Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
Reaktion bemerkte. „Ist das normal, dass hier so viele Bäume stehen?“
Er blinzelte überrascht. „Schon mal was von Wald gehört?“
„Ich war schon mal in einem. Man war auf der Suche nach einem elf Jahre alten Mädchen …“ Sie drängte die Erinnerung weg. „Aber da war Abstand zwischen den Bäumen, und die Bäume waren viel höher. Diese hier stehen ganz eng beieinander. Sie beugen sich über die Straße.“
„Mal abgesehen von der Frage, ob man das hier überhaupt eine Straße nennen kann …“ Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, fuhren sie über eine weitere Bodenwelle. „Das ist ein Laubwald, der irgendwann mal gefällt wurde. Was du hier siehst, ist das, was nachgewachsen ist, und das bedeutet, dass es ziemlich buschig ist. In älteren Wäldern gibt es weniger konkurrierendes Wachstum.“
„Ja, die Bäume konkurrieren so miteinander, dass sie sich schon über die Straße hermachen. Sie versuchen, sie hier rauszudrängen.“
„Ach bitte, sag mir nicht, du bist einer von diesen Dummköpfen, die alles personifizieren.“
„He, in manchen magischen Systemen arbeitet man mit Personifikation. Wiccas und andere Heiden sagen, dass Pflanzen einen Willen haben, also …“
Er schnaubte abschätzig. „Du hast zu viele Comicfilme gesehen. Pflanzen haben kein Bewusstsein von sich selber, und das braucht es, um einen eigenen Willen zu bilden, obwohl sie zusammen manchmal eine gemeinsame Form von Bewusstsein entwickeln. Aber es ist lächerlich, ihnen menschliche Motive zuzuschreiben.“
Sie begann, Gefallen an ihrem kleinen Streit zu finden. „Ich bin ein einfaches Mädchen. Selbst wenn diese Bäume kein Bewusstsein haben, wie wir es verstehen, haben sie vielleicht eine Dryade oder so, die auf sie aufpasst.“
„Eine Dryade?“, fragte er ungläubig. „In einem nachgewachsenen Wald, so nah an der Zivilisation?“
Sie winkte ab. „Okay, das ist eher unwahrscheinlich. Aber in vielen afrikanischen, keltischen und amerikanisch-indianischen Traditionen glaubt man, dass in Bäumen Geister leben, mit denen die Menschen kommunizieren können, nicht wahr? Es gibt einen Haufen Legenden darüber.“
„Legenden sind vor allem Allegorien. Und das bedeutet“, erklärte er freundlich, als wäre sie drei Jahre alt, „dass man sie nicht wörtlich nehmen darf.“
„Ich glaube, ich verstehe den Unterschied zwischen symbolischer und wörtlicher Bedeutung. Ohne ein gewisses Verständnis von Symbolik zu haben, lässt sich schlecht zaubern, oder? Aber vielleicht gibt es Baumgeister tatsächlich. Ich kenne einen Schamanen, der der Eiche in seinem Garten bei jedem Neumond ein Opfer darbringt, indem er an den Wurzeln Tabakblätter vergräbt.“
„Schamanische Praktiken verbinden den, der sie ausführt, mit großen und kleinen Erdgeistern oder mit Göttern, nicht mit einzelnen Bäumen.“
„Er sagt, dass er mit dem Baum in Verbindung tritt, nicht mit einem Allzweckgeist.“
„Dann irrt er sich. Oh, seine Eiche hat wahrscheinlich wirklich Macht. Bäume absorbieren über die Jahre eine nicht unwesentliche Menge an Magie, aber nicht alles, das Magie besitzt, ist ein fühlendes Wesen. Oder glaubst du, dass Kristalle lebendig sind und sich gegen dich verschwören?“
Sie rollte mit den Augen. „Sarkasmus beweist gar nichts. Findest du nicht, dass diese Bäume etwas Bedrohliches an sich haben?“
Nicht nur, dass er keinerlei Bedrohung spürte, er fand auch, dass sie sich benahm wie ein Dummkopf. Was sie ebenfalls gern zu diskutieren bereit war.
Cynna hatte gewusst, dass es bei Cullen nicht viel brauchte, um einen Streit vom Zaun zu brechen. Sie stritten sich ständig. Für den Rest der Fahrt zum Clangut war es eine angenehme Ablenkung, nicht nur für Cullen. Timms war so damit beschäftigt, zuzuhören, dass er langsamer fuhr und den Mund hielt.
Vielleicht war sie in ihrer Rolle als leitende Ermittlerin doch nicht so ungeschickt, auch wenn ihre Methoden unkonventionell waren. Sie erreichte damit ihr Ziel, ohne dass ein Tropfen Blut vergossen wurde.
Das Heimatterritorium der Leidolf war dem der Nokolai nicht sehr ähnlich. Die Straße führte zu einer Lichtung in der Größe von zwei Footballfeldern. Sie sah nur vier Gebäude: eine Scheune, ein lang gestrecktes, einstöckiges Gebäude, das aussah wie ein Schlafsaal, und zwei Häuser. Das erste war ein kleines graues Steinhaus. Rauch kam aus dem Schornstein. Gegenüber, vor dem Barackengebäude, waren drei Lastwagen und ein Auto geparkt.
Sie fuhren zu
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