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Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung

Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung

Titel: Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eileen Wilks
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Schnurren einer Katze denken, und auf einmal wurde die Katze vor ihrem geistigen Auge lebendig – die Größe und Form des Tieres, sein weiches Fell und die scharfen Krallen. Die Art, wie sie sich bewegte – als gehöre ihr die Welt.
    Mit dem Namen, von dem der Dämon behauptet hatte, es sei der ihre, konnte sie nichts anfangen, aber vielleicht würde diese Erinnerung auch noch zurückkommen. Vielleicht würde sie irgendwann wieder wissen, wer „Lily“ war.
    Der Staub war zwar weich unter ihren Füßen, juckte aber unangenehm in der Nase und kratzte in der Kehle. Mit jedem Schritt stieg eine kleine Wolke auf. Sie hustete.
    „Scht“, machte Gan, ohne sich nach ihr umzusehen.
    Der Dämon führte sie. Sie blieb einige Schritte zurück, und der Wolf streifte umher. Sie hatte ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen, wusste aber, wo er war.
    Das hatte sie überrascht. Als er das erste Mal außer Sicht geraten war, um nach Gefahren Ausschau zu halten, war sie besorgt gewesen, bis sie festgestellt hatte, dass sie ihn spüren konnte. Nicht etwas Bestimmtes, wie seine Gedanken oder Gefühle, aber sie wusste, wo er sich aufhielt.
    Gerade jetzt war er auf dem Weg zurück zu ihnen. Das Tal bot nicht viele Verstecke, aber die wenigen Sträucher, Senken und Erhebungen im Boden reichten dem Wolf – Rule – als Deckung. Außerdem bewegte er sich sehr leise, fast unheimlich leise. Selbst Gan hörte nicht, wenn er sich ihnen näherte.
    Rule hätte wahrscheinlich auch allein an diesem Ort überleben können, aber er würde sie nicht verlassen. Auch wenn er böse auf sie war, weil sie diese Entscheidung getroffen hatte – und das war, seit sie die Schlucht verlassen hatten, offensichtlich gewesen –, er würde immer bei ihr bleiben. Das wusste sie ganz sicher, auch wenn sie nicht erklären konnte, was ihr dieses Gefühl vermittelte.
    Auch der Dämon käme vermutlich sehr gut alleine klar. Nur sie nicht. Sie war jetzt keine Belastung mehr, ihre Wunde war geheilt. Doch sie war ganz einfach nutzlos.
    Allerdings hätten die beiden anderen sich längst gegenseitig umgebracht, wenn sie nicht gewesen wäre.
    Eine große, dunkle Gestalt wuchs aus dem Boden vor ihnen. Gan schrie erschrocken auf und sprang zurück. Er drohte dem Wolf mit der Faust. „Lass das gefälligst!“
    „Scht“, sagte Lily.
    Gan drehte sich um und funkelte sie wütend an.
    Der Wolf – Rule – grinste. Wenigstens schien es Lily so. Er grollte den Dämon an.
    „Was hat er gesagt?“
    Gan warf Rule einen verächtlichen Blick zu. „Oh, das kleine Hündchen ist müde und durstig.“
    Rule grollte lauter.
    „Komm schon, Gan. Was hat er wirklich gesagt?“
    „Er hat Wasser gefunden“, sagte Gan widerwillig. „Er findet, wir sollten Rast machen, bevor wir die Grenze zur Zone überschreiten.“
    „Gut.“ Sie war nicht durstig, aber sie wollte sich den Staub aus der Kehle spülen. Hungrig war sie auch nicht, und das war merkwürdig, jetzt, da sie darüber nachdachte. War das etwa eine Nebenwirkung des ymu?
    Was dieses Zeug wohl noch alles bei ihr bewirkt hatte, das ihr bisher nicht aufgefallen war. Das ihr vielleicht auch gar nicht auffallen würde, weil ihr die notwendigen Erinnerungen fehlten, um Vergleiche ziehen zu können?
    Rule sah sie fragend an. Sie nickte, und er trottete voran. Sie folgte ihm. Auch Gan setzte sich in Bewegung. Er schimpfte zwar über den Umweg, aber sie hatte den Verdacht, dass auch der Dämon eine Pause nötig hatte und nur widersprach, weil der Wolf die Idee gehabt hatte.
    Der Boden hier war angenehmer unter ihren Füßen als das Felsgestein. Das Tal selbst war eintönig, aber die Berge zu ihrer Rechten waren auf ihre Art recht hübsch. Dort wurde die Vegetation artenreicher und überzog die Höhen mit bunten Bändern – ockergelb, rotbraun und braun –, in allen Schattierungen von Sand über Kaffee zu Wein.
    Ganz anders als die Berge auf der anderen Seite des Tales.
    Sie hielt inne und blickte zurück und versuchte, die Stelle auszumachen, an der sie von den Bergen herunter in dieses Tal gelangt waren. Irgendwo in diesem Gebirge lag die Schlucht, die in gewissem Sinne ihr Geburtsort war. Dort lagen ihre ersten Erinnerungen.
    Sie konnte die Stelle jedoch nicht finden.
    „Was ist?“, flüsterte Gan. „Siehst du etwas?“
    Der Dämon hatte angehalten. Genau wie der Wolf, der sie nun über die Schulter hinweg ansah. Sie schüttelte den Kopf, unfähig, die Gefühle, die sich in ihrem Magen ballten, in Worte fassen zu können.

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