Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
den Kopf geschlagen. Ebenso gut hätte Cullen sagen können: »Alle Mitglieder des Etorri-Clans sind Frauen.« Frauen konnten sich nicht wandeln. Mächte konnten nur von dem Rho und seinem Thronfolger übernommen werden. »Du meinst, sie haben sie?«, fragte er schließlich vorsichtig. »Nicht dass sie sie hören. Sie tragen sie tatsächlich in sich?«
»So ist es. Beim ersten Wandel ist die Macht …« Er hielt inne und fuhr sich mit der Hand über den Kopf. »Worte treffen es irgendwie nicht, oder? Aber so wie ich es verstehe, hören die Jugendlichen in anderen Clans beim ersten Wandel die Clanmacht, weil sie von den anderen Clanmitgliedern umgeben sind. Bei den Etorri teilen sie die Macht. Das ist es, was sie gegen diesen Krebs schützt, Rule. Sie tragen einen Teil der Macht in sich.«
Rule versuchte immer noch, das Unmögliche zu begreifen. Nicht nur, dass man ihm immer gesagt hatte, es sei unmöglich. Als jemand, der zwei Teile der Clanmacht in sich trug, wusste er, dass es unmöglich war. »Teilung widerspricht dem Wesen der Clanmächte. Sie streben von Natur aus nach Einheit.«
»Die Dame«, sagte Cullen, »hat die Clanmacht der Etorri verändert. Ich weiß, dir fällt es schwer, es nicht deinem Vater zu sagen. Vielleicht erleichtert es dein Gewissen, wenn ich dir sage, dass die Rhejes über die Natur der Etorri-Clanmacht Bescheid wissen. Es findet sich in den Erinnerungen, die sie hüten.«
»Ich verstehe nicht, wie sie so stark verändert werden konnte, dass sie sich teilen ließ. Ich verstehe nicht, wie der Clan funktionieren kann, wenn nicht die Macht allen Mitgliedern ihren Platz zuweist.«
»Aber es geht. Jeder übernimmt einen Teil, aber nicht gleich viel. Die Macht selber entscheidet, wie viel jeder bekommt.«
Rule schüttelte den Kopf. »Es ist nicht so, dass ich dir nicht glaube, aber ich kann dir auch nicht …« Auf einmal begriff er. »Guter Gott. Dann hattest du also auch einen Teil der Clanmacht. Als du aus dem Clan verstoßen wurdest –«
Cullen war weiß um das Kinn und um die Augen herum. »Ja. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich einen Teil der Etorri-Clanmacht.« Sein Lächeln war alles andere als froh. »Tatsächlich hatte ich so viel, dass ich der Dritte in der Reihe der Anwärter auf den Job des Rho war. Das war einer der Gründe, warum sie absolut dagegen waren, mir zu erlauben, weiterhin im Clan zu bleiben. Ein Zauberer als Rho, das wäre undenkbar gewesen.«
Rule war fassungslos. Wie hatten sie Cullen das nur antun können? Ihn auszustoßen war schlimm genug. Ihm auch den Teil der Clanmacht zu nehmen … »Inwiefern ist die Macht der Etorri anders als andere Clanmächte?«
Cullens Achselzucken war nicht so elegant wie sonst. »Ich will es einmal so ausdrücken – die Macht war bereit, mich im Clan zu lassen. Aber das ist jetzt auch egal.« Er fuhr mit der Hand durch die Luft, als ziehe er einen Schlussstrich unter die Vergangenheit. »Der Punkt ist, Rule, dass Toby einen Teil der Macht für seinen ersten Wandel braucht. Die Macht wird sein Muster stärken und verhindern, dass der Krebs ausbricht.«
»Die Macht des Rho hat nicht verhindert, dass Victor Frey an Krebs erkrankt ist.« In diesem Moment starb Frey an dem wilden Krebs – langsam zwar, aufgrund der Heilgabe der Rhej der Leidolf, aber er lag im Sterben.
»Victor ist hundertsechzig Jahre alt. Ich würde sagen, die Macht hat ihn die ersten hundertneunundfünfzig Jahre ziemlich gut geschützt.«
Rule atmete langsam ein und wieder aus. »Na gut. Die Macht der Nokolai wird sich nicht so leicht teilen lassen wie die der Etorri. Ich muss meinen Vater davon überzeugen, Toby statt meiner zum Thronfolger zu ernennen. Es verstößt zwar gegen die Tradition, jemanden, der zu jung ist, um das Amt des Lu Nuncios auszuüben, Thronfolger werden zu lassen, aber –«
»Rule.« Cullen schüttelte den Kopf und seufzte, als wäre Rule ein begriffsstutziger Schüler. »Du hast zwei Thronfolgermächte. Wenn Toby seinen ersten Wandel durchlebt, wird Victor längst tot sein. Wenn du der Rho der Leidolf bist, kannst du Toby zum Thronfolger bestimmen und ihm diesen Teil der Clanmacht geben.«
26
Um zwei Uhr schlenderte Cullen in Lilys provisorische Außenstelle im Büro des Sheriffs. Zwei ihrer Leute waren bei ihr – Brown und Brown Zwei – und zwei Deputies. Gerade hatte sie sie darüber informiert, dass sie jetzt nach einem Todesfall suchten. Und zwar einem, der am Tag der Wende stattgefunden hatte.
Deacon, der schon kurz vor
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