Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
hatte gewusst, dass er es verstehen würde. Zumindest diesen Teil. »Doch das erklärt nicht, warum du dich aus dem Haus geschlichen hast.«
»Das war eine Ermessensentscheidung.«
Lily gab einen leisen erstickten Laut von sich, sagte aber nichts, und Dad wartete einfach nur, also redete Toby schnell weiter. »Justin hat doch ein Handy und ich nicht, also habe ich mir eines von diesen Telefonen besorgt, wo man die Minuten kauft. So konnte Justin mich manchmal anrufen. Und heute Abend hat er angerufen, und da es ein Notfall war, habe ich entschieden, sofort zu ihm zu gehen. Nach eigenem Ermessen, sozusagen. Nur weiß du ja erst, ob das richtig war oder nicht, wenn sie mir erlauben, dir das Geheimnis zu verraten, oder wenn sie es dir selbst sagen. Was sie, finde ich, auch tun sollten.« Er bedachte Justin und Talia mit einem strengen Blick.
Lily schlug einen ruhigen Ton an, den er schon von ihr kannte. Der war zwar ganz anders als der von Dad, aber man musste ihr einfach zuhören, so als sei das, was sie zu sagen hatte, unheimlich wichtig. »Vielleicht könntest du uns erst einmal deine Freunde vorstellen?«
Toby wurde rot. Eine korrekte Vorstellung war wichtig, darin waren sich Lupi und Grammy einig, und jetzt hatte er sie doch glatt vergessen. »Oh ja, richtig. Dad, Lily, das sind Justin und Talia Appleton. Justin und Talia, das ist mein Vater, Rule Turner, und seine Gefährtin, Lily Yu.« Moment, durfte er überhaupt »Gefährtin« sagen?
Toby runzelte unglücklich die Stirn. Nein, durfte er nicht.
»Schön, euch kennenzulernen.« Dad sah Lily an. »Vielleicht sollten wir uns setzen und über alles reden.«
Justin und seine Schwester tauschten einen ungläubigen Blick. Sie waren nicht daran gewöhnt, dass Erwachsene reden wollten, wenn sie ungehorsam gewesen waren. Die Erwachsenen, die sie kannten, verbündeten sich meistens miteinander. Kinder durften keine Geheimnisse haben. »Okay. Kommt schon, setzen wir uns. Er hört euch zu«, sagte Toby aufmunternd zu seinen Freunden.
»Heißt das, Sie werden es nicht unseren Eltern weitersagen?«, fragte Talia.
»Das weiß ich noch nicht. Das müssen wir erst noch entscheiden.«
Also setzten sich alle im Kreis ins Gras, das kühl und feucht war und sehr gut roch. Der Mond, der jetzt beinahe direkt über ihnen stand und zu drei Viertel voll war, schien hell.
»Zuerst einmal muss ich wissen«, sagte Dad und blickte Justin an, »ob deine Eltern böse sein werden, wenn sie Toby hier finden?«
Justin zog ein Gesicht. »Sie werden sauer sein, dass wir ohne Erlaubnis aus dem Haus gegangen sind. Und dass ich ihn angerufen habe. Sie …« Er sah Toby entschuldigend an. »Sie sind supersauer, dass er ein, Sie wissen schon … ein Lupus ist. Sie hatten keine Ahnung davon, bis es in den Nachrichten war.«
Dad nickte. »Ich nehme an, wenn sie mich hier sehen, werden sie noch böser, also werde ich, falls sie kommen sollten, schnell verschwinden. Also, Talia, du hast ein Geheimnis, über das du mit deinen Eltern nicht sprechen willst.«
Sie nickte. Ihr Blick war wachsam.
»Und wegen dieses Geheimnisses habt ihr Toby heute Abend hierherbestellt.«
Wieder nickte sie.
»Toby, ist mit Talias Geheimnis irgendetwas Kriminelles verbunden oder bringt es sie oder andere in Gefahr?«
»Nichts Kriminelles! Aber … es ist gefährlich, aber nicht lebensgefährlich oder so. Es ist …« Er breitete die Arme aus. »Es geht um sie.«
Lily sagte ruhig: »Talia hat eine Gabe, nicht wahr? Eine, von der ihr annehmt, dass ihre Eltern sie nicht gutheißen werden.«
Eine Weile sagte niemand etwas. Dann stieß Talia einen tiefen Seufzer aus. »Wahrscheinlich sage ich es Ihnen besser. Sie wollen es sowieso.«
»Sie?«
»Die Geister.« Talias längliches Gesicht wirkte im Mondlicht noch blasser als sonst. Und angespannt, als wenn ihre Muskeln sich weigerten, etwas preiszugeben. »Sie lassen mich in letzter Zeit nicht in Ruhe. Sie kommen immer wieder, und die neusten …« Sie hielt inne und schluckte.
»Ich verstehe. Du bist ein Medium.« Lily sah nicht aus, als wäre sie schockiert, aber das hatte Toby auch nicht erwartet. »Das ist keine einfache Gabe. Und deine Eltern haben etwas dagegen?«
Justin mischte sich ein. »Sie wissen es nicht, und sie werden es auch nicht erfahren! Sie haben schon immer etwas gegen Magie gehabt, aber seit der Wende … dieser Reverend Barnes predigt jetzt die ganze Zeit dagegen. Er sagt, dass jeder, der mit Geistern verkehrt, mit dem Teufel im Bunde ist, aber
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