheiten aus Katherines furchtbarer Ehe mit Sir Wesley wurden darin enthüllt. Katherines Furcht vor ihrem Gatten, ihre Einsamkeit und ihr Heimweh, ihre Sehnsucht nach ihrer Familie sprachen aus jedem Wort, das sie geschrieben hatte. In einem Brief entdeckte Daphne den Grund, weshalb Katherine in die fensterlose Kammer verbannt worden war, zu der man nur über die Geheimtreppe gelangte. Hochschwanger, voller Angst um ihr Schicksal und das ihres Kindes, sollte sie ein Mädchen statt des Sohnes zur Welt bringen, den sich ihr Mann so verzweifelt wünschte, hatte sie versucht, zum Haus ihres Vaters zu fliehen. Von einem Diener verraten war sie von Sir Wesley und seinen Männern kaum fünf Meilen entfernt von Beaumont Place gefasst und zurückgeschleppt worden. Er hatte angeordnet, dass sie bewacht und eingesperrt wurde, bis sie ihm seinen Erben geboren hatte.
Danach gab es nur noch einen Brief, geschrieben im November 1558.
Mutter, hatte Katherine mit ihrer herzerweichend kindlichen Schrift geschrieben, ich sehne mich so danach, dich zu sehen und deine sanften Arme um mich zu spüren. Meine Zeit ist nah, und welche Freude ich empfände, wenn ich zu Hause bei dir und Vater sein könnte und meinen lieben kleinen Brüdern. Ich vermisse euch alle. Küss sie von mir und sag ihnen, wie lieb ich sie habe. Es ist so einsam hier in diesem Gefängnis, das er für mich erschaffen hat, und ich sehne mich nach dem Tag, da ich mein Baby in den Armen halten werde. Ich ertrage den Gedanken nicht, was sein wird, wenn es ein Mädchen
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