Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
schießen! Du wirst ihn umbringen!“
„Ich benutze kein Gewehr. Geh zur Seite, verdammt!“
Sie warf einen Blick zurück über ihre Schulter – und trat eilig zur Seite.
Direkt hinter ihr stand Cynna, einen Arm nach oben gestreckt. Der andere zeigte auf das kämpfende Knäuel aus Wolf und Dämon. Ihre Lippen bewegten sich, aber das Knurren und Heulen war so laut, dass Lily nicht verstehen konnte, was sie sagte. Und aus Cynnas Hand strahlte blutrotes Licht.
Nur verhielt es sich nicht wie Licht. Träge floss der hässlich rote Schimmer von ihr zu den kämpfenden Bestien – langsam, viel zu langsam! Rule hatte es erwischt – er bewegte sich nicht mehr. Lily legte wieder ihre Waffe an die Schulter …
Und dann traf ihn das Licht. Der Dämon erstarrte und fiel tot um.
„Heiliges Kanonenrohr!“ Ihrer Stimme war der Schreck anzuhören. „Es hat tatsächlich funktioniert.“
Lily rannte zu Rule.
Und Lily ebenfalls.
Seine Flanke war voller Blut, zu viel Blut, um festzustellen, wie schlimm die Verletzung wirklich war. Aber sie war schlimm. Das wusste sie. Er atmete schwer mit geschlossenen Augen. Sie hob den Blick und erschrak, als sie in ihre eigenen Augen sah.
„Geh jetzt“, sagte die Lily in Blau. „Du musst sofort gehen und ihn dorthin bringen, wo er heilen kann. In ein … ein Krankenhaus.“ Sie sagte das Wort, als täte sie es zum ersten Mal. „Hier wird er sterben.“
„Das Tor …“
„Sam hat mir gesagt, wie es funktioniert.“
Und da verstand sie. Ohne zu wissen, wie es möglich war, verstand sie, was die andere Lily meinte. Ihr Mund wurde trocken. „Es muss eine andere Möglichkeit geben.“
„Komisch.“ Ihre Mundwinkel zuckten nach oben, aber in ihren Augen schimmerten Tränen. „Das habe ich auch gesagt.“ Sie nahm sich die Kette mit dem baumelnden Anhänger ab. „Aber es gibt keine. Du bist das Tor.“
Langsam streckte Lily die Hand aus. Sie wusste, was sie tat, was sie entgegennahm.
Die andere Lily legte das toltoi hinein. „Sag ihm …“ Sie sah hinunter und streichelte Rules Kopf. „Sag ihm, wie froh ich war, dass es ihn gab. Wie unglaublich froh.“
Lilys Hand schloss sich um die Halskette. Die Kehle wurde ihr eng, und sie konnte nur nicken.
Die andere – ihr anderes Ich – sprang auf. Zog am Ausschnitt ihres Sarongs, und er öffnete sich. „Verbinde ihn hiermit. Er blutet so stark.“ Sie warf den Stoff Lily zu – und rannte los. Nackt, barfuß und so schnell sie konnte.
Zum Kliff. Geradewegs auf den Rand des Kliffs zu.
Die kleine Dämonin verstand als Erste. „Nein!“, brüllte sie und rannte ihr mit fliegenden Beinchen nach. „Nein, Lily Yu! Lily Yu, ich mag dich doch! Wirklich, das tue ich! Tu es nicht!“
Sie sprang.
Lily spürte, wie die Luft – Luft, in der schwer der Duft des Meeres lag – an ihr vorbeirauschte. Nein, sie stand doch da, und Tränen strömten über ihre Wangen – tiefer und tiefer fiel sie, entfernte sich viel zu weit von Rule …
Ein Hammerschlag traf sie am ganzen Leib. Und sie starb.
34
Und schlug die Augen auf.
Das Erste, was sie erblickte, war Cullens Gesicht. Sein Arm stützte sie. „Gott“, flüsterte er, „Oh Dame dort oben. Warum nur. Warum ist sie … und du. Geht es dir …?“
„Nicht … gut. Nein.“ Ihre Zunge war dick. Sie schluckte. „Das Tor wird sich jetzt öffnen.“
Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt. Sie sind auf dem Pass und warten darauf, dass ihr Lord eintrifft und ihn weitet. Xitil hat in letzter Zeit ein wenig zugenommen. Der Drache ließ sich nieder, faltete aber seine Flügel nicht ganz zusammen.
Dann ließ sich eine andere Stimme vernehmen, leise und unsicher. Es war Gan, die am Rand des Kliffs stand. „Ich bin am Leben. Sie ist tot, und ich lebe. Das ist doch nicht richtig, oder?“ Dann setzte sie noch leiser hinzu. „Ich mochte sie. Wirklich.“
Lily setzte sich auf. Das toltoi hielt sie immer noch fest umklammert. Als sie … das Bewusstsein verloren hatte, hatte sie es nicht fallen lassen. „Sam, wir gehen auf dein Angebot ein. Und ich bin deiner Meinung. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt.“
Cynna war damit fertig, den blauen Stoff um Rules Wunden zu binden. „Hat jemand Max gesehen?“
Schließlich fanden sie ihn auf dem Boden liegend nicht weit entfernt von dem Vorsprung, von dem aus der Rotäugige gesprungen war. Er war bewusstlos, aber am Leben – der Rotäugige hatte wahrscheinlich angenommen, er habe ihn getötet, als er ihn von den Felsen hinuntergeworfen hatte. Aber
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