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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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ein Weilchen, ich brauch mich ja nicht mehr hinzulegen. Was denkst du, wie frisch ich bin, wenn ich mich morgens von oben bis unten kalt abwasche –?«
    »Na ja«, sagt er mürrisch, »wenn du man bloß frisch bist, das ist die Hauptsache. Gehst du nun also oder gehst du nicht?«
    »Doch, ich geh jetzt. Es kann aber ein Weilchen dauern, erst muß ich das Fräulein wegkriegen. – Und, nicht wahr, Hänseken, du eilst dich ein bißchen? Ich weiß ja nicht, wann der Leutnant zurückkommt.«
    »Ach der!« sagt Negermeier verächtlich. »Der soll bloß nicht so angeben! Was denkst du denn, wie lange so ’ne Versammlung dauert? Mindestens zwei, drei Stunden! So schnell lassen sich die Bauern nicht rumschwatzen!«
    »Also mach schnell, Hänseken!« mahnt sie ihn noch einmal. »Ich bin auch ganz rasch wieder da! – Kuß, Hänseken!«
    »Hau bloß ab«, sagt er ärgerlich. »Du denkst nur an deine Knutscherei, und bei mir geht es auf Leben und Tod! Aber so seid ihr Weiber! Immer bloß eure sogenannte Liebe im Kopf – ja, Scheibe.«
    »Ach, du Schafskopf«, sagt sie und reißt ihn bei den Haaren, diesmal aber zärtlich. »Ich bin ja bloß froh, daß du hier wegkommst! Endlich kann man wieder ordentlich arbeiten. Es ist schon verrückt, aber wenn es einem so in den Knochen sitzt und man muß ewig gucken und denken … Was bist du denn schon –? Gar nischt bist du – denkst du, ich weiß das nicht? Aber darum wird es doch nicht anders, wenn man das auch weiß. Ein reines Affentheater ist das Leben, und du bist bestimmt der größte Affe von allen …«
    Und damit drückt sie ihm einen Kuß auf, er mag wollen oder nicht, und geht aus der Stube, fast munter, fast vergnügt.

2
    Der Feldinspektor Meier wartete nicht lange, ob Amanda das gnädige Fräulein nun wirklich von ihrem Wachtposten weggelotst hatte. Er warf nur einen flüchtigen Blick aus dem Fenster in den Mondschein draußen und schaltete, als er niemanden sah, das Licht ein. Wie alle phantasielosen Menschen konnte er sich keine Vorstellung von der ihm drohenden Gefahr machen. Es war ja noch immer alles soweit ganz gut gegangen in seinem Leben, mit Dickfelligkeit kam man weit, und so würde es ja auch dieses Mal wieder gut gehen.
    Eigentlich war es gar keine so üble Aussicht, jetzt erst einmal eine Weile den Rentier zu spielen – und für die Zukunft hatte er plötzlich sogar seine Pläne! Wofür so ein Leutnant alles gut ist! Er hatte heute nacht, ehe er hier abtrümmerte, noch einiges zu erledigen, eigentlich mußte er wirklich fix machen. Aber das geht auch wieder nicht so recht, einmal ist sein Kopf noch dumm und dösig, und dann macht das Anziehen der stadtfeinen Kluft mit Oberhemd, Kragen und Schlips ziemliche Schwierigkeiten. Meier stellt fest, daß er einen Tatterich hat. »Muß vom Äther sein«, entscheidet er. »Vom Saufen hab ich doch noch nie ’nen Tatterich gekriegt. Dreckzeug!«
    Seufzend macht er sich an das Einpacken. Es ist schon soeine Aufgabe, aus einem verwüsteten, unaufgeräumten Zimmer seine sieben Zwetschen herauszusuchen und die, dreckig und zerknüllt, wie sie sind, in zwei Koffer zu pressen. Reingegangen sind sie mal, angeschafft hat er sich hier in Neulohe nichts, also müssen sie auch wieder reingehen! Mit Pressen, Drücken und Würgen schafft er es schließlich – aufatmend sperrt er die Koffer ab und verschnürt die Riemen – seine nächste, die das Zeug aufzuplätten und zu waschen kriegt, hat nichts zu lachen!
    (Wieviel Geld ihm Mandchen wohl mitbringt? Tüchtiges Mädchen, das Mandchen, bißchen viel Angabe, aber sonst ganz nett! Na, laß, viel Geld wird sie schon nicht bringen, viel Geld fährt man auf ’nem Wagen – aber als Zuschuß kann man’s brauchen.)
    Wüst fluchend entdeckt der kleine Meier, daß er in Socken im Zimmer steht – und die Schuhe sind im Koffer! Verfluchter Dreck! Er ist es so gewohnt, ganz zum Schluß seiner Anzieherei in die Langschäfter zu fahren, daß er nicht an die Schuhe gedacht hat. Natürlich zieht er zu der Stadtkluft die spitzen Halbschuhe, die rötlichen Tangoschuhe an. In welchem Koffer aber sind sie? Einen Augenblick kommen ihn leise Bedenken an, als ihn aus dem geöffneten ersten Koffer seine Langschäfter ansehen – immerhin ist der Weg nach Grünow mit zwei Koffern in den Flossen ziemlich weit, und die Tangoschuhe sind ziemlich eng. Aber der Gedanke, was er vor den Mädchen in Grünow für eine Figur machen würde, in Stadtanzug und Langschäftern, entscheidet: es müssen die

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