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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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rechte Spur, warte auf eine Lücke im Verkehr und dann wende einfach auf die Gegenfahrbahn«, befahl Jo. »Gleich nach diesem grünen Laster müsste es klappen.«
    Hektisch riss Nina den Wagen herum.
    »Verschwinde, du blöde Kuh!«, brüllte ein Fahrer, den Nina in ihrer Panik übersehen hatte und der sich rasch von links näherte. Nina lenkte gerade noch rechtzeitig zur Seite, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Ihre schweißnassen Hände rutschten vom Lenkrad.
    »Kümmere dich nicht um ihn, Mum!«, rief Jo. »Okay, ich sage dir, wann du wenden kannst. Nach dem weißen Auto. Jetzt, Mum, jetzt! Los!«
    Während Jo Rick festhielt, drückte Nina fest auf die Hupe, wendete und gab Gas.
    Die nächste Viertelstunde war die schlimmste in Jos Leben. Während Nina zurück zum Krankenhaus raste, immer wieder die Spur wechselte, anderen Wagen auswich und rote Ampeln ignorierte, versuchte Jo zu verhindern, dass Rick im Auto herumgeschleudert wurde. Inzwischen war sein Kopf gegen die Lehne gesackt, und sein Atem klang immer gepresster und flacher.
    Nina raste durch die Einfahrt des Prince-of-Wales-Krankenhauses und bremste mit quietschenden Reifen vor dem Eingang der Notaufnahme. Der Geruch von verbranntem Gummi wehte durch die Luft. Jo sprang aus dem Fahrzeug, noch ehe es richtig stand. Nachdem sie ihrer Mutter zugerufen hatte, sie solle bei Rick bleiben, ihn aber auf keinen Fall bewegen, hastete sie nach Hilfe rufend ins Gebäude.
    Wenige Sekunden später war sie mit zwei Pflegern zurück, die eine klappernde Trage schoben und ihr eilig zum Wagen folgten. Jo musste den beiden Männern helfen, Ricks schlaffen Körper aus dem Bentley auf die Trage zu heben und ihn durch die Schwingtür zu rollen. Nina folgte ihnen, auf ihren hohen Absätzen schwankend.
    »Verletzter mit Code null, Verletzter mit Code null«, verkündete die Schwester am Empfang über Lautsprecher. Das bedeutete, dass sich alle Ärzte und Schwestern auf der Etage sofort in der Notaufnahme melden sollten. Drei Schwestern, der Chefarzt und ein junger Assistenzarzt rannten ihnen auf dem Flur entgegen. Mit angehaltenem Atem sah Jo zu, wie die Pfleger die Trage in den Wiederbelebungsraum brachten. Angst stieg in ihr hoch, als Rick plötzlich Krämpfe bekam und sich auf der Trage aufbäumte.
    »Akuter Krampfanfall«, stellte der Assistenzarzt fest.
    »Atemstillstand«, rief eine der Krankenschwestern.
    »Wir müssen intubieren«, wies der Chefarzt an und übernahm das Kommando. »Geben Sie mir einen Luftröhrentubus Größe sieben. Dr. Taylor, legen Sie eine Infusion.«
    Er leuchtete Rick mit einer Taschenlampe in die Augen.
    »Verdammt, eine Pupille ist geplatzt. Jemand soll einen Neurochirurgen verständigen.« In heller Angst beobachteten Jo und Nina, wie der nervöse Assistenzarzt sich an der Infusionsflasche zu schaffen machte.
    »Es wäre besser, wenn Sie draußen warten«, meinte eine Krankenschwester mit Nachdruck und schob Mutter und Tochter in den Aufenthaltsraum. Währenddessen wurde der Patient an die Beatmungsmaschine und an den Herzmonitor angeschlossen.
    In dem stickigen Aufenthaltsraum ging Nina auf und ab, spielte mit ihren langen Nägeln und plapperte unablässig über aggressive Autofahrer und Verkehrsstaus. Jo starrte verzweifelt auf die zerfledderten Zeitschriften auf dem Couchtisch, ohne sie wirklich zu sehen. Waren sie wirklich schnell genug ins Krankenhaus zurückgekehrt? Warum war Rick im Auto so plötzlich zusammengebrochen? Sie versuchte, mit ihrer Mutter darüber zu sprechen, aber Nina hörte gar nicht zu.
    »Ich muss deinen Vater anrufen«, verkündete sie im nächsten Moment und durchwühlte ihr Handtäschchen nach dem Notizbuch. Sie hatte keine Ahnung, wo er gerade steckte. Sie öffnete die Tür und wäre beinahe mit einer Schwester zusammengestoßen, die ein Tablett mit Tee und Plätzchen trug.
    »Ich muss telefonieren«, herrschte Nina sie an und zückte einen Fünfzigdollarschein.
    »Am Empfang gibt es ein Telefon, Mrs Kingsford«, entgegnete die Schwester, ohne auf das Geld zu achten.
    Als Nina fort war, ballte Jo immer wieder ihre unverletzte Hand zur Faust und öffnete sie dann. Dabei starrte sie ins Leere. Rick durfte nicht sterben. Er durfte einfach nicht. Noch vor einer Stunde war er vergnügt gewesen und hatte gelacht und Witze gerissen. Sie schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Wand. Ein kaltes Gefühl machte sich in ihrer Magengrube breit. Ihre Schulter schmerzte unerträglich. Die Stille in dem leeren Raum war

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