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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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sie hatte nur gesagt: »Ja, tun Sie das, Kniebusch, und geben Sie sich ein bißchen Mühe, damit ich Papa morgen etwas zu zeigen habe!«
    Da blieb nichts übrig, als »jawohl, gnädiges Fräulein« zu sagen, und kehrt marsch in die Wälder! So würde man nie richtig zu erfahren bekommen, was in dieser Nacht mit dem Feldinspektor Meier geschah! Der würde bestimmt nicht den Mund auftun, der Diener Räder würde auch dichthalten, der Leutnant war morgen schon wie weggeblasen, und das gnädige Fräulein war auch nicht für Erzählen, so gerne sie sich etwas erzählen ließ.
    Was schaute also heraus bei dieser so genau überlegten Angeberei, die so viel hatte einbringen sollen? Ein nächtlicher Pirschgang durch den Wald und der ewige Haß des kleinen Meier! Und der konnte eine richtige Giftkröte sein, wenn er wütend war!!!
    Der Förster Kniebusch bleibt leise seufzend stehen, er trocknet sich die Stirne – es ist heiß, sehr heiß! Aber es istnicht die schwüle, regendampfende Hitze der stehenden Luft hier im Walde, die ihm so warm macht, es ist der Ärger hier über sich selbst, der ihn erhitzt. Zum tausendsten, zum zehntausendsten Male in seinem Leben nimmt er sich fest vor, nichts mehr zu sehen und zu hören, was ihn nichts angeht, nichts mehr zu reden von dem, was er doch etwa erfährt. Nur noch seinen Weg für sich zu gehen, die paar Jahre, die er noch das Leben hat, nicht mehr klug und weise und schlau und vorausberechnend zu sein – nichts mehr!
    Wie um einen Punkt unter diesen unverrückbaren Entschluß zu setzen, wie das Amen in der Kirche, hallt plötzlich ein Schuß durch den Wald!
    Der Förster fährt zusammen, er steht da und horcht, ohne den Fuß zu rühren. Es war ein Büchsenschuß: der Knall war scharf wie ein Peitschenknall. Und es war der Büchsenschuß eines Wilddiebes – denn wer sonst soll um diese Zeit noch im Walde unterwegs sein –?
    Dies beides ist sicher, aber nicht ganz so sicher kann der Förster die Richtung bestimmen, aus der der Schuß kam. Die hohe Waldwand rings um die Schonung wirft den Schall hierher und dorthin, sie spielt Ball mit ihm. Doch möchte der Förster fast schwören darauf, daß der Schall von dort kam, wohin der Förster unterwegs ist: vom Serradellaschlag des Schulzen Haase! Wo der Sechser sich äste! Ein anderer hatte auf den Bock des gnädigen Fräuleins geschossen!!
    Der Förster steht noch immer auf dem gleichen Fleck, auf dem er stand, als der Schuß fiel. Er hat es nicht eilig, innen ist er ganz stahlhart vor Entschlossenheit. Er ist ein Mann, er tut genau das, was er will – sonst nichts! Langsam hängt er den Drilling über die Schulter, langsam zieht er die halblange Pfeife aus der Tasche. Er stopft sie und läßt – nach einem kurzen Zögern – das Streichholz aufflammen. Er zieht kräftig, drückt dann das Streichholz zwischen den Kuppen von Daumen und Zeigefinger aus, klappt, den Tabak noch einmal vorsichtig andrückend, den Nickeldeckel der Pfeife zu und setzt sich in Marsch. Zielbewußt, stahlhart vor Entschlossenheit,entfernt er sich Schritt für Schritt von dem Punkt, auf dem der Schuß gefallen ist! Was dich nicht brennt, das blase nicht. Punktum. Amen.
    Nun ist es doch aber so, daß manche Menschen geradezu von Neuigkeiten verfolgt werden, sie mögen wollen oder nicht, während andere durchs Leben wandern und von nichts was hören. Sie bekommen das Brot immer erst, wenn es altbacken ist. Genau besehen, hatte der Förster schon am Nachmittag nicht das geringste dazu getan, Wissenschaft vom Brief des gnädigen Fräuleins zu bekommen. Im Gegenteil, er hatte das Meiersche Geschwätz mit Abscheu zurückgewiesen, er hatte von dieser ekelhaften Prahlerei nichts hören wollen – und schon erfuhr er alles über den Brief!
    Der Förster, der sich so gemütlich schmauchend vom Wilddieb entfernt, der alte Kniebusch, der, über seine eigene Schlauheit grinsend, recht geruhig die ungefährlicheren Partien des Waldes so langsam zu begehen entschlossen ist, bis er völlig glaubhaft versichern kann, alle Mühe und aller geduldige Ansitz seien umsonst gewesen, es war kein Bock zu schießen – dieser alte Angstmeier Kniebusch war verurteilt, doch seinen Bock zu schießen – und nun gar ohne Büchse!
    Die Neuigkeit, von der er sich so eifrig fortpirschte, kam leise und eilig den Hohlweg zwischen den hohen Tannen, den kein Mondstrahl erhellen konnte, hinuntergeradelt. Der Förster ging schmauchend den Hohlweg hinauf.
    Der Anprall war heftig. Aber während für

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