Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
verzog das Gesicht und beschloss, ihren Laptop zu holen, bevor sie damit anfing. Er war im Kofferraum ihres Wagens.
Sie musste sich ohnehin ein paar Dinge aus ihrer Unterhaltung mit Cullen notieren, also war es nicht nur eine Entschuldigung, um aufzustehen. Aber es tat gut, sich zu bewegen, die Treppen hinunterzueilen und die schwüle, aber unklimatisierte Luft einzuatmen, als sie das Gebäude verließ. Noch besser wäre es gewesen, wenn sie einfach so hätte weitergehen können. Sie musste mal wieder laufen gehen.
Aber so bald würde das nicht möglich sein. Morgen früh vielleicht.
Sie nahm ihren Laptop und schloss gerade den Kofferraum, als sie hörte, wie jemand ihren Namen rief. Als sie sich umdrehte, sah sie einen großen, schlanken Mann vom anderen Ende des Gebäudes mit großen Schritten auf sie zukommen, er glich einem Storch, der es eilig hatte.
Lily seufzte. Ed Eames war ein Reporter der Associated Press. In Washington hatte sie mehrfach mit ihm zu tun gehabt; er war ganz in Ordnung – hinter der ein wenig begriffsstutzigen und freundlichen Fassade versteckten sich ein scharfer Verstand und die Hartnäckigkeit einer Bulldogge. Aber er spielte fair.
»Ich habe nichts für Sie, Ed«, sagte sie, als er bei ihr war, und klang dabei sogar beinahe bedauernd. »Nicht einmal inoffiziell. Es ist noch zu früh, die Ermittlungen haben gerade erst begonnen.«
»Oh, na ja. Vielleicht später.« Er lächelte auf seine typische vage Art. »Aber deswegen habe ich Sie nicht aufgehalten. Ich möchte Ihnen etwas Inoffizielles mitteilen … über Alicia Asteglio.«
12
Ob Winter oder Sommer, im Garten hielt Toby sich am liebsten auf. Er liebte alles an ihm – die Laube, das Gras, die Blumen und die Bäume. Selbst wenn es sehr heiß war, gab es immer genug Schatten.
Nicht dass die Hitze Toby etwas ausgemacht hätte. Kälte, soweit er wusste, auch nicht, aber er hatte bisher noch nie richtige Kälte kennengelernt, nicht hier in Halo. Dad sagte, dass den meisten Lupi weder Hitze noch Kälte etwas ausmachte. Die Magie in Toby war noch nicht aktiv, aber sie war da, und sie hatte schon ein Muster für ihn. Schon jetzt, Jahre bevor er auf vier Beinen statt auf zweien lief, orientierte er sich an diesem Muster.
Dad begann, langsam am Zaun entlangzugehen. Es fühlte sich komisch an, mit seinem Dad in seinem Garten herumzugehen. Bald würde er nur noch zu Besuch hier sein. Dann wäre es nicht mehr wirklich sein Garten.
Dad schien das zu wissen. »Du wirst das hier vermissen.«
»Ja.«
»Macht dich das unglücklich?«
Toby blieb stehen und starrte seinen Vater an. Manchmal zog Dad die Gedanken einfach aus seinem Kopf, wie an einem Band, an dem er bloß zu ziehen brauchte. »Ich verstehe nicht, warum ich unglücklich bin. Ich will zu dir. Ich weiß, dass es gut für mich ist. Wieso werde ich dann unglücklich, wenn ich daran denke, dass ich nicht mehr hier in meinem Garten sein kann?«
Dad lächelte. »Du hast ein starkes Territorialverhalten. Das haben die meisten von uns, aber bei manchen ist es stärker entwickelt als bei anderen. Du warst der einzige Wolf hier, deswegen gehört der Garten ganz dir. Dem Wolf in dir ist es egal, dass deine Grammy für dich verantwortlich ist – in seinen Augen geht das nur den Menschen in dir an. Deshalb ist dieser Ort so etwas wie ein Clangut für dich. Das andere ist das Territorium deines Großvaters – das er zwar mit allen anderen Nokolai teilt, aber es ist seins . Egal wie gern du dort sein möchtest, du willst nicht aufgeben, was dir gehört.«
»Ja! Ja, ganz genauso ist es. Ich will auf dem Clangut sein, aber das hier … das hier gehört mir. Aber wie kommt es, dass ich so fühle, wenn mein Wolf noch schläft?«
»Das ist unerheblich, er ist trotzdem da. Außerdem sind Menschen beinahe so territorial wie Wölfe, deshalb stärken sich beide Instinkte gegenseitig, statt miteinander zu rivalisieren. Doch dein Wolf versteht vielleicht etwas anderes unter Territorium als dein Mensch.«
Sie waren am hinteren Teil des Gartens angelangt, wo Grammys Azaleen besonders dicht und üppig waren und gut dufteten. »Ich glaube nicht, dass ich auseinanderhalten kann, was der Wolf und was der Mensch ist. Ich fühle mich immer nur einfach wie ich.«
»Du bist ja einfach du. Was hast du letzte Nacht geträumt?«
»Was?« Er brauchte einen Moment, um sich zu erinnern. »Ich habe Baseball gespielt, aber unser Team hatte nicht genug Leute, und wir waren dabei zu verlieren. Das Fernsehen
Weitere Kostenlose Bücher