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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Ich ließ die Pakete fallen und drückte Dani an mich.
    Jetzt stand die Tür ganz offen, und ich konnte in Danis Zimmer sehen. Es war klein und schmal, mit zwei Feldbetten an den beiden Längswänden. Hoch oben in der Außenwand ein kleines Fenster. Auf einem der Betten saß eine junge Frau, die aufstand, als ich eintrat.
    »Das ist Miss Spicer, Daddy«, sagte Dani. »Miss Spicer, das ist mein Vater.«
    Die junge Frau streckte mir die Hand hin. »Es freut mich, Sie kennenzulernen, Colonel Carey«, sagte sie. Ihr Händedruck war fest und freundlich. »Ich bin Marian Spicer - die Bewährungshelferin, der Dani zugeteilt ist.«
    Ich starrte sie an. Irgendwie hatte ich mir bei dem Ausdruck »Bewährungshelfer« so etwas wie einen Mann mit einem harten, strengen Gesicht vorgestellt. Diese Frau hier war jung, nicht älter als vielleicht achtundzwanzig, mittelgroß, mit braunem Haar, das lockig ihr Gesicht einrahmte, und lebhaften braunen Augen. Ich glaube, sie sah mir meine Überraschung an, denn ihr Lächeln verstärkte sich. »Guten Tag, Miss Spicer.«
    Anscheinend war sie diese Reaktion gewöhnt, denn sie ging nicht darauf ein. Sie sah auf die Pakete. »Ich sehe, dein Vater hat dir etwas mitgebracht. Ist das nicht nett?«
    Dani sah mich fragend an. Ich wußte, daß sie den Koffer erkannte. »Deine Mutter schickt sie dir«, sagte ich.
    Wie ein Schleier senkte es sich über Danis Augen. »Kommt Mutter nicht?«
    »Nein. Sie fühlt sich nicht recht wohl.«
    Der Schatten in ihrem Blick wurde tiefer. Ich konnte nicht mehr hinsehen. »Ich habe sie auch nicht wirklich erwartet, Daddy«, sagte sie leise.
    »Doktor Bonner hat ihr gesagt, sie soll im Bett bleiben. Ich weiß, wie gerne sie.«
    Dani unterbrach mich. »Woher weißt du das, Daddy? Hast du sie denn gesehen?«
    Ich schwieg.
    »Sie hat sicher Charles geschickt, und der hat dir die Sachen gegeben. War es nicht so, Daddy?« Ihre Augen sahen mich herausfordernd an, ob ich wohl widersprechen würde.
    Ich nickte. Sie wandte sich mit fast zorniger Geste ab.
    »So, Dani, ich gehe jetzt, solange du deinen Vater hier hast. Später komme ich wieder«, sagte Miss Spicer ruhig.
    Dani ging zum unteren Ende des Bettes und setzte sich mit abgewendetem Gesicht. Ich sah mich nochmals im Zimmer um. Es maß etwa zweieinhalb mal drei Meter. Außer den beiden Betten waren nur noch zwei kleine Kommoden am Fußende der Betten und ein Stuhl vorhanden. Die Wände waren einst grün gewesen, dann aber ohne viel Erfolg cremefarben gestrichen worden. Sie waren dicht bekritzelt. Ich sah genauer hin: meistens Jungennamen oder Daten für Verabredungen, dann und wann eine Telefonnummer. Dazwischen hier und da ein paar obszöne Worte, wie man sie an den Wänden öffentlicher Toiletten findet. Ich sah auf Dani. Von der jungen Dame, die gestern früh die Treppe herunterkam, war nichts mehr geblieben. Statt ihrer saß da ein kleines Mädchen auf dem Feldbett. Ihr einziges Make-up war ein wenig blasser Lippenstift, und statt der toupierten Frisur hatte sie das Haar mit einem Gummiband zum Pferdeschwanz zusammengebunden. Mit Bluse und Rock sah sie sogar noch jünger als vierzehn Jahre aus.
    Ich griff nach einer Zigarette. - »Gib mir eine, Daddy.«
    Ich sah sie erstaunt an. »Ich wußte nicht, daß du rauchst.«
    »Du weißt eine Menge Dinge nicht, Daddy«, sagte sie ungeduldig.
    Ich gab ihr eine Zigarette und Feuer. Ja - sie rauchte. Ich sah es daran, wie sie inhalierte und den Rauch dann noch einmal durch die Nase ziehen ließ.
    »Weiß deine Mutter, daß du rauchst?« fragte ich.
    Sie nickte und sah mich wieder herausfordernd an.
    »Ich halte das für gar nicht gut. Du bist noch so jung.«
    Sie schnitt mir schnell das Wort ab. »Fang jetzt nicht mit diesem väterlichen Ton an. Dafür ist es zu spät.«
    In einer Hinsicht hatte sie recht. Zu lange war ich nicht bei ihr gewesen, zu viele Jahre. Ich wechselte das Thema. »Willst du dir nicht ansehen, was dir deine Mutter schickt?«
    »Ich weiß schon, was Mutter mir geschickt hat«, entgegnete sie. »Konfekt, Bücher, Kleider. Dasselbe Zeug, das sie mir immer schickt, wenn ich weg bin. Schon seit dem ersten Sommer, als sie mich in ein Ferienheim gesteckt hatte.«
    Plötzlich standen ihre Augen voller Tränen. »Ich glaube, sie denkt, das hier ist auch nichts anderes als wieder einmal so ein Heim. Sie hat mir immer etwas geschickt, sicher. Aber sie hat mich nie besucht, nicht einmal am Elterntag.« Ich hätte sie gern an mich gezogen und beruhigt, aber irgend

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