Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
tröstlichen Berührung ab, damit der dunkelhaarige Mann in dem langen weißen Gewand – ähnlich einem arabischen Thawb, nur weiter und fließender – nicht über sie stolperte.
46
Rule prüfte gerade, wie die Gitterstäbe in den Felsen eingelassen waren, als ein weiterer Besucher erschien. Er war ein stämmiger Mann mit schwarzem Haar und dramatischen weißen Strähnen an den Schläfen. Das Weiß seines langen Gewandes hob sich eindrucksvoll von seiner braun gebrannten Haut ab.
Er war ganz sicher kein Elf.
»Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen«, sagte Friar lächelnd.
Rule würdigte ihn kaum eines Blickes. »Das ist ein ganz neuer Look, Robert. Sie trauen sich modisch richtig was.«
»Ich wäre früher vorbeigekommen, aber ich musste mich für die Zeremonie vorbereiten. Es ist fast alles für mich vorbereitet.« Wieder bleckte er die Zähne zu einem Lächeln. »Wenn Sie alle ganz nah ans Gitter kommen, werden Sie zuschauen können.«
»Was für eine Zeremonie soll das denn sein?«
»Eine, mit der ich ihr geweiht werde.«
Friar klang auf einmal anders – leidenschaftlich und ernsthaft, wie ein Bräutigam, der die Hochzeitsnacht kaum erwarten kann, oder ein Dschihadist, der sich nach dem Märtyrertod sehnt. Rule hörte auf, Interesse für die Gitterstäbe vorzutäuschen, und sah seinen Feind an. » Sie hat Sie bekehrt, nicht wahr? Oder besser: Sie hat Ihren Geist verwirrt, sodass Sie gar nicht anders können, als ihr zu dienen. Sie treffen keine eigenen Entscheidungen mehr, Robert.«
Die Spitze glitt an ihm ab, konnte Friars Fanatismus nicht durchdringen. »Jeder Mensch würde sich im Angesicht solcher Reinheit ändern. Aber so etwas kennen Sie nicht, nicht wahr? Weder ihre Reinheit noch was es heißt, ein echter Mensch zu sein.« Von jetzt auf gleich war die nackte Sehnsucht verschwunden, versteckt hinter der üblichen kunstvollen Fassade des Mannes. »Sie verschwenden Ihre Zeit mit diesen Gitterstäben.«
»Oh? Sie könnten mir einfach den Schlüssel geben.«
Friar lachte auf. »Es gibt keinen Schlüssel. Die Stäbe wurden mit Magie eingelassen, nicht mit Zement. Und die Zelle lässt sich nur mit Magie öffnen. Sie sitzen gewaltig in der Falle.«
Die Worte versetzten Rule an einen Ort, wo Panik auf ihn wartete. Er gab sich selbst den Raum, um durchzuatmen, damit man es seiner Stimme nicht anhörte. »Aber am Leben. Waren Sie enttäuscht, als Sie hörten, dass Sie mich nicht töten dürfen?«
»Zuerst ja, das muss ich zugeben. Sie verdient meine ganze Hingabe. Aber ich bin nur ein Mensch und im Vergleich zu ihr beschämend kurzsichtig. Sie werden Ihr Leben behalten.« Er lächelte bösartig. »Aber Sie werden alles andere verlieren. Ihre Freiheit haben Sie schon verloren. Und Ihren Vater.«
Rule zog eine Braue hoch. »Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Meine Männer sind in der Nähe von Hole-in-the-Wall auf die Jagd gegangen. Falls er den Kampf überlebt haben sollte – Sie nennen es eine Herausforderung, glaube ich – , wenn er also nicht im Kampf getötet wurde, wird es wohl eine Kugel in den Kopf erledigt haben. Sagen Sie mir, wartet Lily auf Ihrem Clangut auf Sie?«
»Ich bin sicher, dass sie mich in ihre Pläne eingeweiht hat. Schade, dass ich mich im Moment nicht daran erinnern kann.«
»Ich hoffe, dass sie zu Besuch bei einer ihrer Schwestern oder ihren Eltern ist. Ich bezweifle es, aber ich würde es vorziehen, wenn sie noch ein wenig länger lebte. Ich war recht enttäuscht zu sehen, dass sie nicht bei Ihnen war, aber das arme Dinge ist verletzt, nicht wahr?«
Wut durchströmte Rule – kalte Wut, die wie Eis in seinen Adern war. Er sagte nichts.
Friar trat einen Schritt näher. Seine Augen funkelten vor Boshaftigkeit und Vergnügen. »Während Sie in einer anderen Zelle in einer anderen Welt liegen – ohne Zweifel unter Schmerzen, denn Sie beugen sich nicht leicht, nicht wahr? Obwohl Sie sich Ihren Stolz nicht lange leisten werden können. Nicht bei Rethna. Er besitzt reichlich Gado, und er lernt immer mehr, wie er es für seine Zwecke einsetzen kann. Er will nicht verhindern, dass Sie sich wandeln können, verstehen Sie? Er will, dass Sie sich wandeln, wenn er es befiehlt. Und kämpfen, wenn er es befiehlt – tanzen, töten, ficken – , er wird Sie vollkommen kontrollieren.« Friar hielt inne, genoss den Moment. »Was, so still? Keine Witzeleien?«
»Sie sprachen von Lily«, sagte Rule leise.
»Ja, richtig.« Friar lächelte. »So ein hübsches Ding. Wenn sie nicht auf
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